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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kannst dir wohl denken, was das für mich heißt! Ich frage nicht, wie du es anfangen und ob du es fertig bringen wirst, aber ich weiß, daß meine Rettung mit dem Augenblicke begonnen hat, an welchem du mich heute zur dir nahmst. Rette mich, Sappho, rette mich! Ich kann dir freilich dabei gar nicht helfen, denn ich bin so unwissend und so schwach, daß ich nach dir greifen muß, wie ein kleines Kind sich an die Rockfalten seiner Mutter hängt. Wir wollen wieder einmal jung sein und miteinander in die Berge wandern!“
    Er reichte mir weinend seine Hand; ich drückte sie ihm tief bewegt, versuchte aber, ihn durch einige heitere Worte anzuregen:
    „Ja, wollen in die Berge wandern! Wir sind ja schon mitten drin. Weißt du vielleicht, welchen Kurs heut der Gulden hat?“
    „Gar keinen mehr, denn ich bin der Gulden, für den man keinen Pfennig zahlt. Wenn es dir nicht gelingt, mich wieder in Kurs zu bringen, ist es für immer mit mir aus!“
    Er ließ den Kopf sinken und fiel in seine frühere Teilnahmslosigkeit zurück.
    Ich mußte wieder bei mir denken: Armer, armer Carpio! Es hatte während seiner langen Rede geschienen, als ob doch noch ein wenig Energie in ihm vorhanden sei – aber auch nur geschienen! Seine Worte klangen tonlos, und seine Augen blieben unbelebt. Sein Leben war ein Jammer, ein fortgesetzter Jammer gewesen, ein fortgesetztes Fallen aus einem in den andern Mißerfolg. Und die einst so berühmten drei Blitze – Eldorado, Millionär, Universalerbe –, sie hatten ihm auch kein Heil gebracht; er war das bewußt- und willenlose Werkzeug seines gewissenlosen Verwandten geworden und mußte es noch als ein Glück betrachten, daß dieser, als er in Pittsburg unmöglich geworden war, ihn dort nicht einfach sitzen ließ, sondern mitgenommen hatte, jedenfalls um seine Harmlosigkeit noch weiter auszubeuten.
    „Uff!“
    Dieser plötzliche Ausruf Winnetous riß mich aus meinen Gedanken. Wir ritten an einem langgestreckten Waldstreifen hin; ein Indianer war zwischen den Bäumen hervorgetreten und stand in kerzengerader Haltung da, den Blick auf uns gerichtet, doch ohne ein Wort zu sagen.
    „Teeh!“ rief auch ich verwundert aus, sobald ich ihn erblickte.
    „Teeh sagt Winnetou, dem berühmten Häuptling der Apatschen, und Old Shatterhand, dem unüberwindlichen Krieger der Bleichgesichter, seinen Gruß“, antwortete nun der Rote, nachdem er ehrerbietig gewartet hatte, bis er von uns angesprochen worden war. Teeh war einer der verwegensten Schoschonen. Sein Name bedeutet ‚Hirsch‘; er hatte ihn seiner außerordentlichen Schnelligkeit wegen erhalten, und es versteht sich ganz von selbst, daß sein so unerwartetes Erscheinen hier an dieser Stelle ein Ereignis für uns war. Es konnten ihn nur wichtige Gründe hierhergeführt haben, Gründe, welche mit den zwischen den Schoschonen und den Crows zu erwartenden Feindseligkeiten in Verbindung standen. Jedenfalls war er, der zu den zuverlässigsten Kriegern der Schoschonen gehörte, von dem Häuptlinge dieses Stammes als Kundschafter ausgeschickt worden.
    Wir waren natürlich halten geblieben. Winnetou sah ihn mit einem prüfenden Blicke an, ließ hierauf sein Auge über den Waldstreifen und die daran grenzende Prärie gleiten und fragte dann:
    „Mein roter Bruder ist von Avaht-Niah, dem tapfern Häuptling der Schoschonen, als Späher gesandt worden, die Absichten der feindlichen Krähen zu erkunden?“
    „Winnetou, der große Krieger, hat das Richtige erraten“, antwortete der Gefragte. „Yakonpi-Topa, der Häuptling der Kikatsa, will den Kampf mit uns beginnen; er hat zu den andern Krähen vom Stamme der Ahwahaways und der Allakaweahs gesandt, ihm beizustehen, und außerdem wollen die Krieger der Blutindianer vom Volke der Schwarzfüße zu ihm stoßen, um ihm zu helfen. Das sind vier Stämme, welche gegen uns ziehen. Darum hat Avaht-Niah (‚Großer Name‘) vier Kundschafter ausgesandt, gegen jeden dieser Stämme einen; ich wurde zu den Blutindianern geschickt.“
    „Der Häuptling dieser Roten ist Peteh (‚Kriegsadler‘), ein Feind von mir und Old Shatterhand. Wir sind gekommen, den Kriegern der Schoschonen unsern Rat zu erteilen. Ist mein Bruder auf seinem Wege glücklich gewesen?“
    „Der große Manitou hat meine Augen und Ohren offen gehalten, daß ich unentdeckt geblieben bin und alles gesehen und gehört habe, was ich wissen wollte.“
    „Teeh mag uns sagen, was er erfahren hat!“
    „Winnetou und Old Shatterhand sind Freunde der Schoschonen.

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