0626 - Dracula II ist wieder da
auch raten, stets hinter mir zu bleiben, sonst seid ihr nachher noch verschwunden.«
»Keine Sorge, wir verlassen uns auf Sie, Morley.«
Er grinste uns scharf an, gab allerdings keinen Kommentar, öffnete die Tür und duckte sich, weil peitschende Regenschauer schon jetzt gegen ihn schlugen.
Das konnte ja heiter werden.
Gespannt war ich darauf, ob wir tatsächlich ein mit Puppen belegtes Massengrab finden würden…
***
Vor uns tanzte die Laterne bei jeder etwas zu heftigen Bewegung.
Ihr gelber Schein strich auch über die dunkle Gestalt des Mannes, der zielsicher den Pfad entlangschritt, der uns in eine unheimliche Landschaft hineinführte, durch die der Wind, Regen und Schnee peitschte. Auch in unsere Gesichter.
Es war ein Sauwetter!
In Nächten wie diesen verfluchte ich meinen Job. Da stand er mir bis Unterkante Oberlippe, andererseits jedoch war ich wiederum froh, nicht am Schreibtisch zu hocken und dort die Stunden zu vertrödeln.
Wir gingen hintereinander, wobei Suko den Schluß machte.
Von der Gegend bekamen wir so gut wie nichts mit. Wenn der Wind aufbrauste, dann veränderte er das Gesicht der Büsche und kargen Sträucher. Sie neigten sich uns wie schwerfällige Gespenster entgegen, als wollten sie uns mit den langen, kahlen Zweigen anfassen und streicheln.
Wir liefen durch tiefe Pfützen oder über schlammige Hügel hinweg. Manchmal hatte ich den Eindruck, wegzuschwimmen, weil sich vor uns eine riesige Lache aus Wasser ausbreitete, in die die Tropfen hineinpeitschten und Kreise schlugen.
Rick Morley ging unbeirrt seinen Weg. Er kannte sich hier aus. Wir glaubten auch nicht daran, daß er uns in eine Falle führen wollte, schließlich wollte er auch noch ein wenig am Leben bleiben.
Die tanzende Lampe, der zuckende Schein, der glänzende Rücken des Mannes, die Schauerstaffeln, das waren unsere Begleiter bei diesem Mistwetter. Manchmal sah das Sumpfgras aus wie ein dunkler Teppich, über den der Wind strich und ihn wellte. Am Himmel erkannten wir keine Wolken, alles verschwamm in einem widerlichen Grau, das auch stark auf unsere Gemüter drückte.
Ich kämpfte mich weiter voran, blieb im Schatten des vor mir stehenden Rick Morley, starrte auf dessen Rücken und sah, wenn er dicht an einem der Krüppelbäume vorbeistrich, deren Äste heller aufblinken und wie gekrümmte Geisterarme nach uns greifen.
Klatschnaß war mein Gesicht, die Füße ebenfalls, denn im Gegensatz zu Morley trugen wir keine wasserdichten Stiefel. Nur hatte keiner von uns ahnen können, durch was wir uns zu schlagen hatten. Manchmal steckten die Nächte voller böser Überraschungen.
Wir kamen uns vor wie in einer fremden, dunklen Welt. Es war alles gleich, der rauschende Regen, die dunklen Farben, kein Silberstreif, bis auf das tanzende Licht der alten Sturmlaterne, die uns hier gute Dienste erwies.
Auf einer kleinen Erhöhung blieb Morley stehen und wartete auf uns. Er hatte den rechten Arm erhoben. Das Licht fiel gegen sein Gesicht. Über die Haut rann Regenwasser in langen Bahnen. Suko und ich sahen auch nicht anders aus.
»Wie geht es euch?«
»Dumme Frage«, motzte ich ihn an. »In meinem Bett würde ich mich wohler fühlen.«
Er lachte gegen den Wind. »Irgendwie freue ich mich, daß ich euch Bullen mal aus der Ruhe hervorgerissen habe.«
»Ruhe.« Ich winkte ab. Erklärungen fügte ich nicht hinzu. Es hatte keinen Sinn, ihm etwas über unseren Job zu erzählen, denn Nächte hatten wir uns schon des öfteren um die Ohren geschlagen.
»Sagen Sie uns lieber, wie weit wir noch zu laufen haben, Morley.«
Er deutete mit der freien Hand nach vorn. »Ein paar Minuten nur, dann erreichen wir eine kleine Senke.«
»Ist die nicht mit Wasser vollgelaufen?« fragte Suko.
Morley schüttelte den Kopf. »Nein, die nicht. Die ist sogar ziemlich trocken, eine Laune der Natur, wie ich finde.«
»Wie haben Sie die Puppen denn entdeckt? Durch Zufall, oder wußten Sie Bescheid?«
Er wischte Wasser aus dem Gesicht, bevor er mir eine Antwort gab. »Ganz einfach, ich habe mich für die Laune der Natur interessiert. Ich wollte dort etwas pflanzen, mußte graben, dann sah ich es. Das Wasser sickert dort ziemlich gut ein, müssen Sie wissen.«
»Mal sehen.«
Wortlos drehte sich Morley um und ging weiter. Suko und ich blieben in seinem Schlepptau. Im Hals spürte ich ein Kratzen und ahnte, daß mich eine Erkältung erwischen würde. Kein Wunder bei dem Wetter.
Wieder konzentrierte ich mich auf die schwankende Gestalt und den
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