Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0621 - Die Vergessene von Avalon

0621 - Die Vergessene von Avalon

Titel: 0621 - Die Vergessene von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Der eine wies auf den rechten, der andere auf den linken Sarg.
    »Dort liegen meine Eltern.«
    »Klar«, erwiderte Fuller krächzend. »Das hast du mir schon gesagt.« Er ärgerte sich über den Klang seiner Stimme. Normalerweise gehörte er zu den Leuten, die sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen ließen, in diesem Gewölbe war das anders. Da kam er sich vor wie in einer anderen Welt steckend, in der Geister regierten und die Geister der Toten unsichtbar umherschwebten.
    Melu nickte ihm zu, während sie leise lachte. »Ich weiß, daß du dich nicht wohl fühlst. Weshalb kommst du nicht näher? Du brauchst keine Furcht zu haben.«
    »Na ja…« Er runzelte die Stirn, wobei er in das Gesicht der Blinden schaute, das sich im Widerschein des Kerzenlichts verändert hatte und eine Haut zeigte, über die Licht und Schatten huschten, wobei sich beide zu einem gespenstischen Spiel vereinigten.
    Das war nicht seine Welt. Hier gab es Kräfte, die er zwar fühlen, aber nicht bekämpfen konnte.
    »Fühlst du dich tatsächlich gut?« fragte er.
    »Natürlich. Ich liebe die äußere Stille. Hier bin ich sicher, denn hier werde ich beschützt.«
    »Von wem denn?«
    »Von meinen Eltern.«
    »Verdammt, die sind tot.«
    »Spielt das eine Rolle?«
    Mit der Hand strich der Ausbrecher über sein Haar. »Für mich schon. Ich kann mir nicht vorstellen, von Toten beschützt zu werden, wirklich nicht. Das begreife ich nicht.«
    Melu bewegte nickend ihren Kopf, wobei sich der Ausdruck auf ihrem Gesicht wieder veränderte. »Doch, Brian, du mußt dir nur ein anderes Denken angewöhnen.« Sie flüsterte ihm die Antwort zu.
    Ihre Worte wischten wie ein Windhauch über die Kerzenflammen hinweg. »Die Toten sind nur Hülle. Ihr wahrer Geist kann nicht vernichtet werden. Das mußt du begreifen lernen.«
    »Dann… dann …«, er schaute sich um und suchte nach Worten.
    »Sind die Geister deiner Eltern noch hier?«
    »Natürlich. Sie haben doch versprochen, mir zu helfen. Sie brachten mich auf ihn.«
    »Auf wen?«
    »John Sinclair. Sie gaben mir den Tip. Ich suchte ihn, ich habe ihn gefunden, das heißt, er hat mich gefunden, und er wird bald hier erscheinen. Ich muß meinen toten Eltern dankbar sein, die dennoch für mich noch leben.«
    »Ja – hm…« Er deutete auf die Särge. »Hast du die beiden da hineingeschafft?«
    »Du meinst die Särge?«
    »Klar.«
    »Es gehörte zu meinen Aufgaben. Aber ich mache dir einen Vorschlag. Möchtest du sie vielleicht sehen? Soll ich dir meine Eltern zeigen, damit du dich überzeugen kannst.«
    Brian Fuller atmete zischend. Er ärgerte sich darüber, daß die Gänsehaut noch nicht verschwunden war. »Dazu müßtest du die Särge allerdings öffnen.«
    »Es geht leicht, glaub mir.«
    »Die sind doch zu.« Er sagte einfach etwas, um überhaupt was zu tun und nicht nur um dumm herumzustehen.
    Melu lächelte. »Ja, sie sind geschlossen. Nur ist es ein Unterschied, ob der Deckel fest auf den Unterteilen sitzt oder nicht.«
    »Tatsächlich?«
    Sie nickte ihm zu. »Ja, ich kann die Deckel nicht verschließen, weil ich die beiden oft sehen muß.«
    Er nickte in ihre Richtung. »Tote anschauen, wie?«
    »Es sind meine Eltern. Sie haben mir viel gegeben, und sie geben mir noch viel.« Dann winkte sie ihm. »Ich weiß, daß du ziemlich weit von mir entfernt stehst. Bitte, komm näher zu mir, Brian.« Sie hob wieder ihren Kopf. Er konnte direkt in ihre Augen schauen, wo er nichts erkannte, bis auf Licht und Schatten, die über ihr Gesicht zuckten und auch die Augen nicht ausgelassen hatten. Sie erfüllten sie mit einem geheimnisvollen Leben.
    Der Ausbrecher konnte nicht anders, er mußte ihr folgen. Fuller war in dieser für ihn fremden Welt gelandet, jetzt mußte er mit ihr zurechtkommen und auch das Negative tragen.
    Im Knast hatte er sich durchschlagen können. Da waren die Gegner echt gewesen, hier sah es anders aus. Er fühlte sich trotz allem umzingelt. Er wußte, daß etwas Fremdes in diesem Gewölbe lauerte und ihn unter Kontrolle hielt.
    Dieses Fremde gab ihm einen Schub. So jedenfalls kam er sich vor, als er die ersten Schritte auf die beiden Särge zuging. Sein Magen verkrampfte sich, er wollte die Totenkisten nicht anschauen und blickte statt dessen in das Gesicht der jungen Melusine.
    Sie stand vor den beiden Särgen wie eine Statue. Nichts regte sich in ihrem Gesicht, nur die toten Augen lebten durch den Widerschein. In den vergangenen Minuten schien sie trotzdem eine andere Person geworden zu sein. Melu

Weitere Kostenlose Bücher