064 - Friedhof der Ghouls
Gefälle hatte, konnte er das Fahrzeug zurückrollen lassen, ohne den Motor zu starten. Er schaltete lediglich die Lenkradsperre aus. Als er weit genug von Terri Culps Haus entfernt war, drehte er den Startschlüssel, und der Motor sprang an.
»Ihr werdet etwas erleben, das euch die Haare zu Berge stehen läßt!« schrie Ayres wütend gegen die Windschutzscheibe. »Fangen wollt ihr mich, he? Unschädlich machen! Den Alabasterteufel vernichten, mich töten! Daß ich nicht lache! Ich werde euch das nackte Grauen lehren! Die Hölle soll sich auftun und euch die widerlichsten Ausgeburten entgegenspeien! Ihr werdet noch erkennen, daß ihr mir nicht gewachsen seid! Ich werde euch zeigen, was es heißt, sich mit mir anzulegen! Ich bin nicht allein! Und die Unterstützung, die ich mir nun holen werde, wird euch an eurem Verstand zweifeln lassen!«
Hinter blattlosen Bäumen stand ein heller Vollmond.
Ayres fuhr nicht weit, nur bis zu jener alten Kathedralenruine, deren düsterer Schatten auf einen unheimlichen Friedhof fiel.
Zwischen den Gräbern ragten verkrüppelte Bäume auf, und Nebelschlieren krochen über die Hügel.
Niemand fand sich, der die alte Steinkirche, deren Dach vor langer Zeit eingestürzt war, abgetragen hätte.
Man hatte in der Nähe ein neues Gotteshaus gebaut und dieses dem Verfall preisgegeben.
Unheimliche Schatten hingen in dem Gemäuer.
Neben einem der beiden vom Zahn der Zeit angenagten Türme schwirrten schwarze Fledermäuse durch die Luft. Auch mit ihnen hätte sich Ayres verbünden können, doch er hatte sich bereits anders entschieden.
Er fuhr so nahe wie möglich an den Gottesacker heran und stieg dann aus. Der kalte Atem der Nacht wehte ihm entgegen. Er tastete nach dem Alabasterteufel und wußte, daß er keine Angst zu haben brauchte.
Ihm war bekannt, daß auf diesem Friedhof Dämonen hausten.
Besser gesagt: Sie wohnten darunter und gehörten zur widerlichsten Gattung der Schwarzblütler. Aber gerade deshalb eigneten sie sich besonders für Ayres' Pläne.
Der Alabasterteufel hatte ihn wissen lassen, daß er mit der Hilfe dieser grausigen Dämonen rechnen konnte, und er war mit der Absicht hierher gekommen, sie zu rufen, die grauen- und ekelerregenden Ghouls.
Sie lebten zumeist unter der Erde, konnten menschliche Gestalt annehmen, doch in den meisten Fällen war diese Tarnung nicht perfekt, denn der üble Leichengeruch, der ihnen anhaftete, verriet sie.
Ghouls!
Leichenfresser!
Sie waren der Abschaum der Hölle, und Russell Ayres wollte sie seinen Jägern entgegenwerfen.
An dürren Rosensträuchern vorbei schritt der Archäologe durch den finsteren Ruinenschatten. Wie eine fahle Sonne stand der Mond genau dahinter und sandte trübe Strahlen durch die glaslosen Fenster.
Kies knirschte unter Ayres' Schuhen.
Grinsend richtete der Mann den Blick auf den Boden. Vielleicht befand sich gerade jetzt unter ihm einer dieser Gänge, in denen die Leichenfresser hausten. Mit Sicherheit gab es ein weitverzweigtes Ganglabyrinth unter dem Gottesacker, in dem die hungrigen Dämonen darauf warteten, daß wieder ein Mensch beerdigt wurde, den sie sich holen konnten.
Manche von ihnen hatten die scharfen Krallen eines Maulwurfs. Andere wiederum wühlten sich mit harten, bleichen Fingern durch das Erdreich. Sie schufen immer neue Gänge, waren ständig auf der Suche nach Nahrung.
Unersättlich waren sie und so abstoßend, daß sogar Satan sich nicht mit ihnen abgab.
Ayres schritt entschlossen auf die Friedhofsmitte zu. Der Mond spendete der Kathedralenruine einen gelben Strahlenkranz, aber dort, wo einst in ergebener Andacht heilige Messen abgehalten worden waren, wurde heute nicht mehr gebetet.
Es war bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis die Schwarzblütler von der Ruine Besitz ergreifen würden.
In der Friedhofsmitte blieb Russell Ayres stehen. Er griff nach seinem Höllenamulett und schloß die Augen, um sich besser konzentrieren zu können.
»Brüder!« flüsterte er, doch er konnte sicher sein, daß dieses Flüstern überall gehört wurde. Sowohl auf als auch unter dem Friedhof. »Brüder im Bösen! Hört mich an! Ich brauche eure Hilfe! Ich bin einer von euch und man jagt mich wie einen tollwütigen Hund! Das dürft ihr nicht zulassen! Ich möchte, daß ihr mir beisteht! Laßt uns gemeinsam den Feinden der schwarzen Macht entgegentreten! Sie sollen unsere Stärke spüren! Tod und Verderben werden wir über sie bringen! Kommt, Brüder! Kommt aus den Gräbern und schließt mit mir den
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