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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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darüber?«
    »Hier in diesem Dorf?« sagte der alte Mann geringschätzig. »Niemand weiß hier etwas! Das ist alles junges Volk – niemand außer mir und dem Wirt vom >Pflug< ist länger als zehn Jahre hier.«
    »Wie erfuhren Sie denn davon?« fragte Bobby.
    Der Alte grinste.
    »Meine Schwiegertochter war Köchin in Chase, und sie wußte es.«
    Soweit Bobby sich die Sache zusammenreimen konnte, war die unbekannte Dame eine verheiratete Frau, die einen viel älteren Gatten hatte, dem sie mit dem anziehenden Mr. Hallett weggelaufen war. Sie wurde von ihren entrüsteten Eltern zurückgeholt (ihr Gatte verhielt sich dabei seltsam ruhig, anscheinend nicht ohne Grund, denn er starb bald darauf und hatte wahrscheinlich kein Interesse mehr an weltlichen Dingen) und verheiratete sich nach dem Tod ihres Mannes noch einmal.
    »Es wurde alles sehr geheimgehalten«, sagte der Alte. »Totgeschwiegen – das ist das richtige Wort. Soviel ich weiß, hat sich die Dame wieder verheiratet.«
    »Mit Mr. Hallett?« fragte Bobby.
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Nein, er hat niemals geheiratet. Wahrscheinlich hatten sie etwas an ihm auszusetzen, ich habe darüber nie etwas erfahren. Aber diese Lady Cynthia – «
    Bobby streckte seine Hand nach dem erhitzten Kühler aus, um sich zu halten. Seine Aufregung war so groß, daß er nicht einmal aufschrie, als er sich den Finger verbrannte.
    »Lady Cynthia?« keuchte er. »Ach du liebe Tante!«
    »Ist sie das?« sagte der Alte. »Ich wollte nichts gegen Ihre Verwandten sagen.«
    »Lady Cynthia – erinnern Sie sich, wen sie heiratete?«
    Der Alte schüttelte den Kopf wieder.
    »Das weiß ich nicht. Ich sah sie nur einmal – sie war eine sehr schöne, schlanke Dame mit einem großen grünen Ring am kleinen Finger. Hundert Pfund wert, wie die Leute sagen.«
    In Bobbys Kopf wirbelte alles. Er kannte diesen grünen Smaragd. Wie oft hatte er gesehen, daß Lady Cynthia ihn hin und her drehte, während ihre kalten Augen forschend auf den jungen Offizieren ihres Regiments ruhten!
    Der Alte konnte ihm nicht mehr viel sagen und ging langsam weiter. Er war ein wenig betäubt von der Liebenswürdigkeit, mit der ihn Bobby behandelt hatte. Mr. Longfellow setzte sich auf das Trittbrett seines Wagens und stützte den Kopf in die Hände.
    Eins war gewiß: er mußte Mr. Hallett noch diese Nacht sehen.
    Er ging die Straße zu dem malerisch gelegenen Dorf hinunter. Ein Gasthausschild erinnerte ihn an die Worte des alten Mannes.
    Der Wirt sollte ja die Geschichte von Mr. Halletts großem Abenteuer kennen. Er trat in das leere Gastzimmer. Hinter dem Tisch stand ein älterer Mann und trocknete ein Glas. Bobby grüßte ihn. Er war nicht so zutraulich wie der Alte, und es dauerte einige Zeit, ehe Bobby mit ihm ins Gespräch kam.
    »Sie haben wahrscheinlich mit Gammer Holland gesprochen? Der schwätzt wie eine Frau! Ich weiß sehr wenig von der Sache, und ich kümmere mich auch nicht um die Skandalgeschichten meiner Nachbarn, besonders nicht um die eines Herrn wie Mr. Hallett, der – nun wohl kein Kunde ist, aber mit dem ich Geschäfte gemacht habe.«
    »Kennen Sie die Dame?«
    »Nein, Sir, ich habe nie nach ihr gefragt. Ich hatte eine Vermutung…. aber meine Vermutungen sind nebensächlich. Ich weiß, daß sie einige Zeit später einen Gardeoffizier heiratete das ist alles.«
    Es schien wirklich so zu sein, denn Bobby konnte keine weitere Aufklärung von ihm bekommen.
    Er hielt sich ungefähr eine Stunde lang in dem Gasthaus auf, und der Wirt setzte ihm ein erträgliches Essen vor. Sobald es dunkel wurde, ging er auf Erkundung aus. Er mußte um Mitternacht wieder im Tower sein, da er seinen Namen nicht in das Urlaubsbuch eingetragen hatte. Möglicherweise konnte er den Wächter noch erreichen, dessen Pflicht es war, Offiziere zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens einzulassen.
    Es war schon finster, als er dem Haus wieder zuschritt. Er wählte diesmal einen Fußpfad, auf dem er unbemerkt zu einer Stelle kam, die dem Westflügel des Gebäudes gegenüberlag. Es war schon dunkel genug für seine Zwecke, als er dort ankam. Vorsichtig ging er über die breite Rasenfläche und erreichte das Haus. Ohne es zu wissen, schritt er durch das Tor, durch das Hope Joyner nach Monk’s Chase gekommen war.
    Nun lag die Auffahrt vor ihm. Sie war mit knirschendem Kies bestreut, und er zögerte einen Augenblick, ob er auf dem Rasen bleiben sollte, als er plötzlich die hell leuchtenden Scheinwerfer eines Autos sah, die durch die

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