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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Meinung geworden. Wer schon als Knabe ein so unsinniger Leichtfuß gewesen ist, aus dem kann nun unmöglich ein Mann geworden sein, der mir gute Lehren geben darf. Nun grad, weil Ihr sie so verleumdet, werde ich erst recht zu diesen Herren halten!“
    „Well! Wenn Ihr auf Eurem Willen bestehen wollt, so bin grad ich der allerletzte, der etwas dagegen haben wird. Wir sind, so hoffe ich, miteinander fertig!“
    „Ja, und zwar für immer! Ich reite fort!“
    Er trat von mir zurück. Da rief der Prayer-man:
    „Und was wird mit uns? – Wir reiten natürlich mit?“
    „Ja, Ihr reitet mit“, antwortete ich. „Ich habe gesagt, daß ich nicht Euer Richter bin, und weil ich auch keine Polizeigewalt besitze, so kann ich Euch nicht festhalten.“
    „Fort also!“
    Er wollte aufstehen.
    „Wartet noch eine Weile!“ hinderte ich ihn. „Wir sind nämlich noch nicht ganz fertig miteinander. Ich habe zwar jetzt, aber auch nur jetzt, keine Gewalt über Euch; aber sobald Ihr nur die geringste Feindseligkeit gegen uns zeigt, treten die Gesetze der Prärie in ihre Rechte, und dann sind wir Polizei, Jury und Vollstrecker des Urteils zu gleicher Zeit. Hütet Euch also! Ihr habt mich schon in Weston kennengelernt! Und nun noch eins. Der junge Mr. Lachner geht nicht mit Euch; er bleibt bei uns, und – – –“
    „Oho!“ rief der Onkel. „Er geht mit mir, und sollte ich meine alten Fäuste selbst an diesem Old Shatterhand – – –“
    „Schweigt!“ fiel ich ihm in die Rede. „Ich habe Euch gesagt, daß wir hier die Herren sind, und dabei hat es zu bleiben!“
    „Meint Ihr? Da will ich Euch doch zeigen, wer der Herr ist, Ihr oder ich?“
    Er drang auf mich ein. Es widerstrebte mir, mit einem alten und noch dazu mir so widerwärtigem Manne zu ringen, aber um einen langen Wortstreit zu vermeiden und die Sache kurz zu machen, packte ich ihn hüben und drüben fest, hob den wütend mit Händen und Füßen um sich Stoßenden und Schlagenden empor, trug ihn die wenigen Schritte bis hin an den Creek und legte ihn da, so lang er war, ins kalte Wasser, wobei ich seinen Kopf einigemal untertauchte; dann ließ ich es geschehen, daß er heraussprang und jammernd und schimpfend zu seinem Pferde eilte. Er nahm es am Zügel, zog es mit sich fort und rief:
    „Ich gehe; ich gehe weiter! Wir sind jetzt die Besiegten; aber wenn ich diesem Taugenichts, von dem man gar nicht weiß, wie er zu den Namen Shatterhand gekommen ist, wieder einmal begegne, rechne ich mit ihm ab. Hundert Prozent Zinsen wenigstens muß er bezahlen!“
    Dieser hohe Zinsfuß war ihm, dem Gurgelabschneider, freilich eine geläufige Sache! Ich sagte mir jedoch, daß nicht die Abneigung gegen mich, sondern der Geiz, die Habsucht es war, was ihn bestimmte, den offenbaren Verbrechern treu zu bleiben. Er stand ja in moralischer Beziehung ebenso tief wie sie.
    Als er fort war, wendete ich mich wieder zu ihnen:
    „Winnetou, der Häuptling der Apatschen, ist doppelt beleidigt worden; das darf nicht ungeahndet hingehen, doch soll die Strafe eine milde sein und zugleich dem, den ihr bis jetzt gepeinigt habt, Nutzen bringen. Auf diese Weise tragt ihr einen Teil eurer Schuld an ihn ab. Mr. Lachner hier hat nämlich kein gutes Pferd; er darf aber kein schlechtes haben, weil er bei uns bleiben soll. Darum wird er von jetzt an Corners Fuchs reiten. Auf seinen bisherigen Klepper kann sich setzen, wer von euch Lust hat. Für solche ‚Gentlemen‘ ist er gut genug!“
    Diese Entscheidung rief bei Corner einen wahrhaft vulkanischen Ausbruch des Zornes hervor. Er schleuderte mit Ausdrücken um sich, für welche kein gewöhnlicher und noch viel weniger ein gebildeter Mann eine Wiederholung hat. Der Teufel in ihm zeigte sich in seiner ganzen Gestalt, und seine zwei Gefährten stimmten in die Flüche und Verwünschungen ein, welche er mir entgegenwarf.
    „Mein Bruder Scharlih mache es kurz mit ihm!“ rief Winnetou, dem es auch unmöglich war, die Schmähungen länger anzuhören.
    „Ja, kurz“, sagte ich. „Wenn nicht augenblicklich Stille eintritt, fliegt auch Ihr ins Wasser, kommt aber nicht so leicht wieder heraus!“
    „Wirf mich hinein, Schurke, wenn du es wagst!“ schrie Corner. „Ein Lump, der die Nuggets in Weston selbst gestohlen hat und nun die Schuld auf andere schiebt, hält es freilich nicht für eine Schande, mir mein Pferd zu stehlen. Ich speie dich an!“
    Er führte diese Drohung wirklich aus. Das war mir denn doch zu viel. Ich warf mich auf ihn nieder, um

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