0626 - Dracula II ist wieder da
schön…«
»Ist gar nicht schön.« Sein Gesichtsausdruck änderte sich. Es kam mir vor, als hätte er unter einer gewissen Angst zu leiden. »Das ist wirklich nicht schön, Mister, denn es ist nicht nur die eine Frau, die ich gekillt habe.«
»Ich dachte, es wäre eine Puppe«, warf Suko ein.
»Möglich.«
»Verdammt, Morley, was ist es denn nun? Eine Puppe oder eine Frau? Wir wollen uns von Ihnen nicht länger auf den Arm nehmen lassen, das steht fest.«
Er legte den Kopf schräg, schob die Unterlippe vor und schielte uns von der Seite her an. »Es ist Wahnsinn, ich mußte es tun. Ich… ich mußte die Umwelt reinigen.«
»Kommen Sie zur Sache!« forderte ich ihn auf.
Er bewegte seinen Kopf und schaute gegen das Licht der Petroleumleuchte. »Ich hasse Puppen!« keuchte er. »Ich hasse sie. Es ist ja nicht nur die eine.« Er stand auf, ging einen Schritt und blieb dicht vor mir stehen. »Nicht nur die eine, Bulle.«
»Dann gibt es noch eine Puppe oder Frau?«
»Eine?« Plötzlich lachte er schrill. »Ich kann euch zu einem Massengrab führen…«
***
Das war der zweite Hammer, den er uns servierte. Ich verzog das Gesicht. Wenn es gewisse Wortschöpfungen gab, die ich haßte, dann gehörte der Begriff Massengrab dazu. Auf meinem Rücken spürte ich Eis, auch Suko hatte einen Schauer bekommen.
»Sagen Sie das noch einmal!«
»Gern.« Lässig wiederholte Morley den Begriff. Suko hakte sofort nach.
»Sie behaupten also, daß Sie ein Massengrab gefunden haben, nicht wahr?«
»Richtig.« Er bekam Oberwasser und grinste.
»Darf man fragen, wo sich dieses Grab befindet?«
»Klar doch.« Zunächst brauchte er eine neue Zigarette, dann bekamen wir die Antwort. »Es befindet sich nicht weit von hier. Wenn ihr wollt, kann ich euch hinbringen. Wir müssen allerdings durch den Sumpf. Wollt ihr euch meiner Führung anvertrauen?«
Ich nickte.
»Schön, meinetwegen können wir sofort los. Ich finde es auch in der Dunkelheit.«
»Mich würde noch interessieren«, sagte Suko, »weshalb Sie auf uns geschossen haben?«
Da lachte er uns an. »Schauen Sie sich mal um! Hier ist es schlimm. Ich wohne mutterseelenallein. Was meinen Sie, wie die Leute darauf warten, mir eins über den Schädel zu geben. Und der Sumpf ist eine wahre Fundgrube. Ich habe die MPi im Sumpf gefunden, sie gereinigt und sie behalten. Das Sie Bullen sind, konnte ich nicht wissen. Ich weiß nicht mal eure Namen.«
Wir stellten uns vor.
»Ach wie schön. Gehört habe ich sie nicht, aber das macht nichts. Aus London seid ihr…«
»Wo sie das Messer in die Puppe schlugen und verschwanden. Ich hätte noch eine Frage.«
»Sicher, Sinclair.«
»Wie ist es möglich, daß Blut aus der Puppe spritzte, als Sie die Klinge hineinhieben?«
Seine Augen weiteren sich und bekamen einen glasklaren Ausdruck. »Blut, fragen Sie?«
»Richtig.«
»Das weiß ich nicht.«
»Kann die Puppe nicht doch eine Frau gewesen sein?« erkundigte sich Suko.
Morley lachte kichernd. »Ihr wollt mir etwas anhängen, Bullen. Es ist doch so, was euch nicht in den Kram hineinpaßt, das darf eigentlich nicht sein – oder?«
»Nichts wollen wir. Nur die Wahrheit wissen.«
Er schaute mich für einen Moment an. Das Licht malte seinen Schatten auf den Boden. »Die könnt ihr von mir präsentiert bekommen«, erklärte er wie ein Schauspieler auf der Bühne. »Ihr dürft euch nur nicht vor dem Wetter fürchten.«
»Keine Sorge, wir sind nicht aus Zucker!« sagte Suko.
Wetterfeste Kleidung trugen wir. Wasserabweisende Jacken, eine Art von Anoraks. Sie waren ziemlich dunkel gehalten, so daß wir mit der Finsternis verschmelzen konnten.
Der Mann drehte uns den Rücken zu. Er öffnete eine schmale Tür, die im Schatten lag und erst jetzt von uns entdeckt wurde. Dahinter lag ein Raum, der einem Anbau glich. Morley fand sich auch im Dunkeln zurecht. Er kramte einen langen Mantel hervor, dessen Außenhaut wie mit Öl eingerieben glänzte. Einen Stock und eine Laterne nahm er ebenfalls mit.
»Die MPi lasse ich lieber hier«, sagte er grinsend. »Sonst werdet ihr noch nervös.«
»Brauchen Sie die Waffe denn?«
»Man kann nie wissen.«
»Für uns bestimmt nicht«, erklärte Suko.
Morley schwieg und streifte die Kapuze in die Höhe. Jetzt war nur sein Gesicht zu sehen. »Dann wollen wir mal«, erklärte er.
»Wie lange werden wir denn unterwegs sein?« wollte ich noch wissen.
»Nicht ganz dreißig Minuten. Leider können wir nicht fahren, der Weg ist sehr weich. Ich würde euch
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