0620 - Reise durch den Zeitstrom
schaffen zu können, obwohl Sie bei der Überbrückung von nur zehn Monaten schon Schwierigkeiten hatten?"
Kol Mimo winkte ab.
„Ein ähnlicher Fehler wird mir nicht noch einmal unterlaufen.
Abgesehen davon, daß ich aus der Erfahrung gelernt habe, bin ich nicht mehr auf mich allein gestellt."
Kaum in der Nullfeldzentrale angekommen, speicherte Kol Mimo die von Alaska Saedelaere erhaltenen Zeitangaben in der Bordpositronik. Nachdem er die Uhrzeit auf die Verhältnisse der Antarktis umgerechnet hatte, verglich er die Daten noch einmal mit den Angaben des Maskenträgers.
Sie stimmten.
„Sie müssen mir auf die Finger sehen, Professor", verlangte Kol Mimo, während er am Kommandopult die ersten Schaltungen vornahm, „und alle meine Berechnungen noch einmal überprüfen. Noch einen Abstecher in eine unerwünschte Zeitebene können wir uns nicht leisten."
Über die Nullfeldzentrale senkte sich Schweigen, nur die Arbeitsgeräusche, das Atmen der Männer und ihre Schritte waren zu hören. Kol Mimo und Goshmo-Khan waren so aufeinander eingespielt, als hätten sie schon immer gemeinsam den Nullzeit-Deformator bedient. Wenn die Zusammenarbeit einmal nicht ganz klappte, dann verständigten sie sich durch Handzeichen und kurze Gesten miteinander.
Endlich entspannten sich Kol Mimo und Goshmo-Khan.
„Geschafft", seufzte Kol Mimo. Er wechselte einen Blick mit Goshmo-Khan und auf seinem lippenlosen Mund erschien ein verzerrtes Grinsen. „Sollen wir den Zeitsprung wagen, Professor?"
Goshmo-Khan nickte.
„In den Berechnungen ist uns kein Fehler unterlaufen", versicherte er. „Es könnte nur sein, daß der Nullzeit-Deformator nicht exakt funktioniert."
„Es ist doch ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, daß man sein Schicksal Fachleuten in die Hand gegeben hat, die ihrer Sache so sicher sind", meinte Mentro Kosum spöttisch.
„Diesmal wird es keine Panne geben", versicherte Kol Mimo.
„Fertig, Professor?" fragte er wenige Sekunden später.
Der Terra-Mongole nickte zustimmend.
„Ich bin auf dem Posten."
Kol Mimo ließ die acht Atommeiler anlaufen, während Goshmo-Khan die Energiezufuhr an die Nullfeldprojektoren regulierte.
Langsam kletterten die Zeiger der Armaturen über die Skalen den roten Markierungen entgegen und pendelten sich dort nacheinander ein.
Die Monitoren, die die Außenwelt zeigten, projizierten eine Eiswelt, vor der ein Vorhang aus Energie zu schweben schien.
Die energetische Glocke um den Nullzeit-Deformator verdichtete sich zusehends, wurde immer undurchdringlicher, bis die Umgebung schließlich verblaßte. Das um die Zeitmaschine gespannte Energiefeld nahm eine rötliche Färbung an - und dann leuchtete es schließlich tiefrot.
Warnsignale ertönten und zeigten an, daß das absolute Nullfeld aufgebaut war. Und nun passierte dasselbe wie bei einer Reise in die Vergangenheit, nur eben mit umgekehrten Vorzeichen.
Bei einer Reise in die Vergangenheit diente die Kuppel des Nullzeit-Deformators als Nullfelderzeuger und Gegenpol des angepeilten Vergangenheitspunktes auf der Zeitstromlinie. Beim Vorstoß in die Relativ-Zukunft wurde der Nullzeit-Deformator zum gleichwertigen Pol des Vergangenheitspunktes, was bewirkte, daß er abgestoßen und den Zeitstrom nach vorne in die Relativ-Zukunft zurückgeschleudert wurde.
Kol Mimo und Goshmo-Khan saßen mit äußerster Konzentration vor den Armaturen.
Alaska Saedelaere hatte sich in einen Kontursitz fallen lassen und starrte wie hypnotisiert auf die Monitore. Mentro Kosum stand da. Sein ganzer Körper war angespannt, als säße er unter der SERT-Haube und müßte sich auf die positronischen Impulse der Maschinerie konzentrieren. Er versuchte sich vorzustellen, was außerhalb des absoluten Nullfeldes passierte. Wie die Zeit an ihnen vorbeiraste, wie Geschehnisse, die im normalen Zeitablauf Jahrzehnte und Jahrhunderte beanspruchten, in Sekundenschnelle abrollten...
Die akustischen Warnsignale rissen ihn aus seinen Betrachtungen und brachten ihn zurück auf den Boden der Tatsachen.
Das rote Leuchten verschwand von den Bildschirmen der Monitoren, wurde von dem Pulsieren des in sich zusammenfallenden Energiefeldes abgelöst... Und dann erlosch auch das Flimmern ganz, und auf den Bildschirmen erschien wieder die Eiswüste der Antarktis.
Mentro Kosum stellte sofort fest, daß sich die Umgebung etwas verändert hatte.
Sie befanden sich nicht mehr weit in der Vergangenheit, dessen war er sicher. Und das hier war auch nicht ihre Gegenwart - das
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