0619 - Das Para-Mädchen
ungeheuer Großes gegen die Tür, schleuderte ihr das Glas geradezu entgegen und schlitterte mit ausgebreiteten Flügeln über den glatt gebohnerten Parkettboden. Einer der Flügel hätte Claire um ein Haar noch eine gewaltige Kopfnuß verpaßt.
»Fooly!« schrie sie auf. »Kannst du Ungeheuer denn nicht aufpassen?«
Natürlich konnte er das nicht. Hatte er noch nie gekonnt. Die Schäden, die er mit seiner Tolpatschigkeit im Lauf der letzten Jahre angerichtet hatte, sprengten längst jeden Rahmen der Versicherung, die nach Claires Wissensstand derzeit versuchte, den Vertrag mit Zamorra auf dem Klageweg aufzukündigen.
Fooly beendete- sein schlitterndes Notbremsmanöver und richtete sich zur triumphierenden Lebensgröße von 1,20 Metern auf. Da erst sah Claire, was er quer im Maul trug.
Einen blutverschmierten, wild mit den Läufen zappelnden Wolf…
Da begann sie hysterisch zu schreien…
***
Ted Ewigk brauchte nicht lange, um von Rom ins südliche Loire-Tal zu gelangen. Mit Hilfe der Regenbogenblumen war das kein Problem. In Teds Villa zwischen diese mannsgroßen Blütenkelche treten, sich auf das Ziel konzentrieren - und schon war er am Ziel. Der größte Zeitaufwand entstand dadurch, hüben in die Kellerräume hinab- und drüben wieder hinauf zu steigen, weil die Blumen sich jeweils unter künstlicher Beleuchtung in den Kellertiefen befanden.
In genau dem Augenblick, in dem sowohl Madame Claire als auch Fooly das Château betraten, kam Ted aus der Kellertür.
Er sah die aufkreischende Köchin.
Er sah den Drachen, der einen Wolf quer im Maul trug.
Eigentlich erstaunlich, denn ein nur 1,2 m großes Wesen müßte schon völlig unproportional gewachsen sein, um das hinzubekommen; immerhin gehören Wölfe nicht gerade zu den sieben kleinsten Geschöpfen unseres Planeten. Aber in diesem Moment machte Ted sich keine Gedanken darüber, daß vielleicht Magie im Spiel war. Er kannte Fooly und wußte, daß der um sich herum stets ein gehöriges Maß an Chaos zu verbreiten pflegte. Er wußte auch, daß Fooly immer für dumme Streiche gut war, und daß zwischen ihm und der Köchin stets eine gewisse Animosität vorherrschte.
Was anders sollte er denken, als daß Fooly Madame Claire einen gewaltigen Schrecken ein jagen wollte?
»Drache!« brüllte er. »Wirst du wohl sofort damit aufhören? Laß Fenrir sofort los, oder du lernst mich kennen, du verflixter Rabauke! Das geht verdammt zu weit!«
Eine weitere Fehleinschätzung, für die er nichts konnte. Ein Wolf innerhalb der Mauern von Château Montagne - das konnte nur Fenrir sein, der telepathisch begabte Wolf, dessen Intelligenz der eines Menschen gleichkam und der nicht als Tier, sondern als vollwertiges Mitglied der Zamorra-Crew angesehen wurde.
Wenn Fooly und Fenrir aufeinandertrafen, flogen allerdings meist die Fetzen. Nur waren diese Streitigkeiten nie ernst gemeint, und wenn es darum ging, anderen einen Streich zu spielen, schafften die beiden es, als das perfekteste Team seit Nitro und Glyzerin zusammenzuarbeiten. Fehlte nur noch der kleine Sir Rhett als dritter im Bunde!
Aber von dem war hier nichts zu sehen. Es war auch nicht seine Zeit; um diese Stunde hielt er wohl noch seinen Mittagsschlaf, dem die anderen Châteaubewohner es verdankten, wenigstens kurzzeitig von menschlichen und nichtmenschlichen Plagegeistern verschont zu bleiben.
Daß Fooly und Fenrir der Köchin einen derartigen Schrecken einjagten, daß sie in Hysterie verfiel, war jedenfalls zuviel, fand Ted und schritt ein.
Er stürmte auf den Drachen zu.
Der erschrak nun seinerseits und ließ den Wolf aus dem Maul fallen.
Der löste sich im gleichen Moment in Nichts auf!
Fooly fauchte einen zornigen Feuerstrahl und stampfte heftig auf.
»Müßt ihr Menschen denn immer alles kaputtmachen?« zeterte er. »Wieso Fenrir?«
Das fragte sich der verblüffte Ted Ewigk in diesem Moment auch.
Was, beim Sumpfdarm der Panzerhornschrexe, ging hier ab?
***
»Was ist denn hier los?« polterte Zamorra, der von Raffael Bois zum Eingang gebeten worden war. »Madame Claire? Und Ted? Was machst denn du hier?«
»Nicole meinte, ich sollte mich mal mit eurem neuen Gast befassen.«
»So, meinte sie das…«
»Und ich meine, daß ich von einem Wolfsrudel angegriffen wurde!« rief Madame Claire. »Unten im Dorf! Und dieses nichtsnutzige Drachenvieh hat nichts besseres zu tun, als auch noch einen von diesen Wölfen hierher zu schleppen! Es ist unglaublich, Chef!« Mit ausgestrecktem Arm deutete sie auf
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