062 - Das Moerderspiel
sagte: „Kommt Hilfe?“
Saturn antwortete nicht direkt.
„Ich habe einen Fehler gemacht“, sagte er. „Nachdem ich Martha getötet hatte, hätte ich ihre Leiche entfernen sollen …“
Elisabeth setzte sich auf. „Ist das nicht egal?“ fragte sie heftig. „Martha ist tot. Daran ist nichts zu ändern.“
„Es ist nicht egal“, sagte Saturn. „Sie lag dort, wo die Lawinen normalerweise abgehen. Es könnte sein, daß eine Lawine ihre Leiche bis ins Tal in die Nähe von Seefeld gebracht hat, und man hat an ihren Verletzungen gesehen, daß sie einem Mord zum Opfer fiel.“ Er zog nervös an seiner Zigarette. „Jedenfalls kommt jetzt ein Rettungszug herauf, und er kann in zwei oder drei Stunden hier sein. Wenn wir nicht gleich etwas unternehmen, sind wir verloren!“
Elisabeth runzelte die Stirn.
„Haben Sie keine falschen Hoffnungen, meine Liebe! Man wird uns beide anklagen, für dieses Massaker hier verantwortlich zu sein!“
„Sie sind wahnsinnig! Ich werde sagen, wer Sie sind!“
„Und wer bin ich? Kommen Sie, seien Sie doch vernünftig. Ich bin Gustav Jensen, ein dänischer Bergsteiger, den man seit einigen Monaten für tot hält. Meine Papiere und meine Fingerabdrücke werden meine Identität beweisen, wenn man mir nicht glaubt. Und warum sollte man mir nicht glauben? Und wo ich die ganze Zeit war? Einfach: Dr. Tauern war ein Narr, der versucht hat, an mir seine entsetzlichen Versuche anzustellen. Der Beweis? Die Narbe am Kopf, die ich früher nicht hatte.“
„Ich werde sagen, daß Sie Saturn sind!“
„Und wer wird Ihnen glauben?“
Elisabeth schwieg.
„Und stellen Sie sich vor, meine Liebe, wenn ich aus irgendeinem Grund verschwinden sollte, bevor die Rettungsmannschaft eintrifft: Man würde Sie hier allein mit sieben Leichen finden. Was, glauben Sie, wird man daraus schließen? Und Sie werden keine Möglichkeit haben zu beweisen, daß Saturn existiert. Die Aufzeichnungen Tauerns liegen unten in der Schlucht.“
Elisabeth lehnte sich gegen die Rückenlehne des Diwans. Alles, was Saturn sagte, war so logisch. Für sie war die Situation aussichtslos.
Saturn setzte sich neben sie. „Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, uns aus der Affäre zu ziehen, Elisabeth. Nur eine einzige. Wir müssen die Leichen in die Schlucht werfen, die Blutspuren entfernen und uns verstecken. Wir lassen einen Brief auf dem Tisch im Wohnzimmer, nachdem wir die elektrische Anlage außer Betrieb gesetzt haben. In dem Brief erklären wir, daß die Heizung kaputt ist und wir uns auf den Weg nach Seefeld gemacht haben. Wir schreiben, daß wir das Risiko, von einer Lawine mitgerissen zu werden, der Aussicht zu erfrieren vorzögen. Das erscheint glaubwürdig. Ohne Telefon oder einer anderen Möglichkeit, mit Seefeld Kontakt aufzunehmen, wäre es augenscheinlich, daß die Bewohner dieses Gebäudes dem Erfrierungstod ausgesetzt wären. Man wird denken, daß wir in der Lawine umgekommen sind, oder man hat noch Hoffnung und wird Suchmannschaften ausschicken, die die Lawine durchstöbern. Das wird eine vorzügliche Möglichkeit für uns abgeben, in der Zwischenzeit Seefeld zu erreichen und abzureisen.“
Elisabeth hatte das Gefühl, als wäre sie aus Eis. Saturns Plan war perfekt. In diesem Augenblick war es für ihn gewiß ein Vorteil, Tauerns großes Wissen zu besitzen.
„Wir müssen uns beeilen“, sagte Saturn. „Helfen Sie mir, die Leichen in die Schlucht zu werfen.“
Elisabeth schüttelte den Kopf. „Bitte, verlangen Sie doch das nicht von mir!“
Saturn grinste und erhob sich. „Sie sind nur eine schwache Frau, nicht wahr? Nun gut, so werde ich also die Arbeit allein machen, meine Liebe.“
Er entfernte sich, immer noch nackt, und drehte sich auf der Schwelle um. „Versuchen Sie nur nicht zu fliehen, während ich anderswo beschäftigt bin. Ohne Kleider und Schuhe kämen Sie nicht weit, und es wäre mir ein leichtes, Sie einzuholen.“
Er verließ den Raum und stieg die Treppe hoch.
Etwas später hörte Elisabeth ihn das Fenster des Laboratoriums öffnen, und nachdem er die Leichen Montanellis, Tauerns, Piwnjews, Bergers vom ersten Stock aus in die Tiefe geworfen hatte, stieß er Mitsubishi und Cramer aus dem Laborfenster, schloß es und kam in die Bibliothek zurück.
„Und die Koffer?“ fragte Elisabeth.
„Sie denken nicht, Kleines“, lächelte er. „Eine Gruppe Männer, die sich eilig auf den Weg macht, um sich durch den tiefen Schnee ins Tal zu kämpfen, schleppt kein schweres Gepäck
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