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0643 - Schlangenträume

0643 - Schlangenträume

Titel: 0643 - Schlangenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Zamorra sie auf diese seltsame Art der Kommunikation angesprochen hatte, die sich zwischen ihr und dem Reptil abgespielt hatte. Woher sie das wußte, war ihr selbst unbekannt.
    »Du kannst dich mit ihnen unterhalten?« hatte Zamorra wissen wollen.
    »Du meinst, sie zischen mich an und ich zische zurück?« hatte sie erwidert. »Das ist es nicht. Es ist eine andere Art der Verständigung. Auch keine Telepathie, wenn du das meinst. Etwas ganz anderes, das ich nicht beschreiben kann. Ich verstehe sie einfach.«
    Damals hatte Zamorra gleich an den Kobra-Dämon Ssacah gedacht. Vielleicht würde Eva auch gegenüber diesem Ungeheuer mit seinen unzähligen Messing-Ablegern hilfreich sein können. Wer seinen Gegner versteht, kann seine Handlungen vorausberechnen…
    Aber er hatte das Thema damals noch nicht weiter vertieft, weil er Eva nicht hatte verwirren wollen. Jetzt aber bestand die Möglichkeit, diese Fähigkeit des Para-Mädchens zu nutzen.
    »Du weißt, daß mir so etwas nicht gefällt«, sagte Eva. »Es wird einmal mehr darauf hinauslaufen, daß ich meine Magie benutzen muß. Aber ich will das nicht, Zamorra. Wann endlich willst du das begreifen? Ich bin nicht der Typ Mensch, der alle paar Minuten die ganze Welt retten muß. Ich möchte einfach nur ein ganz normales Leben führen. Ich möchte herausfinden können, wer und was ich bin. Dazu brauche ich Ruhe und die Chance, mein Leben so zu gestalten, wie ich es will.«
    Abwehrend hob sie die Hände.
    »Sage jetzt nicht, meine Gabe sei eine Verpflichtung. Ich bin nicht wie ihr alle.«
    Zamorra lächelte.
    »Ich habe nicht vor, dich in den Kampf zu schicken«, sagte er. »Das machen Nicole und ich. Ssacah ist gefährlich, seine Ableger sind es nicht weniger. Es geht mir darum, herauszufinden, wie diese Schlangen denken. Wie Ssacah denkt. Ich kenne und bekämpfe ihn seit vielen Jahren, aber ich weiß noch wenig über ihn.«
    »Wenn ich mit ihm reden soll, muß ich ihm gegenüberstehen.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Zamorra. »Ich habe bisher noch nicht einmal einen konkreten Plan. Wir suchen noch. Aber ich hätte dich gern dabei.«
    »Das heißt, in erreichbarer Nähe«, ergänzte Nicole. »Vielleicht reicht es schon, telepathisch Kontakt zu halten und dich die Dinge aus sicherer Entfernung miterleben zu lassen.«
    »Wie großzügig«, spöttelte Eva.
    Mehr sagte sie nicht dazu.
    Mehr ließ sich im Moment aber auch von Zamorras Seite her nicht sagen. Sie konnten nur abwarten, was der kommende Tag brachte.
    ***
    Alice sah den Commander erwartungsvoll an. Nick Bishop zuckte mit den Schultern.
    »Ich habe deinen Fehler ausgeglichen, aber auf eine Weise, die ich ursprünglich nicht wollte. Nach allem blieb mir nichts anderes übrig. Vielleicht kann der Plan dennoch gelingen.«
    »Mein Fehler war gravierend?«
    »Ja.«
    »Wirst du mich austauschen?«
    Bishop dachte an Mary-Ann Cantor. Sie war ebenfalls verfügbar, aber sie besaß nicht Alices Qualitäten. Sie war vor etwas über einem Jahr zu einer Ssacah-Dienerin gemacht worden. Seither hatte es keinen Grund gegeben, sie wieder in Erscheinung treten zu lassen. Bishop sah die in Miami lebende junge Frau als eine »schlafende Agentin« an. [2]
    Aber sie würde Alice nicht ersetzen können. Denn Alice besaß eine ganz besondere Fähigkeit. Deshalb hatte Bishop sie auserwählt und setzte sie ein.
    Austauschen konnte er sie nicht. Aber das brauchte sie nicht zu wissen. Bishop wollte in ihr nicht den Eindruck erwecken, sie sei unersetzlich.
    »Ich gebe dir noch eine Chance«, sagte er. »Wie jedem.«
    »Danke, Herr«, sagte Alice.
    Bishop nickte und sah sie nachdenklich an. Er fragte sich, ob Ssacah ebenso rücksichtsvoll zu seinem Hohepriester sein würde, wenn der Kobra-Dämon herausfand, daß Bishop auf eigene Rechnung arbeitete. Er gedachte, Ssacah zu hintergehen.
    Er genoß Ssacahs Macht, aber Ssacah war für ihn nur eine Schlange.
    Und Bishops Vorgänger Mansur Panshurab, der seine ganze Kraft in den Dienst des Dämons gestellt hatte, war ein Narr gewesen.
    Macht mußte man ergreifen und sie ausüben. Man durfte sich nicht selbst in ihren Dienst stellen. Dann blieb man immer unten und wurde getreten. Bishop gehörte aber zu denen, die lieber selbst traten.
    Der Dämon Ssacah war ein Kriechtier.
    Bishop aber war kein Kriecher. Er ging aufrecht.
    Seine Vorfahren gehörten zu denen, die Indien ausgebeutet hatten - allerdings gab es einen freundlicheren Ausdruck dafür, der Bishop besser gefiel: die Indien den Weg in die Zukunft

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