0626 - Dracula II ist wieder da
gerüstet.
Daß Sir James sie in seine Pläne eingeweiht hatte, sah sie als Ehre an.
Allerdings hätte sie sich gewünscht, mehr zu wissen. Ihr war nur bekannt, daß es sich bei diesem Fall um eine spektakuläre Sache handelte, die sich bis in die höchsten Kreise hineinzog und sogar das Königshaus tangieren sollte.
Genau wußte Jane es nicht. Sie mußte sich da auf gewisse Andeutungen verlassen.
John Sinclair und Suko spielten eine gefährliche Hauptrolle. Wieder einmal waren beide gezwungen, ihr Leben zu riskieren, das hatte ihr Sir James mit einer Stimme erklärt, aus der kaum Hoffnung geklungen war. Der Superintendent mußte unter einem starken Druck stehen und leiden.
Sie ließ sich das letzte Gespräch mit ihm noch einmal durch den Kopf gehen. Seine Stimme hatte nicht eben hoffnungsfroh geklungen, sie war nicht einmal neutral gewesen, also hatte Sir James weiterhin gelitten. Selbst der Besuch dieses Rick Morley hatte ihn nicht davon befreien können.
Jane wußte, wie der Mann aussah. Der Beamte am Empfang hatte ihn beschrieben. Wenn das tatsächlich stimmte, war er ihr schon unsympathisch. Es gab gewisse Typen, die Jane nicht mochte. Von der Beschreibung her gehörte Morley dazu, nur würde sie ihn dies nicht merken lassen.
Sir James hatte sie zudem vergattert. Jane durfte über ihre neue Aufgabe nicht sprechen. Deshalb hatte sie auch Lady Sarah Goldwyn gegenüber den Mund gehalten, was ihr mehr als schwer gefallen war. Irgendwo kam sie sich wie eine Verräterin vor.
Zudem bestand zwischen ihr und der Horror-Oma ein enges Band der Freundschaft, aber Sarah hatte es schließlich aufgegeben, Fragen zu stellen, es wäre der Sache nicht dienlich gewesen. Beim Abschied allerdings hatte Lady Sarah Tränen in den Augen gehabt. Instinktiv hatte auch sie gespürt, daß es gefährlich werden konnte.
Jane Collins ging zur Tür. Sie mußte die Gedanken an die nahe Vergangenheit abschütteln und sich auf die Gegenwart konzentrieren, die den Namen Rick Morley besaß.
Den wasserdichten Regenmantel hatte Jane nicht ausgezogen und den Gürtel eng um die Taille geschlungen. An den Füßen trug sie halbhohe Stiefel. Draußen regnete es wie aus Kannen, es war wieder windig geworden, so daß die Regenschleier als gewaltige Fontänen durch die Straßen von London wehten.
Jane hatte die Tür so weit geöffnet, daß sie den Ausgang direkt im Blickfeld hatte. Die Fahrstühle konnte sie nicht sehen, das war nicht weiter tragisch, denn sie hörte plötzlich Schritte, dann sah sie Morley die Halle durchqueren.
Auch er trug einen Mantel. Noch im Gehen streifte er sich das Ding über. Seine Füße waren schmutzig, in der Helligkeit des Lichts wirkte das Gesicht des Mannes bleich.
Die Glotzaugen stachen hervor, um seine Lippen lag ein kantiges Lächeln, das auch Triumph zeigte. Er sah aus wie einer, der es geschafft hatte.
Die Suppe wollte ihm Jane versalzen, nur durfte sie sich dabei nicht erwischen lassen. Sie mußte aufpassen. Typen wie dieser Rick Morley waren oft sehr mißtrauisch. Die rochen die Gefahr schon meilenweit. Nur so konnten sie überleben.
Jane hatte ihn als ein Nagetier im Sumpf der Londoner Unterwelt eingestuft, das sich dort durchfraß und auch immer zurecht kommen würde.
An der Ausgangstür drehte er sich noch einmal um, weil er einen letzten Blick in die Halle werfen wollte. Es kam Jane so vor, als würde Morley anwachsen. Rasch zog sie die Tür zu, wartete einige Sekunden, öffnete, und Morley war verschwunden.
Jane lief durch die Halle.
»Er ist gerade weg!« sagte der Mann am Empfang.
»Danke.«
Auch sie huschte nach draußen, stand für einen Moment im Licht, das sie sehr schnell verließ, suchte nach Morley und sah ihn auch an der Häuserzeile vorbeigehen.
Durch Fürsprache des Superintendenten hatte Jane ihren Golf an einem bestimmten Fleck abstellen dürfen. Der Wagen würde da weiter stehenbleiben, denn wie es aussah, wollte Morley zu Fuß gehen.
Es war ein kleines Wunder geschehen. Der mit Schnee vermischte Regen hatte aufgehört. Nur mehr ein kalter Wind blies durch die Straßen der Stadt und wehte wie mit Eishänden gegen das Gesicht der Detektivin.
Morley schlug den Weg zum St. James’s Park ein. Wenn er tatsächlich in den Park wollte, konnte das nur bedeuten, daß er dort jemanden traf.
Jane Collins hielt einen entsprechenden Abstand. Auch wenn sich der Knabe mal umdrehte, würde er Jane nicht so leicht erkennen können.
Die meisten Kneipen und Pubs hatten geschlossen. Es gab
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