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059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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vergiftet zu haben. Acht weitere starben durch eine Seuche, die sie mit ihren Hexenkünsten heraufbeschworen hatte. Die andere Hexe, die wie von Sinnen schrie, war von ihrem Mann angezeigt worden, der beobachtet hatte, daß sie nachts ausgefahren und mit teuflischem Geheul zum Blocksberg geflogen war, um beim Hexensabbat Unzucht zu treiben.
    Es verging viel Zeit, ehe der Henker die Holzscheite anzünden konnte. Als die Flammen über den beiden Hexen zusammenschlugen, verstummten sie endlich. Der Henker stach jeder mit einer Lanze ins Herz. Es rann kein Blut aus ihren Wunden. Der Großinquisitor Jakob Sprenger forderte, daß das Feuer so lange brennen mußte, bis von den beiden Hexen nichts weiter als Asche übrig war.
    Solange wartete ich aber nicht. Ich wollte zum Dominikanerkloster, das auf einer Insel im Bodensee lag, und bei einem der beiden Inquisitoren um eine Audienz bitten. Aber ich erlebte eine Enttäuschung. Ich wurde nicht einmal in das Kloster hineingelassen, durfte aber einen Brief hinterlassen, den ich schon auf meinem Schloß verfaßt hatte und der an die beiden Dominikaner Jakob Sprenger und Heinrich Institoris adressiert war. Man versprach mir, daß ich bald Bescheid erhalten würde und vermerkte auf dem Briefumschlag, daß ich im Gasthof Zum heiligen khindlein abgestiegen war.
    Es dauerte volle sieben Tage, bis ich von den beiden Dominikanern hörte, aber in der Zwischenzeit war ich nicht müßig.
     

     

Als ich die Frau des Wirtes in ihrem Zimmer aufsuchte, stellte ich an ihrem Hals zwei kleine Male fest, die leicht von Vampirzähnen herrühren konnten. Ich sprach meinen Verdacht jedoch nicht aus, sondern beschloß, die Wirtin zu beobachten.
    Meinem Diener Eustache trug ich auf, sich umzuhören und alle Erzählungen über mysteriöse Vorgänge aufzuschreiben, sich auch alle Namen verdächtiger Personen zu notieren. Für jeden Namen versprach ich ihm eine Prämie, um seinen Eifer anzuspornen. Auch steckte ich ihm noch ein fürstliches Taschengeld zu, damit er nicht zu knausern brauchte und die Leute freihalten und ihre Zungen mit Alkohol lockern konnte.
    An diesem Abend, es war der 25. Januar, machte mir der Wirt ein Geständnis. Er druckste lange herum, bevor er mit der Sprache herausrückte und mit größtem Bedauern bekannte, daß meine beiden Rösser allem Anschein nach erkrankt seinen, daß sein Knecht schuld sein sollte, davon wollte er nichts hören. Equinus, so hieß der verwachsene Knecht, behauptete der Wirt, sei der beste Pferdekenner diesseits des Bodensees, und er hätte schon heute morgen, als er ungebeten in die Gaststube kam, den Verdacht geäußert, daß mit meinen beiden Rössern irgend etwas nicht stimmen würde.
    Als er mich zum Stall hinausführte, sagte ich: „Ich habe die Witwe Mengerdorf heute beim Abendbrot vermißt.“
    „Ich habe selbst keine Ahnung, warum sie nicht gekommen ist, Euer Gnaden. Sonst erschien sie immer pünktlich oder sie hat mich vorher davon in Kenntnis gesetzt, wenn sie fernzubleiben beabsichtigte. Aber warum meßt Ihr ihrer Abwesenheit solche Bedeutung bei, Herr Baron?“
    Ich blieb ihm die Antwort schuldig.
    Im Stall brannte nur eine schwache Laterne, die der Knecht Equinus hielt. In ihrem Schein konnte ich sein Gesicht genauer betrachten. Ich hatte in meinem Leben noch keine abscheulichere Fratze gesehen. Der Kopf war groß, die Haare standen in schmutzigen Büscheln davon ab. Er hatte eine breite, knollige Nase, deren Rücken zwei Höcker aufwies, und während das eine Auge sich in richtiger Höhe befand, hing das andere tief herunter bis zu den Nasenflügeln und war halb geschlossen und von der Kretze verklebt. Auch sein Mund war schief. Der eine Mundwinkel berührte fast den Tränensack des heruntergezogenen Auges, die wulstige Unterlippe stand weit ab, und Speichel troff herab, den Equinus entweder durch die schwarzen Zähne in den Mund einsog, mit dem Handrücken abwischte oder einfach triefen ließ.
    Als er mich sah, zog er den Kopf noch tiefer zwischen die Schultern und sagte irgend etwas, was ich aber nicht verstehen konnte. Ich merkte, daß aus seinem gesunden Auge Tränen rannen, die er sich verstohlen wegwischte.
    Den beiden Rössern schien es tatsächlich nicht gutzugehen. Sie lagen mit zitternden Flanken im
    Heu, ihr Fell war schweißnaß.
    Wieder sagte Equinus etwas mit unartikulierter Stimme, und ich herrschte ihn an: „Sprich gefälligst deutlicher, wenn du das Wort an mich richtest!“
    „Sehr wohl, Euer Gnaden“, krächzte

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