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059 - Der Preller

059 - Der Preller

Titel: 059 - Der Preller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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erwähnte der Preller gesprächsweise, daß er seinen Onkel erwarte und, falls er bei dessen Vorsprechen nicht im Haus weilen sollte, der Pförtner diesen Onkel nach dem Middlesex Krankenhaus senden möge, wo er, Anthony, als Praktikant tätig sei. Der Erfolg dieser Mitteilung war der erwartete. Der Pförtner nahm sich gleich vor, die Dienste dieser jungen Mediziner so bald wie möglich gratis in Anspruch zu nehmen, und versprach, dem Onkel des sympathischen jungen Herrn den Auftrag genau auszurichten.
    In ihrer Junggesellenhöhle angekommen, wandte sich Anthony an seinen Sekretär:
    »Ich halte es für sehr ratsam, Paul, wenn wir uns zwei oder drei Monate so ruhig wie möglich verhalten. Wenigstens aber bis zu dem Zeitpunkt, wo der Maharadscha von Tikiligi in London eintrifft.«
    »Woher weißt du nun das schon wieder?« verwunderte sich Paul, der von der bevorstehenden Ankunft dieses reichen Inderfürsten gleichfalls in der Zeitung gelesen hatte.
    »Ich erinnere mich im Augenblick nicht, wer es mir gesagt hat, oder wo ich es gelesen habe«, erwiderte Anthony. Dann wandte er sich einem anderen Thema zu.
    Ihre Wohnung lag im zweiten Stock eines Hauses, das einem Zivilingenieur der indischen Regierung gehörte und von einem Verwalter betreut wurde. Anthony legte sich zeitig schlafen. Er wachte plötzlich auf und blickte sich verwundert in seinem Schlafzimmer um. War das nicht ein Schrei gewesen? Er stand auf und blickte auf den zu Pauls Zimmer führenden Gang hinaus. Als er die Tür öffnete, erblickte er seinen Gehilfen, der gerade im Begriff war, ihn aufzusuchen.
    »Hast du den Schrei gehört, Anthony? Da oben scheint die Hölle los zu sein.« Er wies nach dem dritten Stockwerk.
    »Ja, auch mich hat der Radau aus süßen Träumen erweckt. Da oben scheint die schönste Prügelei im Gang zu sein.«
    Durch die dünne Decke drang aufgeregtes Murmeln. Nicht länger imstande, seine Neugierde zu zähmen, holte sich der Preller seinen kleinen elektrischen Abhörapparat hervor, der ihm, für gleiche Zwecke, schon häufig gute Dienste geleistet hatte.
    Angestrengt lauschte er. Plötzlich fing er an zu sprechen.
    »Zieh dich an und mach, daß du schnellstens hinauskommst!«
    Paul starrte ihn verwundert an. Erst als Anthony den Zeigefinger vielsagend an die Lippen legte, verstand er, daß sein Freund die Auseinandersetzung im dritten Stock wiederholte.
    »Wo soll ich um diese Nachtstunde hingehen?« fuhr der Preller fort. »Das war eine Frauenstimme, Paul.«
    »Zieh dich an!!«
    Plötzlich richtete sich Anthony auf, und in seinen Augen tauchte ein merkwürdiger Blick auf.
    »Er hat sie geschlagen!« rief er Paul zu und starrte ihn an.
    Nun begann auch Paul unruhig zu werden.
    »In Auseinandersetzungen zwischen Mann und Frau dürfen wir uns wohl kaum einmischen, Anthony«, meinte er.
    Wieder ein Schrei; durchdringender noch als der vorhergehende, der die beiden Freunde aus dem Schlaf geschreckt hatte. Ein schwerer Fall folgte.
    »Ob Mann und Frau oder nicht«, erklärte nun der Preller, »ich werde mal nachsehen, was da eigentlich los ist. Man wird dem brutalen Herrn begreiflich machen müssen, daß man Damen nicht schlagen darf.«
    Er zog sich den Mantel an, fuhr in seine Hausschuhe und begann langsam die Treppe hinaufzusteigen, die elektrische Taschenlampe in der Hand. Im dritten Stock machte ihn ein unterdrücktes Schluchzen auf eine gegen die Wand gelehnte Frauengestalt aufmerksam. Die Ausgesperrte trug nur Nachthemd und Überwurf und blickte Anthony erschreckt an.
    »Kann ich Ihnen irgendwie zu Diensten sein?« fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. Er wollte die neben der Korridortür angebrachte Klingel in Bewegung setzen, als die Frau ihm in den Arm fiel.
    »Bitte, lassen Sie das«, bat sie. »Es hat ja doch keinen Zweck, denn er kommt nicht heraus.«
    »Aber ich kann Sie doch nicht die ganze Nacht hier stehenlassen«, meinte Anthony zögernd. »Kommen Sie wenigstens mit hinunter in unsere Wohnung.«
    Sie warf noch einen zweifelnden Blick auf die verschlossene Tür. Dann sagte sie: »Ja, es wird vielleicht besser sein, ich folge Ihrer gütigen Einladung. Es bleibt mir ja nichts anderes übrig. Ich weiß, er macht heute nicht mehr auf, denn er hat mich vor drei Wochen ebenso wie heute die ganze Nacht vor der Tür stehenlassen.«
    »Ist dieser liebenswürdige Herr Ihr Gatte?« fragte Anthony.
    Die Frau zögerte mit der Antwort. Endlich sagte sie trotzig:
    »Ja.«
    Anthony forschte nicht weiter, denn der Ton, in dem dieses

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