0606 - Geisterspuk und Zauberei!
den Rückenscheiden.
Zamorra atmete auf.
Er war zwar sicher, daß es sich auch diesmal um nichts anderes als eine Spukerscheinung handelte. Aber man konnte nicht wissen, was an Substanz dahintersteckte. Und die radikale Art, mit der die Türöffnung verbreitert worden war, die deutete doch auf seine sehr handfeste Substanz hin…
»Verdammt«, zischte er. »Ich habe keine Lust, mich noch länger mit diesem Spuk herumzuplagen. Merlin, warum nimmst du nicht deine Leute, und ihr zieht alle wieder ab?«
»Spuk nennst du das, mein Freund?« fragte Merlin kopfschüttelnd. »Und entfernen sollen wir uns? Ich finde das nicht sonderlich gastfreundlich von dir. Dabei wußtest du doch schon seit langem, daß ich dir heute diesen Besuch abstatte.«
Zamorra runzelte die Stirn, dann trat er auf die Sänfte zu.
Konnte das wirklich Merlin sein, mit dem er es hier zu tun hatte? Ein solch bombastischer Auftritt paßte nicht zu dem uralten Zauberer, der schon am Hofe König Arthurs gelebt und gewirkt hatte - und noch viel früher an vielen anderen Orten, auf diesem Planeten und auch in anderen Welten.
Merlin war eher ein Einzelgänger, ein geheimnisvoller Mann von edlem, aber schlichtem Auftreten. Tänzerinnen, Sklaven, Krieger- nein, das paßte überhaupt nicht zu Merlin.
Zu seinem dunklen Bruder Asmodis, dem einstigen Fürsten der Finsternis, hätte ein solcher Auftritt eher gepaßt.
»Wer auch immer du bist«, sagte Zamorra jetzt, »Spuk oder Wirklichkeit - du hast deinen Spaß gehabt. Also sieh zu, daß dieser Flurschaden repariert wird, sammele dein Gefolge ein Und gehabe dich wohl. Ich habe im Moment Wichtigeres zu tun, als mich mit einem solchen Possenspiel abzugeben.«
»Wirklich, du warst schon gastfreundlicher«, tadelte Merlin immer noch kopfschüttelnd. »Und deine Kleidung läßt auch zu wünschen übrig. Du solltest dich doch etwas edler gewan- den, wenn du deinem Lehnsherrn entgegentrittst.«
Merlin hob die rechte Hand, in der er einen Zauberstab hielt, und machte damit eine kreisende Bewegung.
Im nächsten Moment trug Zamorra nicht mehr T-Shirt und Shorts, sondern
Schnallenschuhe, Kniestrümpfe, lederne Kniebundhose, Rüschenhemd, Samtwams und einen breiten Gürtel mit einer noch breiteren Schließe.
Schlagartig wurde es ihm darin zu warm.
Merlin, wie üblich in seinem fließenden, weißen, von einer goldenen Kordel gegürteten Gewand und mit rotem Umhang, auf dessen Rücken ein großer goldener Drudenfuß gestickt war, wandte sich jetzt Nicole zu.
»Indessen«, fuhr er fort, »ist es wohl angemessen, daß die Braut sich ihrem Freier in ihrer vollen Schönheit präsentiere, auf daß er sich an ihrem Anblick weide. Doch - ein wenig Schmuck mag nicht unpassend erscheinen und die natürliche Schönheit dieses zarten Leibes unterstreichen.«
Wieder bewegte er den Zauberstab.
Goldene, edelsteinbesetzte Armreifen, ein funkelndes Stirnband, Fingerringe, mehrere Halsketten, ein schmaler goldener Gürtel mit diamantenbesetzter Schließe - das alles fand sich von einem Moment zum anderen an Nicoles ansonsten plötzlich nacktem Körper!
Unwillkürlich zuckte sie zusammen.
»Betrachte dies als eines der zahlreichen Geschenke, die deiner noch harren«, sagte Merlin.
Zamorra räusperte sich.
»Habe ich da eben etwas von Braut und Freier verstanden?« fragte er mißtrauisch nach.
Merlin nickte freundlich.
»Es ist«, deklamierte er hoheitsvoll, »mein unabänderlicher Wille, diese wohlgestalte Maid zu meinem Eheweibe zu nehmen!«
***
»Du spinnst ja total!« entfuhr es Zamorra. »Das ist doch absurd!«
»Du darfst dich einer gefälligeren Ausdrucksweise befleißigen«, erwiderte Merlin stirnrunzelnd. »Bedenke, zu wem du deine Stimme erhebst.«
Zamorra seufzte.
Es paßte nicht zu Merlin. Nicht diese geschraubte Redeweise, nicht sein hoheitsvolles Auftreten, und erst recht nicht seine Heiratsabsicht.
Zwar wußte Zamorra aus sicherer Quelle, daß der alte Zauberer den Freuden des Lebens durchaus nicht aus dem Wege ging, aber eine feste Bindung einzugehen, das war bestimmt nicht seine Art. Dazu hätte er zu viel von seinen unzähligen kleinen und großen Geheimnissen offenbaren müssen.
Zudem hätte sich Merlin niemals ausgerechnet an Nicole herangemacht! Er wußte doch nur zu genau, daß Zamorra und Nicole zusammengehörten. Sich in diese Beziehung einzumischen, das war schon eine Frechheit ganz besonderer Art.
Zamorra erhob seine Stimme. »Ich sag’s dir zum letzten Mal: Verschwinde mit deiner
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