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0627 - Tanz der Kobra

0627 - Tanz der Kobra

Titel: 0627 - Tanz der Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sich nicht zu sehr aufheizte, und die Fenster wurden ein Stück heruntergekurbelt. Das war kein Risiko; selbst wenn die Kobras sich befreiten, kamen sie nicht so hoch, um Halt an der oberen Glaskante zu finden und sich nach draußen zu ziehen. So kräftig waren ihre Körper nicht.
    Schließlich war das Lager fertig eingerichtet. Andra wollte gerade die anderen bitten, mit ihm auf die Jagd nach einer neuen Schlange zu gehen, als er die beiden Fremden sah.
    Einen Mann und eine Frau. Europäer. Die Frau trug Gepäck. Und beide trugen seltsame Handwaffen an den Gürteln, wie Andra sie noch nie gesehen hatte. Das waren auf keinen Fall normale Pistolen.
    Der Mann trug dazu ein eigenartiges Schmuckstück. Eine handtellergroße, reich verzierte Silberscheibe. Für einen Mann eigentlich viel zu auffällig, wenn man nach den Maßstäben der Europäer ging. Andra fühlte sofort, daß diese Scheibe mehr als ein Schmuckstück war, daß sie noch eine ganz andere Bedeutung hatte.
    Die Frau ließ das Gepäck fallen. Sie verneigte sich ebenso wie der Mann mit gefalteten Händen.
    Andra schluckte. Daß jemand ihn, einen Paria, in dieser respektvollen Form grüßte, mußte er erst mal verkraften.
    »Bevor Sie etwas falsches denken, Sahib«, sagte er rasch auf Englisch, »wir gehören nicht zu diesem Dorf. Wir sind nur Durchreisende, Gaukler, die ein wenig mit Schlangen spielen…«
    Der dunkelblonde Mann richtete sich wieder auf.
    »Mit Schlangen spielen?« sagte er. »Das trifft sich gut. Dann sind Sie vermutlich genau die Leute, die wir treffen wollen.«
    ***
    Die Messing-Kobra kroch zwischen den kleinen Häusern entlang. Nach einer Weile fand sie ein Opfer.
    Der alte Mann saß vor seinem Haus auf einem Stuhl und träumte vor sich hin. Er würde Ssacah nicht mehr viel Lebensenergie bringen, aber es gab jetzt Wichtigeres. Der Befehl, den Tegore ausgesandt hatte, ließ keinen Entscheidungsspielraum.
    Der Ssacah-Ableger kroch unbemerkt am Stuhlbein empor.
    Keine normale Schlange hätte das fertiggebracht, aber die Messing-Kobra war keine normale Schlange, sondern ein Teil des Kobra-Dämons Ssacah. Sie schob sich jetzt über das Bein des Mannes hoch.
    Er spürte die Berührung, aber er war langsam, viel zu langsam. Die Messing-Kobra biß zu. Der alte Mann erstarrte. Er schrie nicht einmal vor Schreck auf; er war wie gelähmt vor Entsetzen. Eine Schlange wie diese hatte er noch nie zuvor gesehen, wußte nicht, wie er sie einzuordnen hatte. Er wußte nur, daß er beim Biß einer unbekannten Schlange sich so wenig wie möglich bewegen durfte, damit das Blut nicht schneller durch seine Adern pulsierte, um damit das Gift noch schneller dem Herz entgegenzutragen.
    Entgeistert sah er die unterarmlange Schlange an, die sich jetzt weiter an ihm entlangbewegte. Er atmete tief ein, um einen Hilfeschrei von sich zu geben, seine beiden Hände bewegten sich mit furchterfüllter Langsamkeit auf die Schlange zu, um sie am Schwanz zu packen und dann schnell fortzuschleudern - doch bevor er dazu kam, auch nur eines seiner Vorhaben zu verwirklichen, biß sie schon ein zweites Mal zu. Diesmal erwischten ihn ihre Giftzähne an der Brust.
    Da war der alte Mann tot.
    Seine Lebensenergie ging in Ssacah auf, und auf seinem Schoß lagen zwei Messing-Kobras.
    Er lächelte. Rasch griff er zu und legte die beiden Schlangen auf den Boden zurück, damit sie niemand zu früh bemerkte.
    Während die beiden Messing-Kobras davonglitten, blieb der tote alte Mann ruhig sitzen und wartete ab. Ssacah würde ihm schon rechtzeitig mitteilen, wenn es nötig wurde, daß er etwas tat.
    ***
    Zamorra fühlte, daß etwas nicht stimmte. Das Amulett warnte zwar nicht vor Schwarzer Magie, aber er konnte deutlich spüren, daß in diesem Dorf etwas nicht in Ordnung war. Er spürte auch die Unruhe des Mannes vor ihm, der sich als Andra Bendhi vorgestellt hatte. Aber der Mann war selbst nicht schwarzmagisch belastet.
    Zamorra überlegte, wie er das Gespräch auf dieses Phänomen bringen konnte. Er wußte nicht, wie Andra Bendhi darauf reagieren würde. Es gab zwar keine Tarnung mehr zu verlieren, aber Zamorra wollte trotzdem nicht zu leichtsinnig sein.
    Bendhi und seine Leute waren also Schlangenfänger. Zamorra hatte von diesen Gauklern gehört. Ganze Familien verschrieben sich dieser Tätigkeit und zogen besonders durch den Norden Indiens, um in den Dörfern Vorstellungen zu geben, mit denen sie sich ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie wurden nicht reich dabei, aber es langte gerade

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