0635 - Das Grab der Sinclairs
erinnern. Es ist mit dem Flair des Geheimnisvollen, mit dem des Fluchs behaftet. Ich lasse auch meine Finger davon.« Er lachte sich selbst aus. »Komisch ist nur, daß ich Ihnen, zwei Fremden, das alles erzählt habe, aber es mußte wohl mal heraus.« Ein tiefer Atemzug folgte, dann ein Nicken.
Ich kam noch einmal auf die Insel zu sprechen und wollte wissen, ob er ihr schon einen Besuch abgestattet hatte.
»Klar, ich war auf Innis Shield.«
»Haben Sie sich dort auch die Gräber genauer angeschaut?«
»Nun ja, ich nahm sie eben zur Kenntnis. Das ist alles. Aber damit beschäftigt habe ich mich nicht.«
»Wir aber.«
Er rückte näher an uns heran. »Und?«
»Ein Grabstein ließ sich relativ leicht bewegen und auch in die Höhe heben.«
»O Gott.« Lintock preßte seine Hände gegen die Wangen. »Das darf doch nicht wahr sein. Man… man soll die Ruhe der Toten nicht stören. Das ist eine Schandtat.«
»Nun ja, viele Gebeine haben wir nicht gesehen. Über den Gräbern hat mal eine kleine Kirche gestanden, deren Mauern als Fragmente noch zu besichtigen sind. Aber darauf wollte ich nicht hinaus. Können Sie sich vielleicht an die Inschriften auf den Gräbern erinnern, Mr. Lintock?«
»Kaum.«
»Aber Sie kennen meinen Namen.«
»Natürlich«, sagte er nickend. »Sinclair und…« Plötzlich blieb der Mund wieder offen stehen. »Moment mal«, ächzte er. »Augenblick. Hat auf einer Grabplatte nicht auch der Name Sinclair gestanden? Wenn ich mich nicht irre.«
»Sie irren sich nicht.«
Lintock wurde nervös, nahm sein Käppi ab und kratzte über das Haar. »Jetzt machen Sie aber einen alten Mann nicht fertig. Sollte es eine Verbindung zwischen der Inschrift und Ihrem Namen geben? Ich meine, Sinclair ist kein außergewöhnlicher Name. Nicht daß ich Ihnen damit etwas will, aber das stimmt. Hier in Schottland…«
»Wissen wir, Mr. Lintock. Ich wollte auch nur fragen, ob Sie etwas über das alte Grab mit dem Namen Sinclair wissen.«
Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit, bis er meinte: »Nun ja«, verlegen drehte er dabei die Hände. »Man erzählt sich vieles über die Gräber.«
»Dann berichten Sie uns einiges davon.«
»Das Sinclair-Grab?«
»Exakt.«
Lintock räusperte sich, schaute verschämt zur Seite und meinte dann. »Ich kann das alles nicht bestätigen, und nehmen Sie mich bitte nicht beim Wort, aber mit dem Sinclair-Grab hat es schon was auf sich. Es wird mehr darüber gesprochen als über die anderen Gräber.«
»Warum?«
»Gute Frage. Genau weiß ich es auch nicht, aber es gibt Gerüchte. Dieser Sinclair soll vor langer Zeit hier regelrecht gehaust haben, verstehen Sie?«
»Ein Regiment des Schreckens?«
»Ja, richtiger Terror. Das ist auch festgelegt worden, glaube ich. Jedenfalls hat man es irgendwann mal aufgeschrieben. Ist auch schon einige Jahrhunderte her. Es gibt auch Abschriften darüber«, murmelte er…
Ich hatte verstanden, Suko auch, und der reagierte schneller als ich. »Sie sprachen vorhin von einem Deckel, der zu einem Buch gehört. Könnte es sein, daß in diesem Buch mehr über Sinclair gestanden hat?«
»Ja!« preßte er hervor.
»Was denn?« Ich war plötzlich nervös.
»Kann ich Ihnen nicht sagen. Das Buch hat mir nicht gehört, sondern Caterman. Er hat es nur hier bei mir aufbewahrt und dachte, daß es im Wagen sicher wäre. Der Deckel war abgerissen worden, von wem auch immer, aber Caterman kannte den Text.«
»Sie nicht?«
»Nein, nur Fragmente, die ich auch vergessen habe. Caterman wollte sich näher damit beschäftigen, aber jetzt ist er tot. Er treibt auf dem See, der Fluch hat sich erfüllt.«
»Liegt über dem Buch ein Fluch?«
»So erzählt man sich.«
»Und weiter!«
Er schüttelte den Kopf. »Lassen Sie mich, das ist alles irgendwo Unsinn, wie ich meine.«
»Nein, Lintock, ich…«
»Doch!« Er sprang plötzlich in die Höhe und hätte sich beinahe den Kopf gestoßen. »Es ist alles Unsinn, verdammt! Ich will davon einfach nichts wissen.«
Ich blieb hart. »Welcher Fluch, Lintock? Welcher Fluch hat mit den Templer namens Sinclair zu tun?«
Er wich noch weiter zurück, bis es nicht mehr ging, weil er die Wand erreicht hatte. Zwischen zwei kleinen Konsolen wirkte seine Gestalt wie eingeklemmt.
»Reden Sie!«
»Oh, Scheiße«, beschwerte er sich und schleuderte den Kopf von einer Seite zur anderen. »Sie machen sich und mich unglücklich. Darüber spricht man nicht, verflucht!«
»Doch – Sie. Hier und jetzt, Lintock!«
»Okay!« dehnte er
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