0643 - Schlangenträume
die neuesten Neuigkeiten der NSA oder der NRO erfahren?«
Zamorra schüttelte den Kopf. »Mich interessiert nicht mal die CIA…«
Moorcock grinste noch breiter. »Na ja, Central Intelligence Agency… ein Widerspruch in sich… Aber vielleicht interessiert Sie, wovon bisher auch FBI und CIA und CIC und DIA und die anderen noch keine Notiz genommen haben: daß ein Taxifahrer in der Nähe von High Springs Presse und Fernsehen angerufen hat, weil ein Staatsanwalt angeblich entführt worden ist -Attorney O’Donaghue…«
Das interessierte Zamorra tatsächlich. Und gefiel ihm überhaupt nicht, weil es die Medien auf eine Sache stieß, auf der er gern noch den Deckel gehalten hätte.
Zumindest so lange, bis er eine halbwegs glaubhafte Erklärung liefern konnte, die auch von Sensationsreportern geschluckt wurde, deren Job es war, selbst aus der abgedroschensten »Frikadelle biß Hund«-Geschichte noch ein Minimum an Blutstropfen herauszuwringen.
»Sollen wir die Story ein bißchen hacken ?« fragte Sands.
Da erst fiel Zamorra auf, daß Moorcock eben von Geheimdiensten geredet hatte, die angeblich noch kein Interesse für diese Sache zeigten. Und plötzlich begann er zu ahnen, daß diese beiden Männer, die zum Tendyke Industries -Konzern gehörten, genau das konnten - die per Computer und Datenleitungen versandten Informationen hacken und gegebenenfalls verändern.
Aber das war etwas, das er nicht wollte.
»Wir fliegen nach High Springs«, sagte er. »So schnell wie möglich.«
Und da war noch etwas, das es zu tun galt.
Nicole war auf einen echten Ssacah-Ableger gestoßen. Auf eine Schlange, einen Ableger des Kobra-Dämons. Das brachte Zamorra auf eine Idee, von der er im Augenblick noch nicht sagen konnte, welche Konsequenzen sich daraus ergaben.
Er wandte sich an Monica Peters.
»Nimm bitte Kontakt mit deiner Schwester auf. Sie soll im Château Montagne anrufen und Eva bitten, mit unserer Ausrüstung nach Tendyke’s Home zu kommen. Wir werden sie dort abholen.«
»Eva?« In Monicas Augen blitzte es auf.
Zamorra nickte nur.
Abgesehen davon, daß sie hier mehr von ihrer magischen Ausrüstung brauchten, welche Eva aus Frankreich mitbringen konnte, besaß das Para-Mädchen Eva eine besondere Eigenschaft.
Laut eigener Aussage konnte sie mit Schlangen sprechen.
Beziehungsweise, sich mit ihnen »unterhalten« und »sie verstehen«, wie sie sich ausgedrückt hatte.
Zamorra hoffte, daß sich daraus einiges machen ließ…
***
Nicole ließ noch etwas Zeit verstreichen, ehe sie dem Taxifahrer die Anweisung gab, wieder nach High Springs zurückzukehren.
In der Tat hatte die Menschentraube sich inzwischen aufgelöst. Allerdings parkte der Polizeiwagen noch vor dem Haus. Die Beamten unterhielten sich vermutlich drinnen mit Mrs. O’Donaghue. Das Auto des Staatsanwalts befand sich noch an seinem Platz, allerdings hatte man die Türen des Wagens inzwischen geschlossen und auch den Motor abgestellt.
Nicole warf einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr und versuchte abzuschätzen, wie viel Zeit ihr noch blieb, ehe der Hubschrauber kam - und die von ihrem Fahrer benachrichtigten Medienvertreter.
Gut, Mrs. O’Donaghue war bei den Polizisten in guten Händen. Nicole konnte jetzt also eine Zeitschau durchführen. Sie wies den Fahrer an, in einigem Abstand zu warten, und rief dann das Amulett zu sich.
Es materialisierte in ihrer ausgestreckten Hand, und sie konnte sich ein Bild von dem Geschehen machen, das sich hier abgespielt hatte.
Nicole arbeitete schnell und zügig. Sie beobachtete, wie Kevin O’Donaghue entführt wurde, und sie erkannte auch den Fahrer: Commander Bishop!
Der Hohepriester des Kobra-Kults!
Ssacahs rechte Hand!
Er befand sich also tatsächlich hier, und er hatte sich den Staatsanwalt gekrallt! Aber warum? Was hatte er mit O’Donaghue vor?
Nicole sah die Richtung, in welche der Hohepriester mit seinem Opfer fuhr, und sie sah noch mehr: das Kennzeichen des Fahrzeugs.
Es reichte für eine Kurzbeschreibung. Nachdem sie ihre Halbtrance wieder aufgehoben hatte, fand sie im verwaisten Polizeiwagen Papier und Kugelschreiber, hinterließ eine Beschreibung des Geschehens, des Entführers, des Fahrzeuges, der Fluchtrichtung, und drapierte diesen Zettel so am Lenkrad, daß der Fahrer ihn beim Einsteigen weder übersehen noch ignorieren konnte.
Und sie setzte noch eins drauf. Wenn die Jungs doch so leichtsinnig waren, ihr Auto unverschlossen und betriebsbereit draußen an der Straße abzustellen…
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