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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Glennaven, der Bischof von Bradford, der seinen Körper auf einer vierten Maschine, die aus beweglichen Treppen und Rollstangen bestand, folterte.
    »Euer Hochwürden«, sagte der Sekretär, stellte St. James und Deborah vor, machte hackenknallend auf dem Absatz kehrt und ließ sich auf einem harten geradlehnigen Stuhl am Fuß der Treppe nieder. Er faltete seine Hände über dem Terminkalender - der jetzt an angemessener Stelle aufgeschlagen war -, nahm seine Armbanduhr vom Handgelenk, legte sie auf sein Knie und stellte seine schmalen Füße flach auf den Boden.
    Glennaven nickte ihnen kurz zu und wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß von der glänzenden Glatze. Er trug eine graue Trainingshose und dazu ein ausgewaschenes schwarzes T-Shirt, auf dem über dem Datum 4. Mai die Worte Tenth UNICEF Jog-A-Thon standen.
    »Um diese Zeit macht der Bischof täglich sein Fitneßtraining«, verkündete der Sekretär überflüssigerweise. »Er hat in einer Stunde bereits den nächsten Termin und muß vorher noch duschen. Seien Sie so gut und denken Sie daran.«
    Abgesehen von dem Stuhl, auf dem der Sekretär Platz genommen hatte, gab es keine Sitzgelegenheit in dem kleinen Raum. St. James fragte sich, wie viele andere unerwartete oder unerwünschte Gäste genötigt wurden, ihre Besuche beim Bischof kurz zu halten, indem man sie zwang, sie im Stehen zu absolvieren.
    »Das Herz«, sagte Glennaven und klopfte sich auf die Brust, bevor er einen Knopf an der Treppenmaschine einstellte. Er verzog keuchend das Gesicht beim Sprechen, offensichtlich kein Fitneßfreak, sondern ein Mann, der keine andere Wahl hatte. »Eine Viertelstunde muß ich noch weitermachen. Tut mir leid. Ich kann jetzt nicht aufhören, sonst bringt es nichts. Sagt jedenfalls der Kardiologe. Manchmal hab ich den Verdacht, die Sadisten, die diese infernalischen Maschinen herstellen, beteiligen ihn am Gewinn.«
    Er arbeitete schwitzend weiter. »Der Deacon sagte mir...«, sein Kopf deutete erklärend zum Sekretär... »Scotland Yard möchte Auskünfte von mir, und natürlich, wie das heute so üblich ist, wenn möglich sofort.«
    »Das ist richtig«, bestätigte St. James.
    »Ich wüßte nicht, wie ich Ihnen da helfen soll. Dominic hier...«, wieder wies er mit dem Kopf auf den Sekretär... »kann Ihnen wahrscheinlich mehr sagen. Er war bei der Leichenschau.«
    »In Ihrem Auftrag, wenn ich recht unterrichtet bin.«
    Der Bischof nickte. Er grunzte vor Anstrengung bei seinen Übungen, und die Adern an seiner Stirn und seinen Armen schwollen an.
    »Entspricht es Ihren Geschäftsgepflogenheiten, jemanden zu einer Leichenschau abzuordnen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es ist noch nie passiert, daß einer meiner Geistlichen vergiftet wurde. Es gibt da keine Gepflogenheiten.«
    »Würden Sie es wieder tun, wenn ein anderer Geistlicher unter fragwürdigen Umständen ums Leben käme?«
    »Das käme auf den Geistlichen an. Wenn er wie Sage wäre, ja.«
    Daß Glennaven selbst das Thema ansprach, erleichterte St. James seine Aufgabe. Seiner Sache schon sicherer als zu Anfang, ließ er sich auf der Bank des Bodybuildingapparats nieder. Deborah wählte das Übungsfahrrad. Der Sekretär quittierte dies mit einem mißbilligenden Blick zum Bischof. Alles so gut geplant und alles schiefgegangen, sagte seine Miene. Er tippte auf seine Uhr, als wollte er sich vergewissern, daß sie noch funktionierte.
    »Sie meinen, wenn es sich um einen Mann handelt, bei dem man mit großer Wahrscheinlichkeit vermuten kann, daß er absichtlich vergiftet wurde«, sagte St. James.
    »Wir brauchen Priester, die sich ihrem Amt mit Hingabe widmen«, erklärte der Bischof, dazwischen immer wieder grunzend, »besonders in Gemeinden, in denen der weltliche Lohn minimal ist. Aber religiöser Eifer hat auch seine negativen Seiten. Die Leute nehmen daran Anstoß. Der religiöse Eiferer hält den Menschen den Spiegel vor und verlangt von ihnen, sich selbst ins Gesicht zu sehen.«
    »Und Sage war ein religiöser Eiferer?«
    »In mancher Leute Augen, ja.«
    »In Ihren Augen?«
    »Ja. Aber es hat mich nicht gestört. Meine Toleranzschwelle bei religiösem Aktivismus ist ziemlich hoch. Er war ein anständiger Kerl. Er hatte einen klaren Verstand. Er setzte ihn ein. Aber natürlich schafft Eifer Probleme. Darum habe ich Dominic zur Leichenschau geschickt.«
    »Soviel ich weiß, waren Sie mit dem, was Ihnen zu Ohren kam, zufrieden«, sagte St. James zu dem Sekretär.
    »Nichts, was bei der Leichenschau zur Sprache

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