0619 - Das Para-Mädchen
durch das aufgerissene Stoffdach dringen wollte und auch seitlich am Wagen kratzte und rammte. Eine der Bestien war gerade auf die Motorhaube gesprungen, fand aber auf der kurzen schrägen Fläche keinen Halt und rutschte wieder ab. Claire achtete nicht darauf. Während die Biester oben unermüdlich nach ihr schnappten, knüppelte sie den ersten Gang 'rein und gab gleichzeitig schon Gas. Der Twingo machte mit erst durchdrehenden Rädern einen Satz nach vorn, prallte gegen etwas. Der abgerutschte Wolf, durchzuckte es Claire. Sie hörte das Jaulen der Bestie.
Rückwärtsgang! Was auch immer sich hinter ihr befand…
Und wieder vorwärts! Das schnelle Hin und Her schleuderte die beiden anderen Wölfe vom Dach! Sie versuchten zwar, sich festzuhalten, aber damit rissen sie nur den Stoff noch weiter auf und glitten trotzdem ab.
Claire gab Vollgas.
Die Reifen des Twingo zogen schwarze Striche über den Asphalt. Wie bei einem Dragster-Rennen. Dann jagte der Wagen davon.
Claire sah nicht mehr in den Rückspiegel. Sie dachte nicht an die Gefahr, die den anderen Menschen im Dorf durch die Wölfe drohte; sie war nur heilfroh, gerade selbst mit dem Leben davongekommen zu sein. Und wie auch immer - in Zweifelsfällen war ohnehin Professor Zamorra der richtige Ansprechpartner. Ganz gleich, ob es um Wölfe oder Dämonen ging. Der Chef wußte immer, was zu tun war.
Er würde sich darum kümmern.
***
Unterdessen hatte Nicole Duval eine andere Idee entwickelt. Um etwas über die Identität der Fremden herauszufinden, gab es mehr Möglichkeiten, als sich an die Polizei zu wenden.
Von Zamorras Arbeitszimmer aus rief sie Ted Ewigk in Rom an. Erfreulicherweise war er zu Hause. »Du hast doch die besten Beziehungen zu den Medien! Gibt's da eine Möglichkeit, eine ganz bestimmte Person zu finden, wenn es von der nur ein Foto gibt?«
»Vergiß es«, wehrte der Reporter ab, der es schon längst nicht mehr nötig hatte, in seinem Beruf zu arbeiten, weil er eh nicht wußte, wie er sein in früheren Jahren erarbeitetes Vermögen wieder ausgeben sollte. Die Milliönchen vermehrten sich über die Zinstreppe schon von ganz allein. Also pickte Ted sich nur noch die absoluten Rosinen aus dem Kuchen, wenn ihn die Arbeitswut zwischendurch überfiel, nur waren das dann auch keine Alltagsjobs, sondern immer mit hohen Risiken und Lebensgefahr verbunden. »Auf der sicheren Seite langweilen können sich auch die Kollegen von der zweiten Garnitur«, hatte er einmal grinsend gesagt.
Seiner Freundin Carlotta paßte es natürlich überhaupt nicht, daß er sich immer wieder mal in Gefahr begab, aber sie hatte es sich abgewöhnt, dagegen zu protestieren, weil er ja doch seinen Dickschädel durchsetzte.
»Ich will es nicht vergessen«, drängte Nicole. »Wir brauchen Informationen über diese Person. Dringend. International. Gedächtnisverlust.«
»Na klasse«, brummte Ted. »Aber das Foto habt ihr ja wenigstens. International… Noch aufwendiger geht es wohl nicht mehr, wie? Habt ihr schon mal bei der Polizei angefragt? Interpol zum Beispiel.«
»Für wie dämlich hältst du uns?« fauchte Nicole.
»Paß auf, ich komme einfach mal rüber und schaue mir euren Gedächtnisverlust an«, versprach Ted.
***
Zamorra stutzte. Die Rückführung wollte nicht funktionieren!
Et schaffte es nicht, Evas Bewußtsein mit ihrer Vergangenheit zu konfrontieren! Über den Moment ihres Erwachens vor dem Château kam er nicht hinaus, ganz gleich, wie er es versuchte!
Es war gerade so, als habe die Blonde keine Vergangenheit! Als sei sie im Moment ihres Auftauchens einfach aus dem Nichts erschienen!
Auch der Versuch, zunächst einen Sprung in ein früheres Leben zu machen und sie von dort aus langsam wieder vorwärts zu lenken, gelang nicht. Auf diese Weise kam er jedenfalls nicht zum Erfolg.
Aber sie konnte doch kein völlig unbeschriebenes Blatt sein! Sie war kein Roboter, der gerade frisch aus der Fabrik kam. Sie lebte und dachte, sie war absolut menschlich! Wieso besaß sie dann keine Erinnerung an früher?
Das war unmöglich!
So total konnte keine Gedächtnislöschung funktionieren! Zumindest ein kleiner Rest mußte doch übrig bleiben! Aber auch einen noch so winzigen Rest konnte Zamorra nicht feststellen!
Schließlich brach er die Rückführung ab. Es war wohl einfacher, einem Stein seine Geheimnisse zu entreißen.
Er weckte Eva aus ihrer Trance. Aus großen Augen sah sie ihn neugierig an.
»Wann fangen Sie denn nun an?« wollte sie wissen.
Daß die
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