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06 - Ein echter Snob

06 - Ein echter Snob

Titel: 06 - Ein echter Snob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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schaute ihn ängstlich an. Der Butler war ganz
weiß geworden, und seine Hände zitterten.
    »Denken Sie nach, Mr. Rainbird. Hier
ist meine Karte. Was haben Sie schon zu verlieren? Wenn Sie gut ankommen, liegt
Ihnen die Welt zu Füßen. Wenn Sie keinen Erfolg haben, dann gehen Sie in Ihr
Gasthaus und vergessen die Sache.«
    Er klopfte Rainbird auf die Schulter
und schlenderte davon.
    Rainbird starrte auf die Karte
hinunter. »Ach du meine Güte«, flüsterte er Dave zu. »Was soll ich bloß tun?
Ich hätte nie geglaubt, dass Träume je Wirklichkeit werden können. Zu träumen,
auf der Bühne zu stehen, ist eine Sache, aber den Traum dann mit Händen greifen
zu können und nicht in der Lage zu sein, ihn festzuhalten, ist sehr hart. Ich
wünschte, wir wären Mr. Frank nie begegnet. Ich werde einen sehr unzufriedenen
Wirt abgeben.«
    Dave legte seine Hand auf Rainbirds
Ärmel. »Bitte, Mr. Rainbird«, sagte er, »versuchen Sie es nur einen Abend
lang. Ich werde mit Ihnen kommen. Dave wird da sein. Bitte, Mr. Rainbird. Der
Mann hat doch gesagt, Sie können es einen einzigen Abend lang versuchen. Ein
Abend ist nicht viel.«
    Joseph schlenderte in seiner
schwarz-goldenen Livree mit gepudertem Haar zum >Running Footman<. Seine
eingezwängten Füße zeigten beim Gehen mit den Spitzen nach außen wie bei einem
Fechtmeister. In der einen weißbehandschuhten Hand hielt er ein Spitzentaschentuch.
Seine blauen Augen betrachteten seine Umgebung mit Freude. Er bog um die Ecke
der Clarges Street und wäre beinahe in Miss Jenny Sutherland gerannt, die in
Begleitung ihrer Zofe Cooper von einem Einkaufsbummel nach Hause kam.
    Joseph verbeugte sich leicht und
wäre weitergegangen, da er Miss Sutherland nicht in Verlegenheit bringen
wollte, aber zu seiner Überraschung blieb Jenny sofort stehen und begrüßte ihn
mit einem fröhlichen: »Guten Tag, Joseph. Wie geht es?«
    »Sehr gut«, sagte Joseph und
bemerkte, wie schockiert die Zofe war.
    »Bring meine Päckchen nach Hause,
Cooper«, sagte Jenny. »Oh, schau doch nicht so entsetzt. Ich komme gleich
nach.«
    Als die Zofe widerstrebend
weitergegangen war, sagte Jenny: »Gestern abend schien Ihr Herr ein ganz
anderer Mann zu sein als beim ersten Mal, wo ich ihm begegnet bin. Überhaupt
nicht dünkelhaft.«
    Rainbird hätte Miss Sutherland
kurzerhand erklärt, dass sie in Gefahr war, Schimpf und Schande über sich zu
bringen, wenn sie stehenblieb und sich auf der Straße mit Dienern unterhielt,
aber Joseph hatte eine solch hohe Meinung von sich, dass er daran nichts
Unrechtes sehen konnte. Trotzdem stieg ihm die Ehre, mit einer bildschönen Dame
der feinen Gesellschaft zu sprechen, zu Kopf.
    »Dünkelhaft genug, dass er uns
beinahe verhungern lässt«, sagte der geschwätzige Joseph, der den überraschten
und neugierigen Ausdruck in Jennys Augen genoss.
    Dass Jenny stehengeblieben war, um
sich mit Joseph zu unterhalten, gehörte zu ihrem neuen Plan, an anderen
Interesse zu zeigen, ganz gleich, wer sie waren. »Wie meinen Sie das?« fragte
sie. »Sind Ihre Löhne so furchtbar niedrig?«
    Joseph schilderte kurz, wie wenig
sie alle bekamen. »Aber das ist schockierend... schockierend«, sagte Jenny.
    »Wohlgemerkt«, sagte Joseph, »Mr.
Rainbird sagt, er glaubt, dass Palmer, der Verwalter, seinen Herrn betrügt. Er
meint, dass Palmer höhere Löhne in den Wirtschaftsbüchern des Herzogs verbucht,
als er uns bezahlt, und den Differenzbetrag in die eigene Tasche steckt.«
Rainbird hatte den anderen nichts von dem Gespräch zwischen Palmer und dem
Herzog erzählt, das er belauscht hatte, er hatte es in der Aufregung um das
Gasthaus ganz vergessen.
    »Ich werde mit dem Herzog darüber
sprechen«, sagte Jenny entschlossen.
    »Nein, tun Sie das nicht, Miss«, bat
Joseph sie erschrocken. »Es ist nämlich so«, sagte er und vergaß seine gezierte
Ausdrucksweise. »Wenn wir eine Möglichkeit finden täten, schwarz auf weiß zu
beweisen, was er uns wirklich zahlt, und einen Blick in die Bücher tun könnten
oder so was, dann könnten wir dem Herzog die Wahrheit über Palmer erzählen.
Aber was ist, wenn es in Wirklichkeit der Herzog selbst ist, der uns die
niedrigen Löhne zahlt?«
    »Sie müssen in Palmers Büro
einbrechen und seine Bücher stehlen!« rief Jenny.
    »Nein!« stieß Joseph heiser vor
Angst hervor. »Ich hätte nicht darüber reden dürfen. Sie erzählen es doch
niemandem, Miss?»
    »0 Schreck, da kommt Cooper mich
holen.« Jenny eilte davon, die Straße hinunter.
    Joseph schaute ihr

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