0613 - Stygias Höllen-Sklaven
offenen Grab vorbei bis zum auf dem Kopf stehenden Kreuz, wo ihr Anführer stand.
Der begann mit einem eigenartigen, leiernden Singsang.
Wieder war seine Stimme so unnatürlich tief, daß es Yves schauderte. Gerade so, als gehöre sie einem anderen Wesen.
Und die Worte, die er hervorbrachte, gehörten auch keiner menschlichen Sprache an.
Es mußte sich um eine Dämonensprache handeln.
Soviel begriff Yves immerhin und fragte sich für einen Moment, ob Zamorra diese Sprache vielleicht sogar hätte übersetzen können.
Aber das war jetzt irrelevant.
Das Mädchen erwachte aus seiner Bewußtlosigkeit.
Sah den geflammten Dolch über sich.
Begann gellend zu schreien.
In Yves verkrampfte sich alles. Sein Unterbewußtsein, sein Gewissen schrie ebenfalls.
Doch sein Verstand sagte ihm mit erbarmungsloser Kälte, daß er es geschehen lassen mußte, wenn er durch diese Zeremonie tatsächlich das Tor zur Hölle durchschreiten und mit dem Ju-Ju-Stab Lucifuge Rofocale in seinem ureigensten Reich vernichten wollte!
Aber das war unmenschlich.
So kalt Ombre auch geworden war durch den sinnlosen Tod seines Bruders - irgendwo waren auch ihm Grenzen gesetzt.
Die Nackte wand sich schreiend in ihren Fesseln, sah den Tod vor ihren weit aufgerissenen Augen, versuchte sich loszureißen.
Aber die beiden Brüder hielten sie unerbittlich fest, während der Anführer den Dolch her abfahren ließ…
In diesem Augenblick schnellte Yves vorwärts.
Er stieß dabei einen der beiden Brüder nieder, der zu Fall kam und das gefesselte Girl mit sich riß und damit auch den anderen Bruder, der die Nackte an der anderen Seite festgehalten hatte.
Der Dolch traf nicht das Opfer, sondern genau diesen Mann!
Der schrie auf, voller Unglauben, dann vor Schmerz und Verzweiflung.
Und die Finsternis kam, um sein Leben aufzusaugen und den Brüdern den Übergang in die andere Welt zu ermöglichen…
***
Gryf trat hinaus aus seiner Hütte und ließ die Tür hinter sich zufallen. Abzuschließen brauchte er nicht. Es gab in seiner Hütte nichts, was sich zu stehlen lohnte.
Der Druide verzichtete darauf, per zeitlosem Sprung nach Frankreich zu wechseln. Warum sollte er seine magische Kraft vergeuden, wenn die Regenbogenblumen ihn ebenfalls ins Château Montagne bringen konnten? Dann brauchte er sich selbst nicht anzustrengen. Nur der Weg durch die schier endlosen Kellerräume des Châteaus lag dann noch vor ihm, weil dort die magischen Blumen nicht im Freien wuchsen, sondern unter einer rätselhaften künstlichen Mini-Sonne in einem Gewölbe tief unter dem Château.
Ein paar Schritte nur, und er hatte die Regenbogenblumen in der Nähe seiner Hütte erreicht. Selbst in der Abenddämmerung schimmerten die mannsgroßen Blüten noch in faszinierender Farbenpracht und veränderten ihr Aussehen mit jedem Schritt, den Gryf sich ihnen näherte, weil er dabei ja seine Betrachterperspektive veränderte und damit auch den Winkel, in dem das Licht reflektiert wurde…
Er hatte die Blumen noch nicht ganz erreicht, als ihn jemand ansprach.
Unwillkürlich wirbelte Gryf herum.
Der Mann war aus dem Schatten der Hütte getreten und kam jetzt auf den Druiden zu.
So etwas mochte Gryf ganz und gar nicht. Wer immer dieser Fremde war, und was auch immer er wollte - wer sich auf diese Weise anschlich, der hatte etwas zu verbergen.
Aber es ging nichts Schwarzmagisches von ihm aus, das hätte Gryf unweigerlich mit seinen Para-Sinnen gespürt. Der Bursche war ein ganz normaler Mensch.
Trotzdem hatte er sich der Hütte heimlich genähert. Und jetzt kam er stumm, aber mit schnellen Schritten direkt auf Gryf zu.
Spontan versuchte der Druide, die Gedanken des anderen zu lesen, um dessen Absichten zu erfassen, bevor dieser sie ausführen konnte. Aber er stieß auf eine mentale Abschirmung.
Dieser scheinbar so normale Mensch blockte Gryfs Telepathieversuche mühelos ab!
Und er war unglaublich schnell!
Seine Hand flog hoch. Gryf sah eine Pistole.
Und noch ehe der Druide per zeitlosem Sprung seinen Standort wechseln konnte, bellte der Schuß!
Der Druide spürte einen dumpfen Schlag am Kopf, wurde herumgewirbelt, stürzte zu Boden.
Und für ihn gingen alle Lichter aus…
***
Yves konnte das Unheimliche fühlen, das aus der Nacht kam und über die Brüder der Finsternis hinwegstrich.
Sie alle erstarrten, keiner von ihnen war noch in der Lage, sich zu bewegen.
Das gellende Schreien des Mannes, den der Opferdolch irrtümlich getroffen hatte, erstarb langsam, verwehte in
Weitere Kostenlose Bücher