06 - Der Schattenkrieg
junge Mann, ging ans Fenster und sah den Nachbarn hinter seinem Mäher liegen und auf jemanden schießen. Erik wurde klar, daß jemand versuchte, den Polizeibeamten umzulegen, und daß er selbst ein Gewehr und Munition griffbereit hatte.
Während draußen weiter die Schüsse peitschten, schnappte er sich das Gewehr und eine Handvoll Patronen und rannte hinaus auf die Veranda. Dort lud er mit schweißnassen, zitternden Fingern vierzehn Patronen in das Gewehr und spannte es.
Da sich ihm zu seiner Überraschung kein Ziel bot, lief er über den Gehsteig auf die Straße und ging hinter der Motorhaube des Pickups seines Vaters in Stellung. Von hier aus konnte er zwei Männer sehen, die aus der Hüfte Maschinenpistolen abfeuerten. Sergeant Braden verschoß gerade seine letzte Kugel, die ebenso danebenging wie die ersten vier. Der Polizist wollte sich in seinem Haus in Sicherheit bringen, stolperte aber über die eigenen Füße und hatte Mühe beim Aufstehen. Die beiden Männer gingen auf Braden zu und schoben neue Magazine in ihre Waffen. Erik Sandersons Hände zitterten, als er das Gewehr anlegte. Es hatte ein altmodisches Stahlvisier, und er mußte sich erst ins Gedächtnis rufen, wie man Kimme und Korn ausrichtete.
Nun aber stellte er zu seinem Entsetzen fest, daß er zu spät kam. Die beiden Männer gaben aus nächster Nähe lange Feuerstöße auf den Liegenden ab. In diesem Augenblick brannte bei Erik eine Sicherung durch. Er zielte auf den Kopf eines Schützen und drückte ab.
Wie die meisten jungen und unerfahrenen Schützen hob er sofort den Kopf, um nachzusehen, ob er getroffen hatte. Nichts daneben. Dabei hatte die Entfernung nur dreißig Meter betragen. Verdutzt legte er noch einmal an und drückte ab aber es passierte nichts. Er hatte vergessen, das Gewehr zu spannen. Mit einer Verwünschung holte er das nach, zielte sorgfältig und schoß.
Die Mörder, denen die Ohren von ihrem eigenen Lärm klangen, hatten weder den ersten noch den zweiten Schuß gehört, aber nun riß ein Mann den Kopf zur Seite, als er den wespenstichartigen Einschlag des kleinen Geschosses spürte. Der Mann wußte, was geschehen war, wandte sich nach links und gab trotz der heftigen Schmerzen in seinem Kopf einen langen Feuerstoß ab. Der andere hatte Erik ausgemacht und schoß ebenfalls.
Der Junge aber spannte und feuerte nun, so schnell er konnte, versuchte, die beiden Männer zu töten, ehe sie ihr Fahrzeug erreichen konnten. Zu seiner Befriedigung sah er einen in Deckung gehen, aber dann verschwendete er seine drei letzten Patronen mit Schüssen auf die Karosserie des Plymouth, die ein 22er Geschoß nicht durchschlagen kann. Der Minivan fuhr an.
Der junge Mann brachte nicht den Mut auf nachzusehen, was aus Sergeant Braden geworden war. Er stützte sich auf den Pickup und verfluchte sich, weil er die beiden hatte entkommen lassen. Daß er sich besser gehalten hatte als mancher Polizist, kam ihm nicht in den Sinn.
Im Minivan schenkte einer der Mörder der Kugel in seiner Brust mehr Aufmerksamkeit als der Kopfwunde. Als er sich vorbeugte, platzte eine verletzte Arterie ganz auf und überschüttete das Wageninnere mit dem Blut des Sterbenden.
Ein weiterer Flug der Air Force, ebenfalls eine C-141B, brachte Mr. Clark von Panama zum Luftstützpunkt Andrews, wo hastige Vorbereitungen für die Empfangszeremonie getroffen wurden. Noch ehe der Leichentransport eintraf, war Clark schon in Langley und sprach mit seinem Chef, Bob Ritter. Zum ersten Mal seit Generationen hatte das Direktorat Operationen vom Präsidenten die Erlaubnis zur freien Jagd bekommen, und Clark war der beste Jäger der CIA.
»Schauen wir uns den Vorschlag noch einmal an, den Sie in St. Kitts unterbreitet haben«, meinte der DDO.
»Welches Ziel soll die Operation haben?« fragte Clark vorsichtig. Es war nicht schwer zu erraten, was hier geschah und woher die Anweisung kam. Daher Clarks Vorsicht.
»Kurz gesagt: Rache«, erwiderte Ritter. »‹Vergeltung› wäre das treffendere Wort«, gab Clark zurück. »Die Ziele stellen eine eindeutige und unmittelbare Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten dar.«
»Das hat der Präsident gesagt?«
»In diesen Worten«, bestätigte Ritter. »Fein. Damit ist alles legal. Zwar nicht weniger gefährlich, aber immerhin legal.«
»Schaffen Sie es?« Clark lächelte distanziert und vage. »Meinen Teil einer Operation führe ich so aus, wie ich es für richtig halte. Wenn das nicht angenehm ist, steige ich aus. Ich habe nämlich keine
Weitere Kostenlose Bücher