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0603 - Die Pestklaue von Wien

0603 - Die Pestklaue von Wien

Titel: 0603 - Die Pestklaue von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zwei Drinks zu nehmen.
    Mit dünnen Strichen zeichnete sie noch die Augen nach und machte sie optisch größer. Isabel wußte genau, welch eine Wirkung sie erzielen konnte, wenn sie einen Mann anschaute und dabei diesen verhangenen Blick aufsetzte.
    Das wollte sie einfach wieder probieren. Ihre Kolleginnen waren nicht im Hotel, sie mußten proben, und Isabel konnte sich Zeit für einen kleinen Flirt nehmen. Wenn der klappt, hatte sie die Gewißheit, daß nicht alles umsonst gewesen war. Daß es eben noch etwas anderes gab als diesen verdammten Horror und Terror. Ja, es war ein regelrechter Terror geworden, eine Belastung der Psyche, wie sie brutaler nicht sein konnte. Vollgepackt mit Grauen und Angst.
    Der Schlüssel verschwand in ihrer schmalen Handtasche, als sie das Zimmer verließ.
    Ein Mädchen begegnete ihr. Sie fuhr einen Wagen, auf dem mehrere Flaschen Champagner und die entsprechende Anzahl Gläser standen. Da wollte jemand etwas feiern.
    Das Mannequin hoffte, auch bald feiern zu können, einen glücklichen Ausgang des Falls.
    Sie nahm nicht den Lift. Graziös stieg sie die Stufen der Treppe hinab, auf den Lippen das übliche Lächeln, das wie eingraviert wirkte und einen Teil der Zähne freigab, wobei es nicht von den groß geschminkten Augen ablenkte.
    Die Bar lag im Bereich des Foyers. Sie war gemütlich, keine gewaltige Pracht, und sie glich mehr einem kleinen Wohnzimmer als einem Ort, wo man trank oder sich betrank. Es kam ganz auf die Stimmungslage an. Sie wollte nicht in den braunen Ledersesseln Platz nehmen, an der Bar war noch alles frei.
    Ihr Rock rutschte weit hoch, was Isabel nicht störte, denn sie schlug zusätzlich die Beine übereinander. Der Keeper schaute sie fragend und lächelnd an, sie winkte schon ab, brauchte keine Karte.
    »Ich weiß, was ich nehme.«
    »Bitte, Madame…?«
    »Einen Wodka, einen Doppelten.«
    »Sehr gern, Madame. Vielleicht ein Wasser dazu?«
    Sie schaute ihn starr an und sagte aus tiefster Überzeugung nur ein Wort: »Nein!«
    Sie bekam ihren Wodka und atmete tief durch. Zudem hatte sie sich vorgenommen, daß es bei einem Doppelten nicht bleiben sollte, sie wollte auch einen zweiten trinken.
    Die Nüsse und das andere Salzgebäck, in Silberschälchen verteilt, ließ sie liegen. Es würde ihrer Figur nicht guttun, wenn sie anfing zu knabbern. Statt dessen beging sie eine andere Sünde, denn sie holte ein flaches Etui aus der Tasche, in dem sie ihre Zigaretten aufbewahrte. Die Glimmstengel besaßen einen weißen Filter, der Keeper reichte ihr Feuer, sie bedankte sich mit einem Nicken und freute sich darüber, als sie den ersten Zug nahm.
    Sie rauchte sehr wenig, in diesem Fall tat es ihr sehr gut, denn Isabel spürte, daß sie lebte.
    Der Wodka war eiskalt, das Glas war beschlagen. Fast wäre es ihr noch aus den Fingern gerutscht, als sie es abhob, den ersten Schluck nahm, kurz die Augen schloß, dann das Glas leerte und darauf achtete, wie der Alkohol durch die Kehle in ihren Magen rann. Als sie das Glas wieder absetzte, umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Der Keeper lächelte ebenfalls und gab ihr einen zweiten Drink, den sie mit leiser Stimme bestellte.
    »Das tut gut«, sagte sie.
    »Sie haben es verdient, Madame.«
    »Oh, Sie wissen Bescheid?«
    »Zwangsläufig.« Er servierte das nächste Glas. Es stand auf einem kleinen Silberteller. »So etwas spricht sich eben herum.«
    »Ja, ja, es war schlimm.« Isabel hob die Schultern und spürte die Gänsehaut. Dann wurde ihr Blick verhangen und gleichzeitig nachdenklich. »Was meinen Sie, verträgt sich Wodka mit Champagner?«
    »Sie könnten es versuchen. Beides sind sehr reine Getränke. Da ist nichts verschnitten.«
    »Dann geben Sie mir ein Glas.«
    »Sehr wohl, Madame.«
    Isabel de Dijon schaute zu, wie das Edelgetränk aus der Flaschenöffnung in das schlanke Glas perlte. Der Keeper stellte es neben ihren Wodka.
    »A la votre«, sagte sie, hob das Glas an, wollte trinken, sah rechts von sich die Bewegung und schaute hin.
    In diesem Moment hatten zwei Männer die Hotelbar betreten…
    ***
    Wir wußten sofort, daß die einsame Person an der Bar nur Isabel de Dijon sein konnte. Sie wollte einen Schluck von ihrem Champagner nehmen, ließ das Glas allerdings sinken, als sie sah, wie wir ihr zunickten. »Sie wollen zu mir?« Blitzschnell taxierte sie Suko und mich.
    »In der Tat, wenn Sie Isabel de Dijon sind.« Ich hatte sie in ihrer Heimatsprache angeredet.
    »Das bin ich in der Tat.«
    »Mein Name ist John Sinclair.«

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