06 - Der Schattenkrieg
Jackson war durchaus bereit, sich bei seinem Chef Punkte zu verdienen, indem er kurz nach dem Andocken der 727 an den Flugsteig auf dem San José Airport erschien. Dort mußte er warten, bis die Erster-Klasse-Passagiere ausgestiegen waren, denn selbst Flaggoffiziere fliegen Economy.
Vizeadmiral Joshua Painter war der stellvertretende Chef der Marineflieger, und daß er überhaupt zu seinen drei Sternen gekommen war, galt als ein Wunder, denn Painter war ein ehrlicher, unverblümter Mann, der fand, daß die wahre Marine auf See war und nicht am Ufer des Potomac. Außerdem, und das war höchst ungewöhnlich, hatte er ein Buch verfaßt. Als Intellektueller, Individualist und Soldat sah er sich als einen Ausnahmefall in einer Institution, die zunehmend antiintellektuell, konformistisch und bürokratisch wurde. Painter war ein scharfzüngiger, kleiner und schmächtiger Mann aus Vermont, der von seinen Piloten verehrt wurde, denn er hatte über Nordvietnam über fünfhundert Einsätze geflogen und zwei MiG abgeschossen. Dem Perfektionisten und anspruchsvollen Vorgesetzten war für seine Flieger und Mannschaften nichts zu gut. Nun kehrte er gerade von einer Dienstreise zurück und wurde von Robby Jackson auf dem Flughafen empfangen. »Wie ich sehe, ist die Botschaft angekommen«, bemerkte Joshua Painter und berührte Robbys bunte neue Schulterklappe.
»Jawohl, Sir.«
»Ich höre auch, daß Ihre neue Taktik in die Hose gegangen ist.«
»Sie hätte besser klappen können«, räumte Captain Jackson ein. »Na ja, wenigstens ist der Träger nicht abgesoffen. Sie bekommen übrigens das sechste Geschwader, das auf die Abraham Lincoln verlegt wird, wenn die Independence ins Dock kommt. Gratuliere, Robby. Sehen Sie zu, daß Sie in den nächsten achtzehn Monaten nicht zu großen Mist bauen. So, und was ging bei der Übung nun exakt schief?« fragte er auf dem Weg zu seinem wartenden Wagen.
»Die ‹Russen› haben gemogelt«, antwortete Robby. »Sie waren viel zu clever.« Painter, der Sinn für Humor hatte, lachte. Während der Fahrt zum Hauptquartier des Admirals in Monterey an der kalifornischen Küste besprachen sie die Einzelheiten.
»Irgendwelche Entwicklungen in dieser Geschichte mit den Drogenbaronen?« fragte Painter auf dem Weg zu seinem Dienstzimmer.
»Denen machen wir ganz schön die Hölle heiß, was?« merkte Jackson an.
Der Admiral blieb wie angewurzelt stehen. »Was meinen Sie damit?«
»Offiziell darf ich zwar nichts wissen, aber ich war an Ort und Stelle und habe gesehen, was gespielt wird.«
Painter winkte Jackson ins Büro. »Schauen Sie mal in den Kühlschrank und mixen Sie mir einen Martini. Ich gehe erst mal ins Bad. Nehmen Sie sich, was Sie wollen.«
Robby fand die passenden Zutaten vor und schenkte sich ein Bier ein. Painter erschien ohne Uniformhemd und trank einen Schluck. Dann schaute er Jackson scharf an.
»Captain, wiederholen Sie bitte, was Sie draußen gesagt haben.«
»Admiral, ich bin nicht blind. Auf dem Radarschirm habe ich gesehen, wie eine A-6 in Richtung Land flog, und das war kein Zufall. Wer für die Sicherheit dieser Operation verantwortlich ist, hätte bessere Arbeit leisten können.«
»Jackson, verzeihen Sie, aber ich habe gerade fünfeinhalb Stunden neben den Triebwerken einer klapprigen alten 727 verbracht. Wollen Sie mir etwa sagen, daß diese Bomben auf die Drogenbosse von einer meiner A-6 abgeworfen wurden?«
»Ja, Sir. Wußten Sie das denn nicht?«
»Nein, Robby, davon habe ich keine Ahnung.« Painter kippte den Rest seines Martinis und stellte das Glas ab. »Verflucht noch mal! Wer ist für diese Idiotie verantwortlich?«
»Aber der Einsatz der neuen Bombe muß… ich meine, die Befehle müssen doch über Ihren Stab gelaufen sein.«
» Was für eine neue Bombe?« Painter hätte das beinahe herausgebrüllt, beherrschte sich aber. »Eine Bombe mit einer Hülle aus Kunststoff oder Fiberglas oder einem anderen Material, jedenfalls aber nicht aus Stahl. Tausend Kilo schwer, mit den üblichen Befestigungspunkten für SmartLenkeinrichtungen, und blau lackiert wie Übungsmunition.«
»Gut, mit so etwas experimentieren wir herum, aber ich lasse das Programm wahrscheinlich einstellen, weil es mehr kostet, als es bringt. Bisher gab es nur ein Dutzend Probeabwürfe, und die Eier sind allesamt noch in China Lake.«
»Sir, im Bombenraum der Ranger standen mehrere. Ich habe sie selbst gesehen und angefaßt, Admiral. Ich sah auch eine, die an einer A-6 befestigt war. Und ich hatte diese A-6 auf dem
Weitere Kostenlose Bücher