06 - Der Schattenkrieg
nichts ist furchteinflößender, als im Gefecht allein zu sein, und jedes dieser Teams hatte als Teil eines Verteidigungsnetzes drei Löcher ausgehoben, die Hauptstellung und Alternative I und II hießen, alle getarnt und so positioniert, daß eine Stelle die andere unterstützte. Wo es möglich war, wurden Feuerkorridore freigeräumt - und zwar so, daß das Feuer den Angreifer in der Flanke traf und in eine von den Verteidigern gewünschte Richtung abdrängte. Und für den Fall, daß alles versagte, hatte man drei Fluchtwege mit Sammelpunkten festgelegt. Die Männer waren den ganzen Tag über beschäftigt, gruben Löcher, bereiteten ihre Stellungen vor und legten die restlichen Minen. Ramirez selbst aber hatte nicht so viel zu tun und geriet wieder ins Grübeln.
Der Tag hatte sich zunehmend negativ entwickelt. Die Funkverbindung kam nicht zustande, und Ramirez’ Erklärungen klangen nach jedem erfolglosen Versuch weniger überzeugend. Im Lauf des Nachmittags sagte er sich immer wieder, sie könnten unmöglich abgeschnitten sein der Gedanke, daß man sie einfach aufgegeben haben könnte, kam ihm nie, und ihm wurde immer deutlicher bewußt, daß er mit seinen Männern allein in einem fremden Land stand, bedroht von einem Gegner, dem sie nur entgegenzusetzen hatten, was sie auf dem Rücken trugen.
Der Hubschrauber landete auf dem Stützpunkt, den er vor zwei Tagen verlassen hatte, und rollte in einen Hangar, dessen Tor sofort geschlossen wurde. Die MC-130, die ihn begleitet hatte, wurde ähnlich getarnt. Ryan hatte nach dem Flug weiche Knie; er entfernte sich von der Maschine und traf Clark, der mit einer guten Nachricht wartete. Cutter hatte es versäumt, auch mit dem Kommandanten des Stützpunkts zu sprechen; an die Möglichkeit, daß seine Befehle mißachtet werden könnten, hatte er wohl nicht gedacht. So fiel das Eintreffen des Hubschraubers nicht weiter auf.
Jack ging zur Toilette, trank am Spender einen Liter Wasser und kehrte dann in den Hangar zurück. Dort hatten sich Colonel Johns und Mr. Clark schon angefreundet.
»Bei der dritten SOG waren Sie also?«
»Stimmt, Colonel«, sagte Clark. »In Laos selbst war ich zwar nie, aber Ihr Verein hat viele von unseren Jungs gerettet. Seit dieser Zeit bin ich bei der CIA.«
»Ich weiß noch nicht mal, wo ich hinfliegen soll. Dieser Arsch von der Navy zwang uns, unsere Karten zu verbrennen. Zimmer hat zwar noch ein paar Funkfrequenzen im Kopf, aber…« »Ich habe die Frequenzen«, sagte Clark. »Schön und gut, aber wir müssen die Männer trotzdem erst einmal finden. Auch mit der Unterstützung des Tankers habe ich nicht die Reichweite für eine richtige Suchaktion. Das Gebiet ist groß, und die dünne Luft jagt meinen Treibstoffverbrauch in die Höhe. Wer ist der Gegner?«
»Ein Haufen Leute mit AKs. Sollte Ihnen bekannt vorkommen.« PJ zog eine Grimasse. »Allerdings. Ich habe drei Minikanonen. Ohne Luftunterstützung…«
»Genau: die Luftunterstützung besorgen Sie. Die Evakuierungspunkte sind festgelegt?« fragte Clark. »Ja… eine Primär-LZ und zwei Alternativen für jedes Team, insgesamt zwölf.«
»Wir müssen davon ausgehen, daß sie dem Feind bekannt sind. Die Aufgabe für heute nacht ist, sie ausfindig zu machen und an andere Stellen zu schicken, die der Gegner nicht kennt. Dann können Sie sie morgen nacht herausholen.«
»Und dann raus aufs Meer… Der FBI-Mann will, daß wir auf diesem winzigen Kutter landen. Ich mache mir Sorgen wegen Adele. Dem letzten Wetterbericht um zwölf Uhr zufolge war der Hurrikan auf dem Weg nach Kuba. Ich möchte erst wissen, was er inzwischen tut.«
»Das habe ich gerade erfahren«, meinte Larson, der zu der Gruppe getreten war. »Adele ist wieder auf Westkurs und gerade offiziell zum Hurrikan erklärt worden. Die Windgeschwindigkeit im Kern beträgt hundertdreißig Stundenkilometer.«
»Scheiße«, bemerkte Colonel Johns. »Wie schnell kommt sie voran?«
»Morgen wird es heikel, aber bei dem Flug heute nacht sollte es noch keine Probleme geben.« »Und was ist das für ein Flug?«
»Larson und ich wollen die Teams ausfindig machen.« Clark nahm ein Funkgerät aus einer Tasche, die Murray ihm gegeben hatte. »Wir fliegen im Tal auf und ab und sprechen in diese Dinger. Wenn wir Glück haben, bekommen wir Kontakt.«
»Sie scheinen sich wirklich aufs Glück zu verlassen«, meinte Johns.
Das Leben eines FBI-Agenten ist längst nicht so spannend, wie die Leute denken, sagte sich O’Day. An dem Fall arbeiteten nur zwanzig
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