0600 - Die unsichtbare Grenze
daß auch wir diese Kenntnisse besitzen?"
Im Laufe der Debatte kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, daß der Fluchtplan, wie er bisher entwickelt worden war, genau den Absichten des Gegners entsprach. Da man die Mentalität der Gegenseite kannte, war nicht schwer zu erraten, worauf das feindliche Vorhaben abzielte. Das Gefängnis war von Kampfrobotern umringt. In dem Augenblick, in dem das Überladungsfeld zusammenbrach und die Gefangenen ihren Massenausbruchsversuch begannen, würden die Roboter in Aktion treten. Die Gefangenen hatten gegen die Kampfmaschinen nicht die geringsten Überlebenschancen. Sie waren schlecht bewaffnet, und sollten sie versuchen, sich vor dem Ansturm der Roboter wieder im Innern des Gebäudes in Sicherheit zu bringen, so würden sie wahrscheinlich feststellen, daß mittlerweile das HÜ-Feld wieder existierte und ihnen der Rückzugsweg versperrt war. Damit waren sie den Robotern völlig hilflos ausgeliefert, und es würde wahrscheinlich kein einziger mit dem Leben davonkommen.
Auf diese Weise gezwungen, ihren Plan von neuem zu überdenken, entdeckten sie jedoch im Laufe des Tages und der darauffolgenden Nacht einige neue Gesichtspunkte, die ihnen bisher entgangen waren. Die neue Version des Fluchtplans basierte weiterhin darauf, daß zunächst der Überladungsschirm zumindest für kurze Zeit unschädlich gemacht werden müsse.
Man mußte tun, was der Gegner von einem erwartete. Dadurch, daß alles planmäßig verlief, würde er vorläufig in Sicherheit gewiegt werden. Erst dann, wenn der Gegner glaubte, des Erfolges sicher zu sein, ließ sich der Planwechsel vollziehen.
Nach dem neuen Plan sollte der Ausbruchsversuch nur einem Mann gelingen. Die übrigen hatten die Roboter in ein Scheingefecht zu verwickeln und dafür zu sorgen, daß die Flucht des einen unbemerkt blieb. Denn nur wenn der Gegner nichts davon ahnte, daß ihm einer der Gefangenen durch die Lappen gegangen war, ließ sich der weitere Befreiungsplan verwirklichen.
Dieser weitere Plan war es, der den Akteuren des Dramas eine gewisse Sorge bereitete, da er auf einer Hypothese basierte, die bislang erst durch eine geringe Anzahl von Beobachtungen plausibel gemacht und erhärtet worden war. Sie ging davon aus, daß auf dieser Bezugsebene dieselben physikalischen Gegebenheiten existierten wie auf der, von der man gekommen war, daß sich jedoch gewisse psychologische und verhaltenstechnische Gegebenheiten ins Gegenteil umgekehrt hatten. Das überzeugendste Beispiel war die Duplizität der Person Perry Rhodans. Es gab auch auf dieser Bezugsebene einen Perry Rhodan, der seinem Doppelgänger aus dem Parallel-Universum in physischer Hinsicht bis aufs Haar glich. Die Charaktere der beiden Männer jedoch, ihre Denk- und Verhaltensweisen waren gegensätzlich. Wo der eine Freude empfand, spürte der andere Leid. Wo der eine einen Zug zur Milde aufwies, entwickelte der andere einen Drang zur Härte.
Zur Verwirklichung ihres Planes bedurften die Gefangenen der Hilfe von außen. Wer sollte ihnen diese Hilfe bringen? Mit wem mußte der einzige dem der Ausbruchsversuch aus den Gefängnis gelingen würde, sich in Verbindung setzen? Es mußte ein Mensch sein, der drüben, auf der heimatlicher Bezugsebene, ein Gegner des echten Perry Rhodan war. Sein Doppelgänger würde auch hier ein Feind des Rhodans Doppelgängers sein.
Dadurch jedoch wurde er zum Bundesgenossen des echten Perry Rhodan.
Vor sechs Jahren, als Perry Rhodan sich den Bürgern des Solaren Imperiums zur Wahl stellte, war ein Kandidat der links stehenden Sozialgalaktischen Bürgerrechts-Föderation, SBF, gegen ihn aufgetreten, in dessen Charakter die Planer des Ausbruchs alle diejenigen Eigenschaften vereinigt sahen, die, wenn sie hier wirklich ins Gegenteil umgekehrt waren, den Mann zu dem idealen Bundesgenossen schlechthin machten. Es handelte sich dabei um Tycho Ramath, einen Oberst der Raumflotte, der von der SBF als Kandidat für das Amt des Großadministrators aufgestellt worden war, obwohl seine politischen Ansichten und Neigungen mit den Zielen der auf den Fortschritt drängenden SBF nicht sonderlich gut übereinstimmten. Tycho Ramath war ein konservativer, an den Wert des Überlieferten und Herkömmlichen glaubender Mensch.
Die Ehe zwischen ihm und der SBF war nur deswegen zustande gekommen, weil erstens Ramath sich politisch zu betätigen wünschte, um Perry Rhodan, den er für „der Menschheit schlimmsten Übeltäter" hielt, Widerstand zu leisten und
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