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06 - Ein echter Snob

06 - Ein echter Snob

Titel: 06 - Ein echter Snob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Mrs.
Freemantle. »Jetzt wird sie wieder wie ein Pfau herumstolzieren.«
    Mary schaute die älteren Damen
verdutzt an, aber Lady Letitia preßte nur die Lippen zusammen, nahm Nähseide
und Nadel aus ihrer Handtasche und beugte sich hinunter, um den Saum von Mrs.
Freemantles Kleid zu nähen.
    Mary Maddox kehrte zu ihrem
Tischherrn zurück, einem Mr. Toby Parry. Mr. Parry war ein junger Mann mit
frischem Gesicht, blondgelocktem Wuschelkopf und einer Nase, die so unedel
und plattgedrückt war wie Marys eigene Nase. Seine grauen Augen leuchteten bei
ihrem Anblick auf.
    »Ich habe mit Londons neuester
Schönheit, Miss Jenny Sutherland, gesprochen.«
    »Sie meinen die junge Dame mit den
dunklen Haaren, die da drüben bei Lord Paul sitzt? Die, die Pelham nicht
mochte?«
    »Ja. Ich hoffe, wir werden Freundinnen.
Ich finde sie reizend und gar nicht eingebildet.«
    »Wollen Sie sagen, dass sie ganz
natürlich war?« fragte Toby Parry. Miss Sutherland war unzweifelhaft sehr
schön, aber er fand die Art, wie sie Lord Paul, der alt genug war, um ihr Vater
zu sein, verführerische Blicke zuwarf, ein bisschen kühn, um es milde
auszudrücken.
    »0 ja. Ich bin fest entschlossen,
ihr einen Besuch zu machen. Vielleicht würde sie gerne morgen mit mir im Park
spazierenfahren.«
    »Ich wäre bereit, Sie zu begleiten«,
sagte Toby eifrig. »Aha!« lachte Mary. »Sie hat Sie schon erobert.«
»Keineswegs!« rief Toby erschrocken aus. »Meine Gefühle
    sind anderweitig gebunden.«
    »Wer ist wohl die Glückliche? Ich
möchte es zu gerne wissen. Ach, da kommt Mr. Angers und will sich zu uns
setzen.«
    Toby warf dem Neuankömmling einen
vernichtenden Blick zu, setzte sich dann mit verschränkten Armen hin und
schmollte entschlossen, während sich Mary umdrehte und mit Mr. Angers zu
plaudern begann.
    »Bevor Ihre Tante zurückkommt, Miss
Sutherland«, sagte Lord Paul, »muss ich Sie dringend um Ihre Nachsicht bitten.
Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?«
    Jenny schaute ihn überrascht an und
lächelte dann verständnisvoll und herzlich. »Ich glaube, dass es so etwas
nicht nur in Büchern gibt, Mylord, ja.«
    Lord Paul holte tief Luft. »Dann
wird es Sie nicht überraschen zu erfahren, dass ich den Wunsch habe, meinen
Namen mit dem Ihrer Familie zu verbinden. Ich werde morgen um zwölf Uhr in der
Clarges Street vorsprechen. Da kommt Lady Letitia. Wir wollen nichts mehr darüber
sagen.«
    Jenny lehnte sich in ihrem Stuhl
zurück und schaute sich in dem Raum um. Ein wohliges Triumphgefühl hüllte sie
ein. Zwei Tage war sie in London, und schon sollte sie einen Heiratsantrag
bekommen. Lord Paul sprach mit Lady Letitia, lehnte sich nach vorne und
lächelte ihrer Tante in die Augen. Jenny nahm es kaum wahr. Ihre Augen
begegneten denen des Herzogs von Pelham, und sie warf ihm ein fröhliches
Lächeln zu. Wie wütend würde er sein, wenn er erfuhr, dass sein Freund solch
unbedeutenden Reizen zum Opfer gefallen war. Natürlich würde sie Lord Pauls Antrag
annehmen. Er war alt, aber er war nett und sah gut aus und war eine
ausgezeichnete Partie.
    Was macht dieses kleine Ding wohl
plötzlich so glücklich? wunderte sich der Herzog, bevor er sich wieder seiner
Tischdame zuwandte. Er hatte Lady Clarissa Bellisle zu Tisch geführt, eine
gewandt auftretende, angesehene Witwe Ende Zwanzig. Sie hatte rotbraunes Haar,
das modisch frisiert war, eine lange schmale Nase, einen vollen Mund und leicht
vorstehende feucht-braune Augen. Ihr Kleid aus braun-gold schillernder Seide umhüllte
eine ausgezeichnete Figur. Da der Herzog nicht an Liebe glaubte und ihn schon
jetzt die Aussicht, hinter einer Frau herjagen zu müssen, ermüdete, hatte er
das Gefühl, es sei ein echter Glücksfall, dass er Lady Bellisle schon so bald
begegnet sei. Er würde Nachforschungen über ihre Herkunft und ihr Vermögen
anstellen müssen, aber er konnte das seinen Anwälten überlassen.
Vorausgesetzt, dass es keine anstoßerregenden Dinge in ihrem Vorleben gab,
würde sie eine sehr gute Ehefrau für ihn abgeben — davon war er überzeugt. Sie
war kultiviert und geistreich, und abgesehen davon, dass sie vielleicht zu viel
Interesse an eher vulgären Theateraufführungen zeigte — sie behauptete, der
Clown Grimaldi sei ein Genie —, hatte sie nichts an sich, was ihm missfiel. Dass
sie von ihm erwarten könnte, dass er ihr ein bisschen den Hof machte, ihr
Blumen schickte oder herzliche Zuneigung zeigte, kam ihm nicht in den Sinn. Er
kannte seinen Wert. Eine jede Dame konnte froh

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