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064 - Der Frauenhexer

064 - Der Frauenhexer

Titel: 064 - Der Frauenhexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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er ebenso leise. „Wird er allerhand zu erklären haben.“
    Arno von Schönhall verschwand in dem Gehölz. Lange, bange Minuten vergingen. Schon wurde Graf Bodo ungeduldig. Da ertönte aus der Mitte des Gehölzes ein gellender Schrei, der in einem Röcheln erstickte.
    „Mein Gott!“ rief eine der Damen.
    Graf Bodo zögerte keinen Augenblick.
    „Los, Männer“, rief er. „Worauf wartet ihr noch? Los, stehen wir ihm bei.“
    Es krachte im Unterholz, Äste brachen. Dann stürmte ein Keiler aus dem Gehölz hervor. Wenige Schritte vor Jägern und Hunden blieb er stehen. Es war der größte Keiler, der je in diesem Revier gesehen worden war. Seine Lichter schienen zu glühen. Seine Hauer waren blutbeschmiert. Er war tiefschwarz, nur auf der linken Seite der Schnauze hatte er einen großen, roten Fleck.
    Winselnd, mit eingezogenen Schwänzen, wichen die Hunde zurück. Wie gebannt blickten die Treiber und Jäger auf den mächtigen Keiler.
    Dann ritt Graf Bodo auf ihn los. Aber vor dem Keiler scheute sein Pferd, stieg wiehernd auf der Hinterhand hoch, und Graf Bodo wurde aus dem Sattel geschleudert. Der Spieß entfiel seiner Hand. Wehrlos lag er vor dem mächtigen Tier.
    Ein vielstimmiger Entsetzensschrei wurde laut. Doch der Keiler griff den Grafen nicht an. Er machte kehrt und stürmte ins Gehölz zurück. Graf Bodo war der erste, der ihm folgte, humpelnd, doch den Sauspieß fest in der Hand.
    Mitten im Gehölz fanden die Jäger Arno von Schönhall, gräßlich zugerichtet. Er war tot.
    Graf Bodo sah auf ihn nieder.
    „Tausend Dukaten dem, der dieses schwarze Untier zur Strecke bringt“, rief er. „Los, Jäger, los, Treiber, wollt ihr die Bestie entkommen lassen, die Arno von Schönhall das Leben genommen hat?“
    Mit halbem Herzen machten sich die Jäger an die Verfolgung. Auch die Treiber hatten keine Eile. Zu deutlich stand ihnen noch das Bild des mächtigen Untiers mit den blutbeschmierten Hauern und den glühenden Lichtern vor Augen.
    „Er sah den Hexer dort im dunklen Gehölz, kurz vor seinem Tod“, flüsterte ein alter Treiber seinen Kameraden zu. „Es sollte mich nicht wundern, wenn dieser Keiler nur mit einer geweihten Silberkugel getötet werden könnte.“
    Die Treiber bekreuzigten sich. Als sie mit ihren winselnden, verängstigten Hunden im Tannenwald ankamen, fanden sie von dem schwarzen Keiler keine Spur mehr.
     

     

Auf einer aus Stangen gefertigten Tragbahre wurde Arno von Schönhalls Leiche nach Burg Falkenfels gebracht. Die Beisetzung fand in aller Stille statt. Der Abt des nahen Klosters hielt die Totenmesse und die Ansprache vor der Gruft. Graf Bodo von Falkenfels und seine Tochter Roxane standen in der vordersten Reihe der Trauernden.
    Vier Träger brachten den Sarg in die Gruft. Sie kamen wieder heraus, und die Tür wurde verschlossen.
    Roxane stand noch vor der Gruft, als die andern schon gegangen waren. Schmerzerfüllt blickte sie auf das Gemäuer der von einem Kreuz gekrönten Gruft, in der Arno von Schönhalls sterbliche Überreste lagen.
    Plötzlich hörte sie leise Schritte hinter sich. Roxane wandte den Kopf. Da stand ein Mann, hochgewachsen, bleich, dunkel gekleidet.
    Ein Feuermal entstellte seine linke Gesichtshälfte. Sein Blick war auf Roxane gerichtet.
    „Ihr, Signefeu?“
    „Ja, Roxane von Falkenfels. Ich bin es, Euer ergebener Verehrer Gilbert Signefeu. Ich muß mit Euch sprechen, Roxane. Schon lange suchte ich die Gelegenheit, doch immer waren andere um Euch. Ich liebe Euch, Roxane.“
    „Wie? Das sagt Ihr mir hier, am Grabe meines Bräutigams? Ihr vergeßt wohl Euren Stand, Gilbert Signefeu. Es sind böse Gerüchte über Euch im Umlauf. Ihr habt großes Glück, daß mein Vater ein so freidenkender Mann ist, sonst hättet Ihr schon längst mit dem Galgen Bekanntschaft gemacht, der Eurer Schenke den Namen gab.“
    Gilbert Signefeus Blick schien Roxane zu durchbohren. Es war ihr, als wären diese dunklen Augen ein Schacht, in den sie fiel. Plötzlich verließen sie der Abscheu und die Empörung, die sie angesichts der Störung am Grabe Arno von Schönhalls empfunden hatte.
    Ohne rechte Überzeugung sagte sie: „Geht, Gilbert Signefeu, und ich will Eure Worte vergessen. Eher friert der Fluß und brennt zugleich, als daß ich Euch ein Zeichen meiner Gunst gewähre.“
    Ein dämonisches Feuer flackerte in Signefeus Augen.
    „Kommt, Roxane“, sagte er.
    Roxane gehorchte. Wie von einer fremden Kraft angetrieben, folgte sie dem hochgewachsenen Mann. Sie gingen durch den Wald

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