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0628 - Die Geister vom Leichenbaum

0628 - Die Geister vom Leichenbaum

Titel: 0628 - Die Geister vom Leichenbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sein Gesicht gepreßt.
    Sir Edgar erging es kaum anders. Er lag auf den Knien, wollte nichts sehen, und die Geister hatten freie Bahn, die Zelle zu verlassen.
    Halifax heulte wie ein Schloßhund. Er taumelte durch seine Zelle, als wäre er dabei, einen Ausgang zu suchen, ohne ihn allerdings finden zu können.
    Schließlich bewegte er sich auf die offene Tür zu, erreichte den Gang, den ich mittlerweile auch betreten hatte und konnte mit ansehen, daß es für die blauen Geister kein Hindernis gab.
    Sie huschten durch das dicke Mauerwerk, als wäre es gar nicht vorhanden.
    Und Halifax rannte ihnen nach. Es sah grotesk aus, wie er sich bewegte. Beim Laufen schleuderte er seine Beine vor, stieß Sir Edgar aus dem Weg, der ebenfalls fliehen wollte, und wurde erst durch zwei hinzueilende Wärter gestoppt.
    Einer schleuderte ihn zurück, der andere schlug ihn nieder. Schwer atmend und groggy blieb Halifax auf dem Boden liegen. Wenig später lachte er schrill, gab seinen Kommentar mit einer normalen Stimme ab und nicht mit einer, die sich aus fünf Tonarten zusammensetzte.
    »Jetzt sind sie wieder frei. Jetzt sind sie wieder frei. Sie werden alles kontrollieren, denn sie sind mächtig, so wahnsinnig mächtig. Ihr habt sie befreit, ihr habt es geschafft, verdammt. Es wird euch bitter reuen. Es wird euch leid tun…«
    Ich zerrte ihn hoch. Canter kam zu mir. »Geben Sie acht, Mr. Sinclair, der ist gefährlich.«
    »Glaube ich nicht.« Wir schauten uns an. Halifax' Blick hatte sich verändert, in den Augen leuchtete kein Wahnsinn mehr, sie blickten völlig normal.
    Seine Zwangsjacke war am Rücken zusammengeknöpft und zusätzlich durch starke Klettverschlüsse gesichert. Als ich beides öffnete, stellte sich mir keiner in den Weg.
    Die Wärter lauerten. Ihre Hände hatten sie zu Fäusten geballt, doch sie brauchten nicht einzugreifen, weil Halifax keinem von uns an den Kragen wollte.
    »Okay?« fragte ich leise.
    Er hob den Kopf etwas an, schaute sich um und wischte über sein von Tränenwasser und Schweiß glänzendes Gesicht. »Ja - okay… okay. Aber - verdammt, wo bin ich denn hier?«
    »In einer Klinik!«
    Er war erstaunt. »Wieso?«
    Sir Edgar schob sich an uns heran. »Kennst du mich nicht, Halifax? Du bist mein Neffe.«
    »Onkel?« hauchte er.
    »Ja, das bin ich.«
    »Der Sturm. Hast du mich aus dem Wald geholt?«
    Er bekam von uns keine Antwort. Mir war längst klar, was er hinter sich hatte. Halifax erinnerte sich an nichts mehr. Wahrscheinlich konnte er sich noch an den Sturm erinnern, daran, wie sein Wagen zu einem Spielball geworden war, an mehr allerdings nicht.
    Sir Edgar lachte komisch. »Hast du denn alles vergessen, mein Junge? Weißt du tatsächlich nicht, wie es gewesen ist?«
    »Nein… die blauen Geister?«
    »Was bitte?«
    Sir Edgar rang die Hände und wandte sich an mich. »Da sehen Sie es, da hören Sie es. Das ist alles ein Wahnsinn. Er kann sich an nichts mehr erinnern. Aber die verdammten Dinger waren da, nicht wahr? Sie haben sie doch auch gesehen.«
    »In der Tat.«
    Tief holte er Luft. »Was machen wir jetzt, zum Henker? Was sollen wir jetzt tun?«
    »Ihn nicht in der Anstalt behalten.«
    »Ich soll in der Anstalt bleiben?« keuchte Halifax. »Verdammt noch mal, das ist…«
    »Genau richtig gewesen«, erklärte Professor Canter. »In Ihrem Zustand war es überhaupt das beste.«
    »Wer sind Sie denn?«
    Canter stellte sich vor.
    »Ach du Scheiße!« keuchte Halifax. »Sind Sie der Boß von all den Irren hier?«
    Die Miene des Professors verschloß sich. »So möchte ich meine Patienten nicht benannt wissen.«
    »Schon gut.«
    Ich hatte keine Lust, noch lange Diskussionen zu erleben. Die blauen Geister waren entwischt, und es würde schwer werden, sie wieder einzufangen. Einmal schon hatten sie sich einen Gastkörper geholt. Was war, wenn sie sich splitteten und sich fünf Gastkörper nahmen?
    »Er soll sich umziehen!« schlug Sir Edgar Brake vor. »Das ist am besten.«
    Dagegen hatten auch wir nichts einzuwenden. Seine Kleidung war aufbewahrt worden. Einer der Wächter holte sie aus einer Kammer. Aus den Nachbarzellen hörten wir laute Stimmen und Schreien. Es war trotz der dicken Türen zu vernehmen. Die Vorgänge hatten auch die anderen Patienten aufgeschreckt. Ich hoffte nur, daß sich die Geister nicht einige von ihnen als Gastkörper aussuchten.
    Das allerdings war unwahrscheinlich. Die Erfahrung lehrte, daß sich Geister und magische Gestalten von psychisch kranken Menschen fernhielten.
    In

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