0619 - Jagd nach der Zeitmaschine
festem Boden absetzte. Während der rauschenden Talfahrt hatte sein Bewußtsein nur noch an einem dünnen Faden gehangen. Jetzt riß auch dieser. Die Nacht der Bewußtlosigkeit senkte sich über den Geplagten.
Als er zu sich kam, hatte er Mühe, sich an das Vorgefallene zu erinnern. Es war düster ringsum, aber nicht Nacht. Er lag am Rand eines kleinen, aber reißenden Flusses. An beiden Ufern stiegen dschungelüberwucherte Felswände steil in die Höhe. Die Schlucht war nicht breiter als zwanzig Meter. Ihre Höhe konnte Mentro Kosum nicht abschätzen. Der Himmel war eine dünne, leuchtende Linie hoch oben in unerreichbarer Ferne.
Der Anblick der lädierten Hände brachte die Erinnerung zurück.
Er war in einen Abgrund gestürzt. Er hatte versucht, sich an den Pflanzen, die die Wand des Abgrunds bedeckten, festzuhalten.
Dabei hatte er sich die Haut von den Innenflächen beider Hände geschunden.
Neben ihm lag der Desintegrator. Mentro war ins Wasser gestürzt. Er war ein paar Mal unter- und wieder aufgetaucht und schließlich gegen etwas Hartes gestoßen, das er instinktiv ergriffen hatte. Das mußte der Desintegrator gewesen sein.
Er untersuchte seine Montur. Sie hatte der Belastung in bewundernswerter Weise standgehalten. Hier und da gab es kleine Risse, aber das war nicht der Rede wert. Er griff in die Tasche, in der er seine Medikamente aufbewahrte. Sie waren vollzählig vorhanden. Er nahm ein schmerzstillendes Mittel und wartete, bis die Wirkung einsetzte.
Es war anzunehmen, daß man nach ihm suchte. Was war überhaupt aus Rune Schilt geworden? Er glaubte sich zu erinnern, daß er den Oberleutnant hatte schreien hören. War er auch abgestürzt? Er mußte sich mit der Gruppe in Verbindung setzen. Wozu hatte er den Mikrokom? Er schaltete das kleine Armbandgerät ein, aber das winzige Kontrollicht, das sonst auf der Frequenzwählscheibe aufleuchtete, blieb dunkel. Verwundert nahm Kosum das Gerät ab und musterte es von allen Seiten. Es schien unbeschädigt, wenn man von einer kleinen Beule absah, die das Gehäuse sich wahrscheinlich beim Aufprall auf einen Felsen zugezogen hatte. Durch die Verformung war zwischen der unteren und der oberen Gehäusehälfte ein kleiner Schlitz entstanden, durch den während der Talfahrt Wasser eingedrungen sein mußte. Aber die Feuchtigkeit konnte für das Versagen des Senders nicht verantwortlich sein. Die Mikroaggregate waren in sich abgekapselt.
Er versuchte, das Gehäuse zu öffnen, aber die Hände taten nicht mit. Jeder Versuch, die Finger zu krümmen, erzeugte eine Schmerzwelle, gegen die selbst das Medikament vergebens ankämpfte. Kosum beugte sich vornüber und badete die blutigen Hände im klaren Wasser des Flüßchens. Das tat gut.
Da der Mikrokom nicht funktionierte und er mit seinen Wunden nicht daran denken konnte, ihn zu reparieren, blieb ihm nur noch die Möglichkeit, aus eigener Kraft einen Ausweg aus seiner Misere zu finden. Vielleicht hatte diese Schlucht irgendwo ein Ende. Vielleicht gelang es ihm, eine Stelle zu finden, von der aus er Umschau halten und sich orientieren konnte. Notfalls würde er sich zu Fuß bis zum Tender durchschlagen. Den Desintegrator hatte er ja noch. Vor dem Dschungel brauchte er sich nicht zu fürchten. Um sich von der Richtigkeit dieser Mutmaßung zu überzeugen, schob er den Lauf der Waffe mit den Füßen so zurecht, daß die Mündung auf die gegenüberliegende Wand der Schlucht zeigte. Dann hieb er mit der Ferse auf den Auslöser. Die Waffe begann zu singen. Ein grünlich leuchtender Strahl schoß dicht über die Wasseroberfläche und fraß drüben aus der Wand einen Wust bleicher Pflanzenstränge.
Mit unendlicher Mühe gelang es Kosum, den Tragriemen des Desintegrators über die Schulter zu streifen. Die Hände begannen von neuem zu bluten, und er mußte sie wieder ins Wasser halten, um sie zu säubern. Schließlich war es getan. Er richtete sich auf und schritt am schmalen Ufer entlang in dieselbe Richtung, in die der Bach floß. Auf diese Weise, meinte er, müßte er aus dem Gebirge hinaus in die Ebene kommen, wo er sich leichter zurechtfinden würde.
Die Schlucht wurde allmählich breiter. Für Mentro Kosum war das zunächst ein Vorteil; denn nun konnte er sich freier bewegen und brauchte sich nicht immer an der Felswand entlangzudrängen. Später jedoch wurde der Uferrand so breit, daß der Dschungel sich seiner hatte bemächtigen können, ohne von jeder geringfügigen Erhöhung des Wasserpegels wieder fortgeschwemmt zu
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