0638 - Das Palazzo-Gespenst
gleichzeitige Unhandlichkeit der Stangen hatte den Treffern einen Großteil der Wucht genommen. Ich wurde nicht unter den Wasserspiegel gedrückt, sondern ließ mich selbst sinken.
So verfehlten mich die nächsten Stöße. In der dunklen Brühe drehte ich mich um.
In der Mitte des Kanals schwamm ich weiter. Die schwere Kleidung zog an mir. Aus diesem Grund kam ich nur sehr langsam voran, aber ich kämpfte mich durch, tauchte schließlich auf, hörte ihre geifernden Stimmen und sah die Gäste auch an den Ufern laufen.
Sie hatten meine Bewegungen genau verfolgen können, denn so trübe war das Kanalwasser auch nicht.
Und nun wollten sie es wissen.
Besonders ein etwas klein geratener Mann mit einem mächtigen Bauch tat sich hervor. Damit er mich erwischen konnte, rutschte er auf den schrägen Uferstreifen, hob die Ruderstange an, hielt sie schräg und setzte alle seine Kraft ein.
Sie hätte mich irgendwo zwischen Kopf und Brust getroffen, wenn der Knabe sich nicht übernommen hätte.
Das Gras war noch feucht, an manchen Stellen glich es einer Rutschbahn.
Und genau da stand der Mann.
Durch die Wucht des eigenen Schwungs war es ihm nicht mehr möglich, den Stand zu halten. Er sah aus wie ein Hampelmann, als er über seine Hacken hinweg nach hinten fiel, die Stange für ihn zu einem Problem wurde.
Dann klatschte er in den Kanal.
Seine Freunde schrien auf, als sie das sahen. Ich entdeckte ein blubberndes Bündel Mensch vor mir, in dessen Gesicht sich die Panik ausbreitete, bevor das grünlich schimmernde Wasser es schluckte.
Die lange Ruderstange schwamm tanzend auf den Wellen, genau in meine Arme.
Zwei Armlängen entfernt tauchte der Knabe prustend und keuchend wieder auf.
Sie feuerten ihn an. »Los, schwimm zum Ufer, Heraldo! Mach schon!«
»Kann nicht, kann nicht schwimmen.«
Er bewegte sich wie eine bleierne Ente und war für mich die ideale Beute.
Bevor er sich versah und auch die Menschen am Ufer handelten, hatte ich ihn schon gepackt und hart an mich herangerissen. Mit dem Rücken presste ich ihn an mich, trat Wasser, hörte sein Keuchen, Bibbern und Betteln.
»Lassen Sie mich los! Bringen Sie mich ans Ufer!«
»Halten Sie Ihr Maul!« fuhr ich ihn an, denn in mir steckte eine ungeheure Wut.
Er wurde tatsächlich still.
Wie ein Stück Holz blieb er in meinem Griff hängen. Ich bekam Gelegenheit, mich an die anderen am Ufer zu wenden. »Hört mal her, Freunde! Wer es jetzt noch versucht, wird Heraldo erwischen. Ist das klar?«
Sie gaben mir keine Antwort, hatten sich zusammengedrängt wie eine Herde Schafe, die Furcht vor einem Gewitter hatten. Die langen Ruderstangen in ihren Händen kamen mir lächerlich vor, sie selbst wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten.
»Nun, was ist?«
»Wir kriegen dich!«
»Später vielleicht, nicht jetzt. Verschwindet, sonst drücke ich den Trockenschwimmer unter Wasser.«
»Nein, nein, nein!« jaulte der Held. »Nicht unter Wasser. Ich kann nicht schwimmen.«
»Ich hatte gedacht, dass sie vernünftig sein würden.«
Am anderen Ufer, also hinter mir, hatte jemand eine Ruderstange angehoben und hielt sie schräg. Ich sah es nur deshalb, weil sie als Schatten auf die Wasserfläche fiel.
Blitzschnell drehte ich mich zusammen mit meinem Gefangenen.
Die Stange war wuchtig gestoßen worden und verdammt zielgenau. Sie hätte meinen Hinterkopf erwischt. Durch die Drehung aber bekam sie ein anderes Ziel.
Heraldo zuckte in meinem Griff zusammen. Plötzlich spritzte Blut in sein Gesicht. Seine Nase war zu einem Klumpen geworden, er konnte nicht einmal mehr schreien. Auch aus der Stirnwunde rann das Blut. Die Stange hatte ihn mit mörderischer Wucht mitten im Gesicht erwischt.
Eine Welle spülte über sein Gesicht hinweg und vertrieb für einen Moment die rote Flüssigkeit. Ich wusste nicht, was mit ihm war, der hätte an diesem Treffer auch sterben können, jedenfalls hing er schlaff in meinem Griff.
Jetzt musste ich ihn retten, legte mich auf den Rücken, hielt ihn weiterhin fest und schwamm mit heftigen Bewegungen in die ursprüngliche Richtung.
»Seid ihr denn völlig wahnsinnig?« brüllte ich den Leuten zu. »Ihr könnt doch nicht mehr…« Ich verschluckte mich, weil eine Welle über mein Gesicht schwappte.
Der Mann, der gestoßen hatte, lief am Ufer mit. Er trug dunkle Kleidung und sah aus wie ein Totengräber.
Im Gänsemarsch liefen sie an den beiden Ufern entlang, verbissen ihre Gesichter, voller Hass und Wut.
Keiner stach nach mir, und ich
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