0594 - Maniac und Marylin
wissen, Joan«, sagte ich. »An was erinnern Sie sich?«
»War Marylin hier?« fragte Morton.
»Ja, ich glaube.«
»Wieso?« Morton schüttelte unwillig den Kopf. »So etwas müssen Sie doch gemerkt haben.«
»Schon, Mr. Morton. Die Tür ging auf, ich spürte es am Luftzug und roch auch Marylins Parfüm. Dann zischte etwas, ich wurde am Hals getroffen und merkte nichts mehr.«
Morton riß den Hörer an sich. Er wählte die Nummer des Portiers und fragte nach Marylin. Als er auflegte, konnte er nur nicken. »Ja, verdammt, sie war hier. Sie hat ja freien Zutritt, weil sie bekannt ist. Ach du Scheiße.«
»Danach scheinen wir mit unserer Theorie nicht so daneben zu liegen«, sagte Suko.
Morton schlug die Hände zusammen. »Hören Sie, ich habe die Botschaft auch gelesen. Was soll das bedeuten?«
»Das war eine Drohung.«
»Klar, weiß ich auch. Gegen wen?«
»Möglicherweise gegen Sie?«
Morton ging einen Schritt zurück. »Wieso? Was habe ich denn getan, verdammt?«
»Keine Ahnung, Mr. Morton, aber dieser Maniac scheint allmählich durchzudrehen.«
»Ja«, keuchte er, »das Gefühl habe ich auch. Ich werde Floyd Harris anrufen. Er muß ihn stoppen, der ist ihm außer Kontrolle geraten, denke ich mir.«
»Es kann auch sein, daß er sich nicht mehr unter seiner Kontrolle befindet.«
Roger Morton wollte protestieren, ließ es bleiben und drehte sich um. Er ging zurück in sein Büro. Mit einer Flasche Whisky und mehreren Gläsern kam er wieder. »Jetzt muß ich erst mal einen Schluck haben, Sie auch?«
Wir winkten ab. »Nicht bei diesem Wetter.«
Joan konnte einen Schluck vertragen. Sie kippte das Zeug ebenso wie ihr Chef. Beide starrten in die leeren Gläser. Wir wollten nicht länger herumstehen. »Mr. Morton«, sagte ich. »Sie erzählten uns vorhin, daß der Truck die Kulissen zu einer Lagerhalle bringen wollte. Wo finden wir sie?«
»Am Hafen.«
»Genau, bitte.«
»Meinen Sie denn, daß der Maniac sich dort versteckt hält?«
»Das ist eine Möglichkeit. Außerdem sollten wir die Drohung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich will von Ihnen wissen, wer alles am Entstehen des Films beteiligt war. Alle Namen, zumindest die wichtigsten, wie die der Schauspieler und des Stabs.«
»Wann wollen Sie die Liste…?«
»Jetzt.«
Morton warf einen Blick auf Joan und sah ein, daß sie nicht in der Lage war, den Auftrag zu erfüllen. »Okay, dann mache ich es eben selbst, verflucht!«
Suko blickte mich skeptisch an. »Sollen wir wirklich solange warten oder schon losfahren?«
Ich ging zu Morton. »Wie lange kann es dauern?«
»Eine halbe Stunde.«
»Die Zeit können wir uns nicht nehmen.«
Er schaute aus seiner gebückten Haltung hoch. »Wieso denn nicht?«
»Ganz einfach, Mr. Morton, weil wir einen Maniac jagen und uns das Lagerhaus ansehen wollen.«
»Meinetwegen.«
»Ich rufe Sie wegen der Liste an, Mr. Morton. Und noch eins. Unternehmen Sie nichts auf eigene Faust, so etwas könnte ins Auge gehen.«
Suko sprach mit der langbeinigen Brünette, der es mittlerweile wieder besser ging. Sie fühlte sich auch in der Lage, Ihrem Chef behilflich zu sein.
Zwischen Sukos Daumen und Zeigefinger schaute etwas hervor.
»Da, John, das ist sie, die Nadel, die ich gefunden habe. Sie hat getroffen und ist dann abgeprallt.«
»Das muß Gift gewesen sein«, flüsterte Joan. »Bestimmt Gift.« Sie schlug sich gegen die Stirn. »Himmel, in welch einer schrecklichen Welt leben wir eigentlich?«
Suko mußte lachen. »Daß Sie so etwas gerade sagen müssen, wo Sie in einer Firma arbeiten, die aus den Schlechtigkeiten noch Kapital schlägt.«
»Aber das ist doch Film.«
»Stimmt. Nur ist die Wirklichkeit manchmal schlimmer. Viel schlimmer sogar.«
Suko verließ das Büro. Ich hatte auf dem Gang gewartet. »Marylin und Maniac«, sagte ich leise. »Ich möchte die beiden doch zu gern kennenlernen.«
»Frag mich mal, Alter…«
***
Die erste Kurve war immer die widerlichste!
Sie schloß sich nahtlos an die Gerade an, sah so harmlos aus, begann weit gezogen, wurde dann enger, um in einem sehr gefährlichen Winkel zu enden, wo schon zahlreiche Fahrer ihr Können und ihr Tempo überschätzt hatten.
Da waren die Karts umgekippt oder in die Heuballen gejagt. Wer diese Strecke zum erstenmal fuhr, einen Unfall erlitt, war später vorsichtiger. Dabei dauerte es noch immer sehr lange, bis die Fahrer die Ideallinie gefunden hatten, um die Kurve richtig und auch bei ziemlich hohem Tempo zu nehmen.
Floyd Harris
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