0619 - Das Para-Mädchen

durch die M-Abwehr gekommen bist. Die Abschirmung hätte ihn eigentlich gleich auflösen müssen.«
    »Ups«, machte der Drache. »Du hast recht, Mademoiselle Nicole. Das verstehe ich dann aber nicht.«
    »Zumindest kann der Wolf dann kein schwarzmagisches Erzeugnis sein«, überlegte Ted Ewigk. »Was aber dem aggressiven Verhalten des Rudels widerspricht. Wenn die Wölfe fromm und friedlich wären, hätten sie nicht im Dorf auf Menschenjagd gehen müssen, sondern andere Möglichkeiten der tierischen Selbstverwirklichung gefunden.«
    »Es war Schwarze Magie«, sagte Fooly.
    Zamorra nickte bedächtig. Wenn der Drache das sagte, stimmte es. Der Kleine war durchaus in der Lage, verschiedene Arten der Magie voneinander zu unterscheiden! Schließlich war er ja selbst ein magisches Wesen.
    Zamorra sah wieder zu Eva hinüber. Sie atmete schwerer als zuvor. »Kann es sein, daß die Wölfe etwas mit Ihrem Alptraum zu tun haben?« schoß er die Frage ins Blaue.
    Treffer!
    Sie zuckte heftig zusammen und nickte. Ihre Fassade der ehernen Selbstkontrolle zerbröckelte.
    »Das Geschehen im Dorf könnte also eine Folge des Alptraums sein?« hakte Zamorra nach.
    »Das - das ist unmöglich!« keuchte sie. »Ich bin doch wach! Schon die ganze Zeit über!«
    »Aber es sind die gleichen Bilder, nicht wahr?«
    Sie schwieg, und erst nach fast einer Minute nickte sie stumm.
    Ted und die Köchin runzelten die Stirn. So ganz wußten beide noch nicht, was sie von der Sache halten sollten.
    »Also werden wir uns das mal näher ansehen«, beschloß Zamorra. »Was den Wolf angeht, könnte ich mir vorstellen, daß er und der Rest des Rudels so etwas wie durch magische Kraft manifestierte Traumgestalten sind. Im Dorf hat der Fremde sie mit Schwarzer Magie gesteuert. Als Fooly seine Beute unter eigene Kontrolle nahm, handelte es sich natürlich immer noch um ein Traumwesen, aber Foolys Magie ist weiß. Deshalb…« - »Nicht weiß«, korrigierte Fooly prompt. »Drachenmagie ist nicht nur weiß. Sie ist bunt.«
    »Wie auch immer«, ging Zamorra darüber hinweg, »da diese Magie zumindest nicht schwarz ist, konnte der Alptraumwolf durch die M-Abwehr geschleust werden. Hat jemand eine bessere Erklärung?«
    »Die Abschirmung ist kaputt«, vermutete Madame Claire, die wie jeder im Dorf mit den Phänomenen um Château Montagne und Professor Zamorra zu leben gelernt hatte. Für sie alle war Magie nichts Spekulatives, sondern die Wirklichkeit. Sie hatten sie immerhin schon oft genug zu spüren gekommen, um nicht nur zu glauben, sondern zu wissen.
    »Haben wir schon geklärt«, stellte Nicole fest. »Sie funktioniert noch.«
    Zamorra lächelte.
    »Madame Claire, den Schrecken, den Sie erlebt haben, kann ich nur schlecht wiedergutmachen. Allenfalls über eine hypnotische Therapie, eventuell eine partielle Gedächtnislöschung, falls Sie das möchten.«
    Aus den Augenwinkeln sah er Eva erneut zusammenzucken. Auf das Stichwort Gedächtnislöschung reagierte sie mit Angst und Ablehnung. Kurz überlegte er, ob sie ihre seltsame Fähigkeit entgegen ihrer Behauptung vielleicht doch schon immer gehabt hatte und erst ein traumatisches Erlebnis zu der Amnesie führte. Vielleicht ein ähnliches Erlebnis, wie es Madame Claire hinter sich hatte? Vielleicht wollte sie sich nicht mehr daran, sondern nur noch an angenehme Dinge erinnern? Das konnte im Extremfall tatsächlich einen solchen Zustand herbeiführen wie den, in welchem sie sich nun befand. Der Alptraum war dann der Versuch ihres Unterbewußtseins, dieses Problem zu lösen.
    Aber diese extreme Abschottung ihres Unterbewußtseins, das nicht einmal einen Einblick in ein früheres Leben zuließ…
    Eva blieb ihm ein Rätsel!
    »Ich glaube, ich möchte das nicht«, riß Madame Claires Stimme ihn aus seinen Gedanken.
    »Natürlich bekommen Sie Ihren Mantel ersetzt«, fuhr Zamorra fort. »Schließlich war es ja so etwas wie ein Arbeitsunfall, nicht wahr? Auch der Schaden an Ihrem Wagen wird behoben. Ich werde das Fahrzeug und, wenn Sie wollen, auch Ihre Wohnung magisch absichern. Auch wenn ich überzeugt bin, daß wir die Sache noch in den nächsten Stunden in den Griff bekommen, kann das nicht schaden.«
    »Danke, Chef«, sagte die Köchin leise.
    Nicole stieß Zamorra an. »Ihr willst du einen neuen Mantel kaufen, aber daß ich nichts anzuziehen habe…« Sie grinste und zwinkerte der Köchin verschwörerisch zu, um dann hinter vorgehaltener Hand laut zu flüstern: »Solche Gelegenheiten muß frau doch