0613 - Mandragoros grausamer Garten
Stimme des Professors!
Plötzlich war Chandler da. Wie ein Geist war er vor ihnen aufgetaucht. Sie rannten beinahe gegen ihn. Im letzten Moment erkannte Lizzy den Mann.
»Hierher!«
Er zog sie durch eine offene Tür. Sie sahen eine Treppe vor sich, die in die Tiefe führte. Unheimlich wirkendes Fackellicht floß über die Steinstufen wie dünnes Wasser und verlief sich am Ende der Stufenreihe, die sie stolpernd erreichten.
Die Angst vor der Eisenhand saß beiden im Nacken. Sie hätten alles getan, um ihr zu entwischen.
Dann erreichten sie ein Gewölbe. Etwas glühte vor ihnen auf. Keiner von ihnen erkannte, daß es sich dabei um geheimnisvolle Zeichnungen handelte, die sich auf dem dunklen Boden abmalten und sich innerhalb eines Kreises befanden.
Im Kreis stand der Professor.
Er wirkte ebenfalls wie eine lichte Gestalt aus einer anderen Welt.
Mit beiden Händen winkte er ihnen zu.
Sie zögerten noch, besonders Peppi, er aber wurde von seiner.
Freundin in den Kreis gezogen.
»Und wohin?« schrie er.
»In eine andere Welt.«
Peppi glotzte den Mann an. Das hagere Gesicht des Professors schien in Flammen zu stehen. Selbst seine Augen hatten einen fremden Ausdruck angenommen.
An der Tür erschien Eisenhand.
Im gleichen Augenblick waren die drei Menschen verschwunden.
Lizzy und ihr Freund bekamen es kaum mit. Sie hatten nur das Gefühl, als wären ihnen die Beine unter dem Körper weggezogen worden…
***
Wir waren in Österreich, in Wien gelandet, und fuhren mit einem Leihwagen in die Wachau.
Hinein in einen späten Morgen, den man nur als wunderbar bezeichnen konnte.
In der vorherigen Nacht mußte es geschneit haben, davon waren jetzt die Reste zu sehen.
Auf den Kämmen der Berge lag noch die weiße Pracht, darüber aber spannte sich ein klarer, azurblauer Himmel.
Suko hatte seinen Willen durchgesetzt, und so fuhren wir in einem kleinen BMW von Schwechat in Richtung Melk. Ich hatte Gelegenheit, die Landschaft zu beobachten, während sich Suko um den Verkehr kümmern mußte, der sich nahe der Hauptstadt doch ziemlich verdichtet hatte. Außerdem war in Höhe des Wienerwaldes mit Glatteis zu rechnen, denn dort gab es viele schattige Stellen.
Der Flug war gut verlaufen, das Wetter herrlich, die Sonnenbrille rutschte auch nicht, ich hätte eigentlich locker und zufrieden sein können, wenn da nicht etwas gewesen wäre, was mich sehr störte.
Ich dachte an die verdammte Blume und an den Anruf des Professors. Unser alter Freund mußte sich in höchster Not befinden, und irgendwie hatte ich das Gefühl, zu spät zu kommen.
Suko merkte er mir an. »Was ist los?«
»Ich glaube, auch wenn wir von Wien aus geflogen wären, hätten wir es nicht geschafft.«
»Meinst du?«
»Ja, zum Henker, das meine ich.«
Suko ging auf die linke Seite. Er huschte an drei Lastwagen mit gelben Nummernschildern vorbei; die Holländer fuhren eben überall. Zum Glück waren keine Ferien.
Dann sahen wir den DDR-Wagen, einen Trabbi. Er zockelte vor den Lastwagen dahin, war beladen mit Vater, Mutter und zwei Kindern, die auf dem Rücksitz hockten und uns zuwinkten.
Ich grüßte zurück. Seit Öffnung der DDR-Grenze strömten die Menschen in den freien Teil Deutschlands. Das war auch uns Londonern nicht verborgen geblieben. Ich jedenfalls drückte den Menschen aus beiden Teilen Deutschlands die Daumen, daß sie es schafften. Zudem mochte ich die Deutschen. Ich fühlte mich in diesem Land immer wohl, auch wenn Will Mallmann, der Supervampir, ein Deutscher war. Aber Ausnahmen gab es eben überall.
Sogar die Trabbi-Witze hatten es geschafft, über den Kanal zu gelangen.
Ich hörte Suko lachen und fragte nach dem Grund.
»Mir ist gerade ein Trabbi-Witz eingefallen.«
»Raus damit!«
»Wie kannst du den Wert eines Trabbis verdoppeln?«
»Keine Ahnung.«
»Indem du ihn volltankst«, lachte Suko, und ich mußte schmunzeln.
Aber ich wollte nicht zurückstehen und erkundigte mich bei ihm:
»Wie machst du aus einem Trabbi einen Turbo?«
»Weiß ich nicht.«
»Indem der Fahrer mit Turnschuhen fährt.«
»Huaahhh, ist der doof.« Suko schüttelte den Kopf und zog wieder rechts herüber.
St. Pölten wurde angezeigt. Von dort aus war es nicht mehr zu weit bis Melk.
Das weltberühmte Kloster kannte ich nicht. Wenn der jetzige Fall es zuließ, so hatte ich mir vorgenommen, wollte ich es besichtigen.
Zunächst einmal mußten wir zu einer anderen Burg, die hoch über der Donau lag, aber durch den sie umgebenden Wald ziemlich
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