0602 - Brutstätte des Bösen
jemand nicht, daß sie weitermachte und gegen das Unerklärliche ankämpfte. Nicht nur im Zug hatte das Böse gelauert, auch hier im Ort war es. Sie schaute sich um.
Die Tür war nicht weit entfernt, mit zwei Schritten würde Glenda sie erreicht haben, aber das wußte auch die Schlange. Sie war schnell, schneller als Glenda, huschte quer durch den Raum und versperrte ihr den Weg zur Tür.
Etwa in Kopfhöhe schwebte sie, hielt den Kopf gedreht und starrte Glenda an.
Sie wich zurück, obwohl sie es eigentlich nicht wollte. Aber der Blick dieser verfluchten, roten Augen hatte sie hart getroffen, er war in ihre Seele gedrungen wie ein gefährlicher Ruf des Satans.
Genau – der Satan. Er mußte in dieser Schlange stecken. Wie oft hatte sich der Teufel schon in der Schlange gezeigt, im Paradies war es so gewesen, und das hatte sich bis heute nicht geändert.
Allein mit dem Teufel. Von ihm beobachtet und unter Kontrolle gehalten zu werden, das gefiel Glenda Perkins überhaupt nicht. Die Schlange war schnell, flink, sie würde auch schneller reagieren können als ein Mensch. Der Weg zur Tür war Glenda versperrt. Es blieb das offene Fenster, nur lag es im zweiten Stock. Aus dieser Höhe nach unten zu springen, wäre Wahnsinn gewesen.
Sie ging vorsichtig zurück. Etwas anderes blieb ihr einfach nicht.
Jetzt nur nicht in Panik verfallen und durchdrehen, dann war die Schlange immer im Vorteil.
Das dämonische Tier stand in Kopfhöhe und rührte sich nicht. Es lauerte, es wartete ab, ließ ihr Opfer nie außer Kontrolle. Glenda erreichte den Tisch und stieß gegen die Kante. Das Glas und die Flasche bewegten sich, kippten aber nicht um. Sie hörte nur, wie beide mit der Unterlage über den Boden rutschten.
Mit offenem Mund holte sie Luft. Noch war nichts passiert. Der Raum zwischen ihr und dem Tier war größer geworden. Sie suchte nach einer Waffe. Die mußte sie einfach haben, um sich wehren zu können. Man fuhr nicht mit geladenen Silberkugel-Pistolen in Urlaub, wenn man nicht gerade John Sinclair hieß.
Sie war waffenlos.
Glenda schaute auf ihre Hände, während sie sich an der längeren Seite des Tisches vorbeibewegte. Dabei schielte sie nach links. Ihr fiel auf, daß die Tür zum Bad nicht geschlossen war. Der Raum war klein, nicht mehr als eine Kammer, doch immerhin eine Chance.
Wenn sie es schaffte, dort hineinzukommen, die Tür zu verrammeln, dann war es vielleicht die halbe Miete.
Die Schlange bewegte nur den Kopf, weil sie Glenda nicht außer Kontrolle lassen wollte. Noch bewegte sie sich nicht, und Glenda Perkins wagte es.
Sie startete aus dem Stand. Ein furchtbarer Gedanke zuckte durch ihr Hirn. Wenn du jetzt stolperst oder fällst, ist alles vorbei. Aber sie fiel nicht, sie kam durch, erreichte die Tür, fand die alte Klinke, riß die Tür auf und sprang in den Raum.
Sofort hämmerte sie die Tür wieder zu und hätte fast noch abgeschlossen. Das ließ sie bleiben. Vielleicht würde sie noch einmal schnell fliehen müssen, und sie wollte sich da nichts verbauen.
Scharf holte sie Luft. Es gab keine Wanne, nur eine Duschkabine war vorhanden. Glenda lehnte sich gegen die Wand. Der Angstschweiß klebte wie eine fette Soße auf ihrer Stirn. Mit einem Handtuch wischte sie ihn weg. Der kleine Raum besaß einen nur sehr primitiven Abzug. Noch immer klebte die Feuchtigkeit des letzten Duschbads an den Kacheln und auf dem halbblinden Spiegel.
So wartete sie ab…
Sekunden vergingen, sie dehnten sich, Minuten kamen zusammen, es passierte nichts. Glenda konnte auch keine Hilfe erwarten. Sie war mit dem Wein auf ihr Zimmer gegangen, für die anderen ein Zeichen, daß sie allein gelassen werden wollte.
Und wenn sie schrie? Das hätte sie im Zimmer machen sollen. Im Bad würden ihre Schreie ersticken. Da kam ihr niemand zur Hilfe.
Also ließ sie es bleiben.
Der Blick blieb auf der Tür haften. Wenn die Schlange ein Teufelsgeschöpf war, würde es ihr keine Schwierigkeiten bereiten, die Tür zu durchstoßen oder sich im Bad zu materialisieren. Für den Satan gab es keine Mauern, der kam überall durch.
Sie wartete, schaute auf ihre Uhr, gab fünf Minuten zu, in denen nichts geschah.
Dann wagte sie es. Vorsichtig schlich sie zur Tür. Sekunden später hatte sie die Tür geöffnet, schaute in den Raum und konnte keine Schlange mehr entdecken.
Sie atmete auf. Dennoch wollte ihr nur ein kleiner Stein vom Herzen fallen. Dämonische Wesen wie die Schlange gehörten zu denjenigen, die alle Tricks kannten. Sie
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