0634 - Duell der Schamanen
Raubtierschädel der Alptraumkreatur direkt über ihm. Er sah das mächtige Gebiß, das mit einem gewaltigen Ruck zuschnappte, und sekundenlang spürte er einen entsetzlichen Schmerz an seinem Hals.
Aber dieser Schmerz war ganz schnell vorbei.
***
Tamote rannte, so schnell ihn seine Füße trugen.
Er hatte das Unheil nicht abwenden können.
Er mußte froh sein, daß er sein Leben hatte retten können. Oder etwa nicht?
War es nicht vielmehr so, daß er nicht das Letzte versucht und gegeben hatte? Er lebte noch, aber möglicherweise würden jetzt andere deshalb sterben!
Vielleicht konnte er doch noch etwas tun. Aber war der Zauber, über welchen er verfügen konnte, dafür auch stark genug?
Er brauchte Zeit zum Nachdenken.
Deshalb ließ er sich erst einmal ins Gras fallen, nachdem er hoffte, weit genug entfernt zu sein. Zumindest konnte er nicht feststellen, ob ihn jemand verfolgte. Das ließ ihn auf eine Atempause hoffen.
Er versuchte, zu begreifen, was geschehen war.
Der schwarzhäutige Schamane hatte ihn entdeckt, während er ihn und den dicken Mann beobachtete, der Feuerhaar im Gesicht trug. Aber die beiden schienen uneins zu sein, und zumindest der Dicke in der seltsamen Kleidung aus buntem Stoff, die seinen Körper über und über bedeckte und ihm sicher auch einen Teil seiner Bewegungsfreiheit nahm, schien im Rang weit über dem Zauberer zu stehen.
Das ließ Tamote zunächst hoffen. Erst recht, als Feuerhaar andeutete, den Schwarzhäutigen töten zu wollen oder zu können. Aber dann hatte er es doch nicht getan, sondern ihn sogar vor Tamote gerettet.
Er war also auch böse.
Tamote rätselte, wie es möglich war, daß er von einem Moment zum anderen die Sprache verstand, die Feuerhaar und der schwarze Schamane verwendeten. Und nicht nur verstehen konnte er sie, sondern sie auch sprechen.
Das mußte Zauberwerk sein.
Zumal er nicht sicher war, ob er, als er mit Feuerhaar redete, dessen Sprache benutzte - oder dieser die der nakni sakti chata.
Das war sehr mächtiger Zauber. Tamote erschauerte. Die Gefahr für das Volk war viel größer, als er bisher gedacht hatte. Aber was konnte er tun? Er war nicht stark genug!
Er mußte den Großen Geist anrufen und die Hilfe der Ahnen-Geister erflehen. Allein konnte er nichts ausrichten. Dieser kleine, tückische Zauberer war viel stärker.
Tamote brauchte Zeit. Aber er ahnte, daß er sie nicht hatte.
Er ahnte aber nicht, daß seine Fähigkeit, die beiden Fremden zu verstehen, auf einem mißglückten Zauber des Schwarzen beruhte. Der hatte sich eigentlich nur die Aufgabe, nach Indianern Ausschau zu halten, mit Magie erleichtern wollen. Das war ihm auch gelungen, aber als Nebeneffekt hatte er irgendwie dafür gesorgt, daß der eine die Sprache des anderen verstand.
Was an sich eine lobenswerte Sache war.
Andererseits aber das Mißverständnis erst hervorgerufen hatte, als Cristofero und Tamote aneinander vorbei redeten.
Daß noch etwas ganz anderes geschehen war, ahnte keiner der Beteiligten.
Und wenn er davon gewußt hätte, hätte Tamote vielleicht noch ganz anders gehandelt. Aber er war ahnungslos.
Er entschied sich, zuerst zum Lager zurückzukehren. Sicher war es gut, etwas gegen die Feinde zu unternehmen. Man mußte sie töten, solange das noch möglich war. Wenn sie erst einmal noch mehr von ihrem Zauber wirksam werden ließen, war es vielleicht zu spät.
Tamote mußte mit dem Häuptling reden. Und mit den Weisen Alten. Sie mußten überlegen und entscheiden, was getan werden mußte. Tamote war sicher, daß er sie überreden konnte, in seinem Sinn zu handeln.
Als er in einen Wolfstrab verfiel und zum Lager zurücklief, fragte eine leise Stimme tief in seinem Inneren: Tust du wirklich das richtige? Solltest du nicht lieber zuerst versuchen, herauszufinden, was die Fremden überhaupt hier wollen?
Aber er hörte nicht auf diese Stimme.
Für ihn gab es nur eines, was die Fremden wollten: Das Böse bringen und das Volk unter ihre Herrschaft zwingen.
Warum sonst war ihr Zauber so unwahrscheinlich mächtig?
Wer nichts Böses will, benötigt keinen Zauber.
Wenigstens keinen so starken!
Und deshalb mußte man Feuerhaar mit dem unaussprechlich langen Namen und den schwarzen Schamanen bekämpfen mit allen Mitteln, die zur Verfügung standen!
***
Hercule erwachte wieder.
Es war, als sei ein Alptraum vorübergegangen. Der hünenhafte Mann, der allein durch sein Aussehen und die oft recht wilde Art seines Auftretens vielen anderen einen gehörigen
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