0627 - Tanz der Kobra
eben so zum Leben.
Sie arbeiteten vorwiegend mit Giftschlangen.
Sollte diese Gauklerfamilie etwas mit Ssacah zu tun haben?
»Sagen Sie«, begann Zamorra etwas zögernd, »kennen Sie jemanden namens Rabindra Tegore?«
»Nein«, sagte Andra Bendhi. »Suchen Sie ihn?«
Zamorra wechselte einen schnellen Blick mit Nicole. »Ihn«, sagte er. »Sie glauben also, daß es sich um einen Mann handelt?«
Bendhi hob die Brauen. »Natürlich.«
»Also doch«, brummte Zamorra. »Ein Männername.«
Bendhi sagte nichts, wartete nur ruhig ab.
»Wir trafen eine Frau, die sich Rabindra Tegore nannte«, sagte Zamorra schließlich. »Aber wenn Sie Tegore nicht kennen, ist es unwichtig. Sagt Ihnen der Name Ssacah etwas?«
»Ssacah? Ich hörte von ihm. Er soll einer der bösen Dämonen gewesen sein. Ein Mann namens Zamorra soll ihn vor vielen Jahren erschla… Verzeihen Sie, Sahib Professor. Sie sagten bei unserer Begrüßung, Ihr Name sei Zamorra. Sie sind doch nicht etwa…?«
»Ich habe meine Arbeit damals nicht richtig gemacht«, gestand Zamorra. »Denn Ssacah existiert wieder. Wußten Sie nichts davon?«
»Nein«, sagte Andra Bendhi ehrlich bestürzt.
»Ich bin hier, um weiterzumachen«, sagte Zamorra. »woher wußten Sie, daß Ssacah erschlagen wurde?«
Bendhi verneigte sich.
»Wir sind Freunde der Schlangen. Wir kennen die guten und die bösen Dämonen. Wir erfahren, wenn die bösen unter Shivas Kindern Macht verlieren oder gewinnen. Aber daß die bösen Kinder Shivas wieder ihren bösen Dämon haben, das wußten wir nicht.«
»Er sagt die Wahrheit«, flüsterte Nicole auf russisch, die Andras Bewußtsein telepathisch sondiert hatte.
»Die bösen Kinder Shivas«, wiederholte Zamorra bedächtig. »Das klingt seltsam.«
»Vielleicht seltsam für jemanden, der nicht unserem Glauben anhängt. Verzeihen Sie, Sahib. Dies ist keine Kritik, sondern nur eine Vermutung.«
Zamorra lächelte.
»Das, woran jeder von uns glaubt, ist viel größer, als wir ahnen können«, sagte er, »und welchen Namen es trägt oder welche Geschichte uns darüber gelehrt wurde, ist unbedeutend angesichts seiner göttlichen Großartigkeit. Es ist das Prinzip des Guten, an das wir glauben und nach dem wir streben in der Hoffnung, ihm einst näher zu kommen.«
Andra nickte.
»Sie sagen das, wie es noch keiner aus dem Abendland tat. Läßt Ihr Gott Ihnen eine solche Freiheit?«
»Er ist das Prinzip der Freiheit. Bedauerlicherweise verstehen viele seiner Diener das nicht so und versuchen sich über ihre Mitmenschen zu erheben, um sie im Namen Gottes zu beherrschen -ob er damit einverstanden ist oder nicht. Doch er wird jeden von uns eines Tages zur Rechenschaft ziehen, für gute und für böse Taten - dann, wenn er es für richtig hält. So lange hoffe ich, daß ich immer das richtige tue und in seinem Sinn handele. Es steht mir nicht zu, über den Glauben anderer Menschen zu urteilen.«
Andra lächelte. »Wenn Sie ins Dorf gehen, wird man Ihnen Gastfreundschaft gewähren. Sie sollen aber wissen, daß Sie auch bei uns willkommen sind.«
»Ich denke, daß wir uns noch weiter unterhalten sollten«, sagte Zamorra. »Speziell über Ssacah und seine Schlangen. Sind Ihnen in letzter Zeit Ssacahs Ableger aufgefallen? Messing-Kobras? Unterarmlang, metallisch, starr…«
Andra nickte.
»Wir hatten eine solche Kobra unter uns. Ich ahnte, daß sie böse ist. So sehen Shivas böse Kinder aus?«
»Was ist mit der Kobra passiert?« fragte Zamorra erregt.
»Belani«, Andra wies auf eine junge Frau, die sich weit von ihnen entfernt hielt, »gab ihr die Freiheit zurück.«
»Wo war das?«
»Drei Dörfer zurück, am frühen Morgen. Hätten wir das nicht tun sollen?«
»Sie hätten diese Kobra erst gar nicht in Ihre Sammlung aufnehmen sollen«, sagte Zamorra leise. »Aber vermutlich haben Sie überhaupt nicht geahnt, was Sie da in der Hand hielten. Sagen Sie, Bendhi - ist jemand aus Ihrer Familie von der Messing-Kobra gebissen worden?«
»Nein.«
»Ganz bestimmt nicht?«
»Ganz bestimmt nicht.«
Zamorra atmete tief durch. Das fehlte ihm gerade noch, an eine ganze Gruppe von Ssacah-Dienern zu geraten. Er glaubte zwar, selbst inzwischen eine Art Immunität gegen den Ssacah-Keim erworben zu haben; er hatte die bisherigen Bisse überstanden. Aber das war zu Panshurabs Zeit gewesen. Bishop ging neue Wege, das hatte er in Florida gezeigt. Vielleicht gab es mittlerweile eine neue Generation von Ssacah-Ablegern, gegen deren Gift Zamorra nicht mehr gefeit
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