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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wunsch, uns begleiten zu dürfen, bei Winnetou befürwortet hatte. Bemerken will ich, daß er eine zwar kleine aber umsichtig zusammengesetzte Apotheke bei sich trug und auch eine Anzahl chirurgischer Instrumente mitgenommen hatte. Er nahm als möglich oder auch wahrscheinlich an, daß er in die Lage kommen werde, von ihnen einmal Gebrauch machen zu können.
    Was unsern eigentlichen Zweck betrifft, die Schoschonen aufzusuchen, so mußten wir jedenfalls bis zum Schlangenflusse vordringen, um zu erfahren, wo sie jetzt zu treffen waren. Wir kannten zwar ihre Wohnsitze, welche oft aus wirklichen Dörfern mit ziemlich gut gebauten, hölzernen Häusern bestehen, ganz genau, mußten aber annehmen, daß infolge des bevorstehenden Krieges mit den Crows wenigstens ihre Krieger nicht dort, sondern anderswo zu finden seien.
    Es war Nachmittag, und wir hatten bis zum Lake Jone ungefähr noch zwei Stunden zu reiten. Wir befanden uns in der Zeit des sogenannten indianischen Sommers, in Beziehung auf die Witterung eine wunderbare Jahresperiode, welche nur dem Westen eigen ist und sonst in keinem andern Lande, keiner andern Gegend der Erde vorkommt. Die Laramie-Plains liegen über zweitausend Meter hoch, und doch gab es eine so linde, warme Luft hier oben, wie man sie anderswo in derselben Höhe nur im Sommer findet. Und dabei war sie so rein und klar, daß man auf der weiten Ebene in eine Unendlichkeit sehen zu können glaubt.
    Diese Ebene war da, wo wir uns befanden, mit ziemlich hohem Grase bewachsen, ein Umstand, welcher uns eine Fährte, welche von rechts her in einem sehr spitzen Winkel auf uns stieß, schon von weitem deutlich bemerkbar machte. Als wir sie erreichten, hielten wir an, um sie zu betrachten. Rost sagte, um zu beweisen, daß er kein für uns ganz unnützer Begleiter sei:
    „Das sind keine wilden Tiere gewesen. Gestattet mir, Mylords, daß mir eine innere Stimme sagt, es sind hier Menschen geritten! Man sieht die Pferdestapfen ganz genau.“
    „Well! Wieviel Reiter waren es?“ fragte ich lächelnd.
    „Wieviel? Das kann kein Mensch sagen.“
    „So sind wir, nämlich Winnetou und ich, keine Menschen!“
    „Warum? Könnt ihr vielleicht diese Zahl angeben?“
    „Ja.“
    „Das wäre ein Kunststück, auf welches ich mich nicht verstehe.“
    „Glaube es! Wartet nur einen Augenblick, so wird er Euch gleich Bescheid sagen!“
    Winnetou war nämlich abgestiegen, um die Spuren zu zählen. Nun schwang er sich wieder in den Sattel und sagte in seiner kurzen Weise:
    „Fünf Weiße – – –Uff!“
    Daß er eine Pause vor dem Uff machte, ließ mich vermuten, daß die Fährte ihm Stoff zum Nachdenken gab. Da er aber weiterritt, ohne etwas hinzuzufügen, war ich still, betrachtete aber die Fährte nun schärfer, als ich es sonst wohl getan hätte.
    Wir folgten ihr, erstens weil sie mit unserm Wege dieselbe Richtung hatte und weil man zweitens im wilden Westen keine Spur mit Gleichgültigkeit behandeln darf, denn es ist möglich, daß sie von Menschen stammt, welche eine feindliche Absicht haben. Nach einer Weile sah man, daß zwei von den fünf Reitern angehalten hatten und abgestiegen waren. Die Eindrücke ihrer Füße entfernten sich nicht von der Spur; wir waren ihr gefolgt, und dann sah man einen Eindruck, welcher nicht durch einen Fuß verursacht worden war. Als ich mein Pferd einen Augenblick anhielt, um das zu betrachten, fragte Rost:
    „Gibt es hier etwas zu sehen, Mr. Shatterhand?“
    „Ja, und zwar etwas sehr Wichtiges.“
    „Was?“
    „Zwei von diesen fünf Reitern haben die Fährte der andern drei untersucht, und einer von ihnen ist dabei niedergekniet.“
    „Wozu? Ich ersehe keinen Grund. Wenn sie etwas wissen wollten, brauchten sie die andern doch nur zu fragen!“
    „Das konnten sie nicht.“
    „Warum?“
    „Weil sie nicht bei ihnen waren.“
    „Was? Wie? Die zwei sind nicht bei den drei gewesen? Die fünf sind also nicht zusammengeritten?“
    „Nein.“
    Winnetou, der Schweigsame, warf mir einen beistimmenden Blick zu, um mir ohne überflüssige Worte anzudeuten, daß ich jetzt wußte, warum diese Fährte ihm bedenklich vorgekommen war. Rost fragte weiter:
    „Wie könnt Ihr das so genau wissen, Mylord? Ich bin zwar imstande, den Kapuzenmuskel vom rautenförmigen Muskel zu unterscheiden, aber hier wüßte ich mir keinen Rat.“
    „Man braucht nur nachzudenken, und Ihr habt das Rätsel ja auch schon gelöst: Eben weil die zwei, wenn sie etwas wissen wollten, die andern drei nur zu fragen

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