063 - Das Verrätertor
mir angenehm sein. Ich stelle nicht die Forderung, daß Sie die Bekanntschaft mit Eli Boß suchen sollen, aber wenn Sie es zufällig tun, freue ich mich.« Dann fuhr er fort: »Wollen Sie bitte noch fünf Minuten warten, wenn ich gegangen bin? Es ist besser, man sieht uns nicht zusammen auf der Straße.«
Graham erinnerte sich einer Frage, die er ihm stellen wollte.
»Wir erhalten eine gewisse Summe, wenn wir Erfolg haben«, sagte er und senkte die Stimme. »Was aber, wenn wir ohne unsere Schuld einen Mißerfolg haben?«
Wieder das seltsame Lächeln.
»Sie können keinen Mißerfolg haben«, war die einfache Antwort. »Hinter diesem kleinen Abenteuer steht ein Wille.«
7
Hope Joyner bekam wenig Post. Sie erhielt die unvermeidlichen Zirkulare und Geschäftsanzeigen, aber ihre Privatkorrespondenz war klein.
Als ihr an diesem Morgen das Mädchen mit dem Tee die Briefe brachte, sah sie einen bekannten blauen Umschlag. Etwas unbehaglich zog sie ihn aus der anderen Post hervor. Ihr Rechtsanwalt schrieb selten, aber wenn er schrieb, hatte er gewöhnlich etwas Unangenehmes zu sagen. Auch diese Mitteilung machte keine Ausnahme.
»Liebe Miss Joyner, wir haben eben durch Zufall erfahren, daß Sie mit einem Mr. Hallowell bekannt sind. Wir wissen, daß dieser Bekannte Ihr Vertrauen nicht rechtfertigen wird, und es ist unsere Pflicht, Sie davon zu unterrichten, daß Hallowell, obwohl ein gebildeter Mann, wegen Betruges eine Gefängnisstrafe verbüßt hat. Unter diesen Umständen ist es ratsam, diese Bekanntschaft aufzugeben, die notwendigerweise für Sie unvorteilhaft ist und Ihnen sogar peinlich werden kann.
Ihre ergebenen «
Sie blickte auf den Brief und runzelte die Stirn, denn sie erkannte, was da geschehen war. Der wohlwollende Spion hatte sie beobachtet und hatte Dick Hallowell mit seinem Bruder verwechselt. Sie hätte sich eigentlich ärgern sollen. Aber der Irrtum war so offenkundig, daß sie nur lachen konnte.
Armer Dick! Das war das schlimmste, daß man ihn mit seinem unglücklichen Bruder verwechselte. Sie wollte zuerst zurückschreiben und den Irrtum aufklären. Aber ein sonderbares Gefühl hielt sie davon ab. Vielleicht erhielt sie dann noch eine Reihe solcher Schreiben, die dringender wurden. Es war besser, sie zu Dicks Vorteil zu sammeln, als den Schreiber eventuell mit dem Beweis seines Fehlers zu beunruhigen.
Das Mädchen hatte das Bad gerichtet, und Hope zog sich aus. »Eine Frau wollte Sie diesen Morgen sprechen, gnädiges Fräulein. Sie gefiel mir nicht, und ich sagte, Sie wären ausgegangen. Sie sah so aus, als ob sie eine Stelle suchte.« Hope schüttelte den Kopf.
»Es wäre mir lieber, Sie würden die Leute nicht fortschicken, ehe ich weiß, wer sie sind und was sie wünschen«, sagte sie. Es war nicht das erstemal, daß sie dem Mädchen das einschärfen mußte.
»Es tut mir sehr leid, gnädiges Fräulein.« Janet brachte die herkömmliche Entschuldigung vor: »Ich tat es nur, weil ich dachte – «
Janet war ein wenig übereifrig, sonst aber ein gutes Mädchen, und seit kurzem hatte Hope den schwachen Verdacht, daß ihre Rechtsanwälte, die stets auf so rätselhafte Weise über all ihre Schritte und ihre Bekannten Bescheid wußten, diesem Mädchen ihr Wissen verdankten.
Sie hatte sich eben wieder angekleidet, als Janet mit der Meldung hereinkam, daß der Besuch wiedergekommen sei.
»Eine Mrs. Johnson«, sagte sie, als ob sie ihren Fehler wiedergutmachen wollte. »Sie möchte Sie wegen der Gesellschaft zur Unterstützung der orientalischen Frauen sprechen.«
Das machte Mrs. Johnson nicht willkommener, denn Hope hatte erkannt, daß dieser Zweig der Philanthropie nicht ihre Stärke war, und hatte einen Abschiedsbrief geschrieben. Sie zögerte.
»Ich werde gleich kommen«, sagte sie, und einige Minuten später trat sie in ihren eleganten kleinen Salon. Sie fand eine breitschultrige Frau mit männlichen Gesichtszügen, die nachdenklich auf Piccadilly hinunterschaute. Hopes forschender Blick begegnete einem mitfühlenden, entwaffnenden Lächeln.
»Es tut mir leid, daß ich Sie so früh gestört habe«, sagte die Frau. »Ich will mir eine Menge Lügen ersparen und Ihnen sagen, daß ich nicht wegen der indischen Frauen komme und daß mein Name Ollorby ist.«
Das sagte Hope gar nichts. Aber ihre nächsten Worte waren aufregender.
»Es wäre mir am liebsten, wenn niemand wüßte, daß ich Sie besuchte«, fuhr sie fort. »In Wirklichkeit komme ich vom Polizeipräsidium, Miss Joyner.«
Sie nahm
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