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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Kellnerin entfernte sich sofort diskret, als sie erkannte, daß sich hier ein Liebespärchen, das sie insgeheim »süß« fand, traf. Cortez ließ seine Dame Platz nehmen, schenkte ihr ein Glas Weißwein ein und setzte sich ihr dann gegenüber. Seine ersten Worte kamen verlegen und zerknirscht heraus.
»Ich hatte schon Angst, du würdest nicht kommen.«
»Wie lange wartest du denn schon?« fragte Moira. Im Aschenbecher lag ein halbes Dutzend Kippen. »Fast eine Stunde«, erwiderte er mit einem schelmischen Blick. Er macht sich über sich selbst lustig, dachte sie.
»Dabei bin ich zu früh dran.«
»Ich weiß.« Nun lachte er. »Du machst einen Narren aus mir, Moira. Daheim benehme ich mich nie so.«
Das faßte sie falsch auf. »Entschuldige, Juan, ich wollte nicht…« Perfekte Reaktion, dachte Cortez. Das hat gesessen. Er ergriff ihre Hand und ließ seine Augen strahlen. »Laß nur, manchmal ist es ganz gut, wenn ein Mann den Kopf verliert. Und verzeih, daß ich dich so kurzfristig angerufen habe. Ich mußte ganz plötzlich geschäftlich nach Detroit, und da ich nun schon einmal in der Gegend war, wollte ich mich vor dem Rückflug mit dir treffen. Ich freue mich ja so, dich wiederzusehen, Moira.« »Ich hatte schon befürchtet…« Seine Gefühlsbewegung war ihm am Gesicht abzulesen. »Nein, Moira, Befürchtungen hatte ich. Ich bin ein Ausländer, der nur selten hier ist, und es gibt bestimmt viele Männer, die…«
»Juan, wo bist du untergekommen?« fragte Mrs. Wolfe. »Im Sheraton.«
»Gibt es dort Zimmerservice?«
»Ja, aber warum…«
»Ich bin noch nicht hungrig«, erklärte sie und trank ihren Wein aus. »Können wir gleich gehen?« Felix warf zwei Zwanziger auf den Tisch und führte sie hinaus. Der Kellnerin ging ein Lied aus Der König und ich durch den Kopf. Knapp sechs Minuten später gingen die beiden durch die Hotelhalle auf die Aufzüge zu und schauten sich, in der Hoffnung, nicht erkannt zu werden, argwöhnisch um, aber aus verschiedenen Gründen. Moira merkte gar nicht, daß er im neunten Stock eine teure Suite bewohnte, und konzentrierte sich für die nächste Stunde nur auf den Mann, den sie für Juan Díaz hielt. »Was bin ich froh, daß es dieses dumme Vergaserproblem gibt«, sagte er endlich.
»Juan! Was soll das heißen?«
»Ich werde jetzt immer neue Probleme arrangieren, damit ich jede Woche nach Detroit muß«, sagte er und streichelte ihr dabei den Arm.
»Bau dir doch hier eine Fabrik.«
»Hier sind mir die Löhne zu hoch«, erwiderte er ernsthaft. »Andererseits wäre die Drogenbeschaffung kein großes Problem.«
»Gibt es das in deiner Heimat denn auch?«
»Sicher. Basuco nennt man dieses dreckige Zeug, das nicht gut genug für den Export ist. Viele meiner Arbeiter nehmen es.« Er schwieg kurz. »Moira, ich wollte nur einen Witz machen, und du bringst mich dazu, vom Geschäft zu reden. Hast du das Interesse an mir verloren?« »Hast du denn diesen Eindruck?«
»Ich finde, ich muß zurück nach Venezuela, solange ich noch laufen kann.«
Ihre Finger gingen auf Entdeckungsreise. »Es hat den Anschein, als würdest du dich bald wieder erholen.«
»Das hört man gern.« Er wandte sich ihr zu, um sie zu küssen, und bewunderte im durch die Fenster flutenden Schein der untergehenden Sonne ihren Körper. Als sie seinen Blick bemerkte, griff sie nach der Bettdecke, aber er hielt ihre Hand fest.
»Ich bin nicht mehr jung«, sagte sie. »Jedes Kind sieht in seiner Mutter die schönste Frau der Welt. Weißt du warum? Das Kind schaut mit Liebe und sieht sie erwidert. Liebe ist es, die Schönheit ausmacht, Moira. Und für mich bist du wunderschön.«
Endlich war das Wort ausgesprochen. Er sah, wie ihre Augen sich weiteten, wie ihre Lippen sich bewegten, wie ihr Atem für einen Augenblick schwerer ging. Zum zweiten Mal schämte sich Cortez und versuchte, das Gefühl zu verdrängen. Natürlich tat er so etwas nicht zum ersten Mal, aber bisher waren seine Ziele immer junge, ungebundene und abenteuerlustige Frauen gewesen. Diese aber war in so vielen Beziehungen anders. Wie auch immer, sagte er sich, es liegt Arbeit an. »Verzeihung. Ist dir das peinlich?«
»Nein«, erwiderte sie leise. »Jetzt nicht mehr.« Er lächelte zu ihr hinab. »So, hast du jetzt Lust, etwas zu essen?«
»Ja.« Cortez stand auf und holte Bademäntel aus dem Bad. Der Service in diesem Hotel war vorzüglich. Eine halbe Stunde später zog sich Moira ins Schlafzimmer zurück, während der Servierwagen in den Wohnraum gerollt wurde.

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