0609 - Das Giftmüll-Monster
lieber darüber nach, wer von Petes Tod profitieren könnte. Von uns dreien sicher niemand.«
***
Robert Tendyke suchte sein Büro auf. Es lag im Obergeschoß seines Hinechtem, weil anderthalbstöckigen Bungalows. Er ließ sich in seinen Sessel fallen, lehnte sich zurück und schloß die Augen.
Seine Vergangenheit holte ihn ein.
Es war schon so lange her. Mehr als drei Jahrhunderte.
Er hatte das, was damals geschehen war, weitgehend verdrängt gehabt. Erst als Zamorra und Nicole ihm über ihre Begegnung in der Vergangenheit erzählten, erinnerte er sich wieder daran.
Damals wäre er fast wie Asmodis geworden…
Denn damals hatte er einen gewaltigen Fehler begangen. Er war in Sachen Wiedergeburt und Avalon noch relativ ungeübt gewesen, hatte etwas falsch gemacht.
Wenn jemand ihn zu töten versuchte und er noch Zeit hatte, sich innerlich darauf vorzubereiten, dann überlebte er seinen eigenen Tod. Es war eine Sache der Konzentration.
Es gab eine Zauberformel und den Schlüssel, und beides mußte er in Gedanken klar formulieren. Dann ging er nach Avalon.
Sein Körper verschwand aus der Welt, und wenn er aus Avalon in die Welt zurückkehrte, war er geheilt, regeneriert, oder wie auch immer man es nennen mochte. Auf jeden Fall lebte er dann wieder. Selbst wenn man ihn erschossen, erstochen, aufgehängt, vergiftet oder sonstwie getötet hatte.
Auf dem Silbermond hatte er einmal sogar eine Explosion überstanden. Dabei hatte er noch das einmalige Kunststück fertiggebracht, seine Freunde Zamorra, Nicole und andere nach Avalon mitzunehmen und sie dort wiederbeleben zu lassen. Bis heute wußten sie nicht, was damals mit ihnen geschehen war, konnten es höchstens ahnen. [2]
Damals aber, als er als Robert deDigue in die Welt zurückgekehrt war, mußte er etwas falsch gemacht haben.
Vielleicht hatte er die Reihenfolge bei Zauber und Schlüssel vertauscht, vielleicht war es auch etwas anderes gewesen.
Wie auch immer. Es hatte Asmodis die Chance gegeben, auf seinen Sohn einzuwirken und ihn in seiner neuen Inkarnation als deDigue zu manipulieren.
Tendyke hatte sich bemüht, die Erinnerung daran zu verdrängen. Damals, im 17. Jahrhundert, war er nicht er selbst gewesen.
Was damals geschehen war, das war ihm heute unangenehm.
So sehr, daß er sich schämte, mit seinen Freunden über diesen Teil seiner Vergangenheit zu reden.
Er verabscheute seinen Vater Asmodis und alles, wofür dieser in der Vergangenheit gestanden hatte. Daß er ihm einmal so ähnlich gewesen war, das schockierte ihn, es machte ihm noch drei Jahrhunderte später zu schaffen.
Es war etwas, mit dem er allein fertigzuwerden hoffte.
Irgendwie, irgendwann.
Es war eine tückische Schwäche in seinem langen Leben, das nun schon fünf Jahrhunderte währte. Eine Niederlage, die ihm gar nicht gefallen wollte.
Aber jetzt, da Zamorra und Nicole ihn darauf angesprochen hatten, da sie ihn praktisch erwischt hatten -jetzt mußte er sich dieser Tatsache stellen. Die alten, längst verdrängten Erinnerungen kehrten zurück.
So erinnerte er sich auch daran, daß er und Zamorra sich noch häufiger in der Vergangenheit begegnet waren - wovon Zamorra natürlich jetzt noch nichts wissen konnte, weil diese Geschehnisse für ihn noch in der Zukunft lagen. Und Tendyke wußte auch, daß die Begegnungen zwischen Zamorra und deDigue nicht immer freiwillig erfolgt waren…
Damals hatten noch viele andere Dinge eine Rolle gespielt.
Nicht umsonst hatte sich deDigue längere Zeit am Hof des Sonnenkönigs aufgehalten.
Aber von alledem durfte Zamorra vorläufig noch nichts erfahren. Es würde vielleicht seine Handlungsweise bei ›künftigen‹ Begegnungen zu stark beeinflussen. Außerdem wollte Tendyke nicht darüber reden.
Zumindest nicht mit seinen Freunden.
Aber vielleicht, überlegte er, mit seinem Sohn.
Julian hatte sich von seinem Vater Robert ähnlich distanziert wie Tendyke von Asmodis. Vielleicht gab es auf diese Weise eine Möglichkeit, daß sie sich doch wieder etwas näher kamen…
Tendyke überlegte, wo sich Julian derzeit aufhalten mochte.
Vor kurzem war er noch auf dem Silbermond gewesen. Aber vermutlich befand er sich längst wieder in Llewellyn-Castle im schottischen Hochland.
Dorthin zu gelangen war kein Problem. Es gab ja die Regenbogenblumen.
Und so verließ Rob Tendyke sein Anwesen. Er informierte lediglich die Zwillinge, daß er nach Schottland ging, um mit Julian zu reden.
Auf Monicas Vorhaltung, es gäbe ja wohl auch hier noch ein Problem,
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