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0602 - Brutstätte des Bösen

0602 - Brutstätte des Bösen

Titel: 0602 - Brutstätte des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Gesicht malte sich übergroß ab, aber nicht genug damit, es zerplatzte jedesmal, wenn es erschien, und aus dem großen Loch drang Glenda ein Schwall von Blut entgegen, der mit jedem erneuten Traum sich ihr immer stärker näherte und sie schließlich überschwemmte.
    Es war so schlimm, daß sie nicht mehr schlafen konnte. Mit einem Schrei auf den Lippen fuhr Glenda hoch, sah Flecken auf den Wänden, die sich bewegten wie unheimliche Masken, so daß sich ihre Furcht weiter verstärkte und sie sich von einer gespenstischen Armee geradewegs umzingelt sah. Stöhnend atmete sie aus, als sie bemerkt hatte, daß sie einer Einbildung zum Opfer gefallen war.
    Was da an den Wänden tanzte, war das letzte Licht der schräg einfallenden Sonnenstrahlen. Es mußte bereits Abend sein, und Glenda spürte, daß sie schweißverklebt war. Von der angenehmen Kühle des Raumes war nicht mehr viel übriggeblieben. Sie empfand die Luft als abgestanden und ungemein verbraucht.
    Langsam schwang sie die Beine herum. Noch immer kam sie sich vor, als würde sie neben sich stehen und sich dabei über die Schulter schauen. Sie zwinkerte einige Male mit den Augen, preßte die Handflächen gegen die Wangen, bevor sie sich erhob und mit etwas unsicheren Schritten dorthin ging, wo sich die schmale weiße Tür befand, hinter der das Badezimmer lag. Eine erneute Dusche tat ihr ungemein gut. Erfrischt und ausgeschlafen kehrte sie zurück. Weit öffnete sie das Fenster.
    Es war Wind aufgekommen. Glenda stellte sich vor das hohe Rechteck, lehnte sich vor und genoß es, daß der Wind gegen ihr noch feuchtes Gesicht fuhr und die letzten Tropfen trocknete.
    Warm war es noch immer, aber die Sonne lag hinter den Bergen.
    Sie war abgetaucht, als würde sie sich schämen. Die Luft wirkte auf einmal klar, auch wenn sich noch viel Staub in Bewegung befand und als Wolken durch die Straße zog.
    Aber der Blick war weit und phantastisch. Bis hin zu den Bergen, die Hänge mit den Reben passierend und hineingleitend in eine ungewöhnlich klare und schöne Luft, wie sie in dieser Zusammensetzung nur der Süden hervorbringen konnte.
    Sie hörte die Motoren der Autos, der Zweiräder, die Stimmen der Menschen, Musik, und bei jedem Atemzug glaubte Glenda, wieder neues Leben in sich aufzusaugen und das andere hinter sich zu lassen. Sie trat vom Fenster zurück, ließ es offen. Die Tritte hörten sich knarrend auf dem Holzfußboden an, wurden gedämpft, als sie über den blassen Hirtenteppich schritt und auf der Bettkante Platz nahm.
    Was tun?
    Glenda war nicht mehr müde, Hunger verspürte sie erst recht keinen, aber Durst. Durst auf einen herrlich kühlen trockenen Weißwein aus dieser wunderbaren Gegend.
    Sie bewegte bereits den Mund, als würde sie den Wein kauen, und verließ lächelnd ihr Zimmer. Auf der Treppe begegnete ihr niemand. In der Halle hörte sie Stimmen. Zwei junge Leute stritten sich, wer der beste Disc-Jockey von Florenz war. Als sie sich nicht einigen konnten, warf Mandinis Schwägerin sie hinaus.
    Den Bruder des Polizisten sah Glenda auch. Er saß vor einem schmalen Schreibtisch und hackte auf einer alten Schreibmaschine herum, wobei er mehr über seine Unfertigkeit fluchte, als er schrieb.
    Seine Frau lächelte Glenda entgegen. Sie war schon etwas älter, besaß aber noch sehr aparte Züge. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich hätte gern eine Flasche Wein.«
    »Natürlich, aber…«
    »Hauswein, wenn möglich. Oder haben Sie kein eigenes Weingut.«
    »Kein Gut, aber einen Berg.« Sie lächelte stolz. »Darf es ein weißer oder…«
    »Einen Weißwein bitte.«
    »Sofort.« Sie verschwand durch eine dicke Holztür. Glenda spürte, daß man sie beobachtete, drehte sich um und schaute in das Gesicht des Hoteliers, der nicht mehr schrieb.
    Braungebrannt war der Mann und wirkte so wie Vittorio de Sica mit seinen schneeweißen Haaren. »Sie sind sehr mutig«, lobte er Glenda.
    »Wie… wie meinen Sie das?«
    »Ich kenne Ihre Erlebnisse. Andere Frauen hätten einen Schreikrampf bekommen.«
    »Ich stand nahe daran.«
    Er hob die Schultern. »Das ist schwer zu glauben, wo Sie doch bei der Polizei arbeiten.«
    »Nur daß ich keine Polizistin bin.«
    »Dann habe ich meinen Bruder falsch verstanden.«
    »Das müssen Sie wohl.«
    Signora Mandini kehrte zurück. Auf einem Tablett standen die Flasche und ein Glas. Von der Außenseite der Flasche rannen Wasserperlen in langen Streifen nach unten. Der Wein besaß eine gelbe Farbe, beinahe schon mit einem Stich ins

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