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0621 - Die Vergessene von Avalon

0621 - Die Vergessene von Avalon

Titel: 0621 - Die Vergessene von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatte ihre alte Hülle abgestreift und die neue kurzerhand übergezogen.
    Lag es möglicherweise am Vorhandensein ihrer toten Eltern? Er wußte es nicht, er spürte nur die Wärme der kleinen Flammen, an denen er langsam vorbeiging, als wollte er die Entdeckung so lange wie möglich hinauszögern.
    Vor den Särgen blieb er stehen. Fuller konnte das Mädchen sehen, sie ahnte ihn nur.
    »Wir werden die beiden Deckel gemeinsam abheben. Du mußt beide anfassen und dir einen Ruck geben, alles weitere ist sehr leicht. Wie gesagt, sie liegen nur lose auf den Unterteilen.«
    Verdammt noch mal, was tust du da! sagte er sich. Du läßt dich von dieser Kleinen zu Handlungen hinreißen, die du früher abgelehnt hättest. Was kann das nur sein?
    Er bekam keine Antwort, aber er fühlte sich plötzlich wieder wie ein Gefangener, nur eben anders, nicht mehr umgeben von Gittern und Mauern, dafür von Geistern.
    »Fertig?« fragte sie. Melu hatte sich gebückt und beide Hände an die Sargdeckel gelegt.
    »Sicher.«
    »Dann los!«
    Sie schafften es, die Deckel gemeinsam in die Höhe zu heben. Für einen Moment hielt der Ausbrecher die Augen geschlossen, weil er die Entdeckung so weit wie möglich hinauszögern wollte.
    »Na – siehst du sie?«
    Melu hatte die Frage flüsternd gestellt, und jetzt mußte er ihr eine Antwort geben.
    Brian Fuller schaute hin. Seine Blicke richteten sich starr in beide Särge. Er merkte nicht einmal, wie ihm die Deckel aus den Händen rutschten, denn was in den Särgen lag, das waren tatsächlich zwei Tote, ein Mann und eine Frau.
    Aber wie sahen sie aus!
    »Meine Eltern«, hörte er Melusine de Lacre flüstern, »das sind meine Eltern, Brian. Sind sie nicht schön…?«
    ***
    Vor mir stand ein Pferd, als ich von der Küstenstraße abgebogen und in den schmalen Weg hineingefahren war, der mich zu dem Haus führte, in dem Melusine de Lacre lebte.
    Es lag ziemlich versteckt, war von einem großen Garten umgeben, in dem zahlreiche Bäume standen, die allerdings ihr Winterkleid zeigten, denn sie hatten alles Laub verloren.
    Ich stieg aus, nachdem ich den Rover auf ein Wiesenstück gefahren hatte, und lauschte dem Meer, dessen ewiges Rauschen an meine Ohren drang.
    Es war eine Musik, die ich mochte, die mich beruhigte, nur war ich nicht hergekommen, um Ruhe zu finden. Ich wollte einen Fall auflösen oder zumindest einen gewissen Zusammenhang zwischen mir und einer mir unbekannten Person finden.
    Über einen mit Laub bedeckten Steinweg schritt ich auf das Haus zu. Da in der vergangenen Nacht ein Orkan über die südliche Küste unseres Landes hinweggeweht war, konnte ich auch hier die Spuren einfach nicht übersehen.
    Der Wind hatte Zweige und Äste von den Bäumen gezerrt und sie malerisch verstreut. Ein Baum war sogar von dem wuchtigen Anprall geknickt worden. Er befand sich in einer Schräglage, als wollte er sich vor dem Untergrund verbeugen.
    Ich hielt nach einem Eingang Ausschau, ohne ihn allerdings entdecken zu können. Dafür schlug der Weg eine Kurve nach links. Wenn mich nicht alles täuschte, würde er an der Seite des Hauses enden.
    Sehr eilig hatte ich es nicht und konnte mir deshalb meine Gedanken machen, während ich die Umgebung genau betrachtete. Von einer Melusine de Lacre hatte ich noch nie zuvor gehört, auch dieses Haus bekam ich zum erstenmal zu Gesicht. Niemals zuvor war es mir beschrieben worden, dennoch kam es mir nicht zu fremd vor.
    Es strömte mir gegenüber eine gewisse Vertrautheit aus, über die ich mich wunderte und auch leicht erschreckte. Ich kam nicht als Fremder, mehr als Vertrauter oder Gast.
    Wieso?
    An der Seite fand ich den Eingang, geschützt durch einen Windfang. Ich stand günstig und konnte über die Frontseite des Hauses hinweg bis hin zum Meer schauen. Das Wasser erinnerte mich an einen grüngrauen Vorhang, der in ständiger Bewegung war. Schiffe entdeckte ich nicht, dafür die hellen Schaumkronen der Brandungswellen, wenn das Wasser gegen vorgelagerte Felsen schlug.
    Die Luft war kalt, sie roch würzig, und ich freute mich über ihre erfrischende Klarheit.
    Das gesamte Grundstück machte mir einen etwas verwilderten Eindruck. Nun, es war Winter, wer pflegte da seinen Garten schon, wenn er ihn nicht unbedingt zu einem Hobby gemacht hatte?
    Gesehen hatte mich wohl niemand. Jedenfalls kam keiner, um mir die Tür zu öffnen.
    Ich entdeckte einen Klingelknopf und drückte ihn mit dem Zeigefinger nach unten.
    Zwar schlug im Haus eine Glocke an, aber sie lockte keinen

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