0594 - Maniac und Marylin
manche anderen. Sie sollten nicht zu arrogant sein, Mr. Morton.«
Er achtete nicht auf Sukos Einwand und legte eine Hand auf den Hörer des weißen Telefons. »Soll ich Marylin anrufen?«
Wir hatten nichts dagegen.
Eine Minute später fluchte Morton, weil er keine Verbindung bekommen hatte. »Das hätte ich mir denken können, die ist nicht zu Hause. Ich versuche es bei Willy Style.«
»Wer ist das?«
»Ihr Agent.«
Dort bekam er Anschluß. Allerdings konnte er nicht mit Style sprechen, nur mit seiner Vorzimmerkraft. Style selbst war verschwunden oder noch nicht ins Büro gekommen. »Da haben wir eben Pech gehabt«, sagte er und runzelte die Stirn.
»Wirklich Pech?« fragte ich.
Er starrte mich an. »Wieso? Sehen Sie Zusammenhänge?«
»Das könnte möglich sein. Wir wissen nur, daß hier ein Verbrechen geschehen ist und daß als Täter höchstwahrscheinlich ein Monstrum in Frage kommt, das es eigentlich nicht geben darf, welches aber trotzdem existiert. Wir müssen Ihren Maniac finden. Er hat sich selbständig gemacht, er irrt durch London oder versteckt sich irgendwo.«
Morton glaubte uns nicht. »Gesetzt den Fall«, flüsterte er, »Sie haben recht. Wo könnte er sich dann verborgen halten?«
»Im Film war Marylin die Bezugsperson.«
Morton lachte. »Meinen Sie wirklich, er sitzt in ihrer Wohnung und hält Händchen?«
»Das meine ich.«
»So einen Unsinn habe ich noch nie gehört. Ich hatte bisher keine hohe Meinung von unserer Polizei, aber jetzt ist sie noch etwas tiefer gesunken.«
»Das bleibt Ihnen überlassen, wie Sie über uns denken, Mr. Morton. Wir müssen einen Mörder finden.«
Er winkte ab. »Ja, suchen Sie, bis Sie schwarz werden, aber nicht bei mir.«
Wir erhoben uns gleichzeitig. »Es kann trotzdem sein, daß wir uns noch einmal begegnen«, sagte ich zum Abschied. »Ich hoffe, daß es uns dann allen so gut ergeht wie jetzt.«
»Ja, ja, schon gut.« Er winkte ab.
Im Prinzip konnte ich ihm nicht einmal einen Vorwurf machen.
Wenn mir jemand so etwas erzählt hätte, dann hätte ich ihn auch nur groß angestarrt. Mir gefiel nur seine arrogante Art nicht.
Er wollte uns rasch loswerden, überholte uns, öffnete die Tür und hielt sie auf. »Wissen Sie, so rasch möchte ich Sie nicht wiedersehen. Ich muß Filme machen, kann mir keine Flops erlauben und stehe unter einem dementsprechenden Druck.«
»Unter dem leiden wir alle.«
»Sie als Beamte?«
Ich blieb vor ihm stehen. »Es gibt auch andere und nicht nur die Sesselfurzer.«
Morton lachte. »Stark – endlich mal einer mit Humor. Nicht wahr, Joan, hast du das gehört?«
Joan gab keine Antwort. Das konnte sie auch nicht, denn sie lag regungslos auf dem Boden. Wir sahen von ihr nur die beiden Füße, die hinter ihrem Schreibtisch hervorragten…
***
Roger Morton war nicht so flink. Wir begriffen schneller und eilten durch das Sekretariat. Zugleich blieben Suko und ich neben der jungen Frau stehen.
Wir erwarteten den ähnlich schlimmen Anblick wie bei dem Trucker, der blieb uns zum Glück erspart. Joan lebte, sie war nur bewußtlos geworden.
Morton kam schnaufend näher. »Umgekippt«, sagte er. »Verdammt, die ist einfach umgekippt. Dabei ist die Bude hier klimatisiert. Da soll man aus den Weibern noch schlau werden.«
Er wollte sie in die Höhe heben, ich aber winkte ab, denn ich hatte etwas entdeckt, das aus ihrer rechten Faust hervorschaute. Ein Fetzen Papier.
Vielleicht eine Nachricht? Ich zupfte ihn vorsichtig zwischen den Fingern hervor und glättete ihn.
»Ja, es war eine Botschaft«, die ich halblaut vorlas. »Wir holen euch der Reihe nach…«
Morton stierte uns an, schüttelte den Kopf und flüsterte: »Lassen Sie mal sehen.«
Ich gab ihm den Zettel. Er las, nickte, fluchte leise und nickte wieder, während sich Suko um die Frau kümmerte. Er hatte Wasser geholt. In ihrer Handtasche fand er noch ein starkes Parfüm.
»Ist was, Mr. Morton?«
Der Produzent starrte mich an. »Und ob etwas ist«, erklärte er.
»Sogar eine ganze Menge. Ich glaube, ich kenne die Schrift. Die ist noch ziemlich kindlich, aber unverwechselbar.«
»Wer, Mr. Morton?«
»Marylin. Ja, Marylin hat die Nachricht geschrieben. Sie muß hier gewesen sein.«
»Das werden wir von Joan erfahren«, sagte Suko. Die Frau öffnete die Augen. Ihre Brille hatte sie verloren, Suko reichte sie ihr, sie setzte sie auf und bekam einen starr-staunenden Blick, als sie uns entdeckte.
»Was… was ist geschehen?« hauchte sie.
»Das wollen wir von Ihnen
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