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0606 - Gwenola - grausam und geächtet

0606 - Gwenola - grausam und geächtet

Titel: 0606 - Gwenola - grausam und geächtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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irritiert. »Was ist das? Was hast du da?« Plötzlich sprach sie schnell.
    »Was sollte ich haben?« Ich wußte im Moment wirklich nicht Bescheid. Sie hatte mich überrascht.
    »Vor deiner Brust«, flüsterte sie. »Vor deiner Brust hängt etwas, das ich genau spüre.« Ich sah, wie sich ihr Gesicht verzerrte. Sie sah aus wie jemand, der sich entschlossen hat, die Klinge in einen Körper zu rammen. Mir fiel es nicht leicht, ruhig zu bleiben und ihr ins Gesicht zu sehen, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Möchtest du es sehen?«
    »Was ist es?« schrie sie.
    »Ich hole es hervor.« Nach diesem Wort riskierte ich es einfach.
    Donovan erschrak, als ich zurücksprang und mich sofort zur Seite drehte. Jetzt wäre ihr Stoß ins Leere gegangen, aber sie tat nichts, sie war total durcheinander.
    Ich zupfte mein Kreuz unter der Kleidung hervor. Sie sah es an, plötzlich brüllte sie auf, denn der Anblick gefiel ihr überhaupt nicht.
    Wild schleuderte sie ihren Körper zurück. Der Habicht löste sich von ihrer Schulter und flatterte schnell und wild davon. Wo er sich niederließ, konnte ich erkennen, aber die Frau hatte sich wieder in den Schutz der Wolke begeben, die abermals in die Höhe glitt und die Konturen der Person auflöste.
    Dann war sie verschwunden.
    Einfach weg, hinausgedrückt aus dem Gehege und wieder eingetaucht in die Freiheit.
    Ich hob meine Hand und tastete mit der Fingerspitze dorthin, wo die Klingenspitze die Haut eingedrückt hatte.
    Auf der Kuppe war ein Blutstropfen zurückgeblieben. Er schimmerte wie eine dunkelrote Perle.
    Im Gehege gerieten die Vögel in eine gewisse Unruhe. Es gab keine Ecke, wo sie nicht flatterten und ich ihre wilden Bewegungen sah. Dazu hörte ich ihr Schreien, als wären sie dabei, von einer Person Abschied zu nehmen, die sie liebten.
    Ich ließ Donovan stehen und drang tiefer in das Gehege ein. Diesmal hielt ich das Kreuz in der Hand.
    Noch nie zuvor hatte ich gesehen, daß sich eine Eule erschrecken konnte. Als ich in die Höhe eines krummen Baums geriet, da flog der Nachtvogel vor mir hoch. Er schrie mich an und jagte gegen die Drahtdecke des Freigeheges.
    Die Vögel fürchteten sich vor meinem Kreuz. Dafür gab es nur eine Erklärung.
    Gwenola hatte es geschafft, die Tiere unter ihren Bann zu bekommen. Tatsächlich nur die Vögel? Sie hatte von Tieren gesprochen, wenn ich mich recht erinnerte, und mußte davon ausgehen, daß sie nicht allein die Vögel gemeint hatte.
    Donovan hatte sich wieder gefangen. Ich hörte, wie er mit schriller Stimme nach mir rief.
    »Es ist alles okay!« brüllte ich zurück. »Ich schaue mich nur ein wenig um.«
    »Soll ich das Gehege verlassen?«
    »Wie Sie wollen!«
    Aufrecht konnte ich nicht gehen. Geduckt kämpfte ich mich durch den manchmal schon dichten Wald. Um mich herum waren Zweige und Blattwerk in Bewegung geraten. Sie wippten, sie zitterten, weil sie von den Aktionen der Vögel aus ihrer Ruhe gerissen worden waren.
    Ich kam mir vor wie ein Mensch, der von einer schlimmen Krankheit verfolgt wird, was auch die Vögel merkten. Je näher ich kam, um so mehr zogen sie sich zurück.
    Verstecke fanden sie genug, so daß sie sehr bald meinen Blicken entschwunden waren.
    Dieses Gehege war nicht wichtig. Nur ein Teil des gewaltigen Gebiets, über das eine Person namens Gwenola herrschte. Sie war aus einer anderen Zeit gekommen, die sehr lange zurücklag, und sie hatte die Jahrhunderte überlebt.
    Ich ging langsam zurück, auf Spuren achtend, die Gwenola hinterlassen haben könnte. Da gab es nichts mehr zu sehen, alles blieb ruhig, und Francis Donovan fand ich am Ausgang, gegen den er sich gelehnt hatte.
    Blaß war er geworden. In der rechten Hand hielt er ein blutverschmiertes Taschentuch. In gewissen Zeitabständen drückte er es gegen die Fleischwunde am Kopf.
    Ich hob die Schultern. »Es ist alles wieder normal«, sagte ich.
    »Normal?« Sein Lachen klang böse und schrill. »Nein, Mr. Sinclair, nichts ist normal. Schauen Sie sich die Vögel doch an. Sehen Sie genau hin! Sie zeigen sich verändert. Haben Sie das nicht festgestellt? Merken Sie denn nicht, was mit ihnen los ist?«
    »Schon, aber sie greifen mich nicht mehr an.«
    »Das kann sich sehr schnell ändern, glauben Sie mir.«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht haben Sie recht. Lassen Sie uns ins Haus gehen. Sie müssen die Wunde verpflastern.«
    »Wieder!« rief er. »Wie immer. Es ist nicht zu glauben. Es ist einfach nicht zu fassen.«
    Nicht Donovan, sondern ich rammte die Tür

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