0644 - Der Leichenfürst von Leipzig
Boden. Mit dem Rücken schleifte er an der Steinwand entlang und hinterließ ein rau klingendes Geräusch. Die Tritte setzte er so leise wie möglich. Nur einmal zuckte er zusammen, als ein von oben fallender Wassertropfen seinen ungeschützten Nacken traf.
Plötzlich blieb er stehen!
Suko wusste den Grund selbst nicht, aber da war etwas, das ihn gewarnt hatte.
Seine Augen bewegten sich nicht. Auch den Körper hielt er unter Kontrolle. Er stand steif da wie eine Bohnenstange.
Was war da?
Er wollte die Arme heben und die Lampe einschalten, da hörte er das Rascheln.
Für einen schnellen Sprung zurück war es zu spät. Die eisige Totenhand umschloss sein Gelenk, sie drückte zu.
Suko dachte sofort an den Zombie.
Diesmal warf er sich zurück und gleichzeitig zur Seite. Er zerrte die lebende Leiche mit, die sich wieder in den Besitz der Waffe gebracht hatte. Durch die rasche Bewegung aber traf sie nicht mit dem Messer. Suko hörte genau, wie die Klinge an der Wand entlangrutschte.
Er kämpfte.
Sein rechter Fuß rammte in die Höhe. An der Fußspitze spürte er den weichen Widerstand, dann trat er noch einige Male zu, und dies innerhalb von Sekundenschnelle.
Er hielt die lebende Leiche auf Distanz und schleuderte sie herum, der anderen Stollenwand entgegen.
Durch den Schwung verlor die Leiche ihre Gefährlichkeit. Suko hörte den Aufprall wie Musik in seinen Ohren.
Plötzlich war auch der harte Griff verschwunden.
Diesmal schaltete der Inspektor die Lampe an. Die lebende Leiche lag am Boden, kroch aber wieder hoch, stierte Suko aus ihren leichenblassen Totengesicht an und bewegte sich auf eine alte Holztür zu, die offen stand.
War das das Ziel?
Suko überlegte, ob er schießen sollte. Er zog die Dämonenpeitsche hervor, schlug den Kreis und schaute zu, wie die drei Riemen herausrutschten.
Die Untote hatte es eilig. Sie stolperte auf die Tür zu und drückte sie weiter auf.
Suko blieb ihr auf den Fersen. Er stolperte über die Schwelle, hinein in einen Raum, der vom bleichen Licht zahlreicher Kerzen erhellt war und auf ihn den Eindruck einer Opferstätte machte.
Zwischen den Kerzenreihen befand sich ein Gang, wo ein Holzdeckel lag, der die Form eines Sargs hatte.
Der Zombie stolperte darauf zu, erreichte ihn aber nicht, sondern drehte sich um - und stieß zu.
Suko schlug mit der Peitsche.
Ein Reflex, ausgelöst durch den schnellen Stich, der nicht traf, weil Suko zu weit entfernt war.
Aber die drei Riemen fächerten auseinander, und sie erwischten die lebende Leiche.
Bisher hatte Erika Meinhardt Glück gehabt. Das war nun vorbei.
Sehr fest hieben die drei Riemen zu und trafen sie am Kopf und an der Schulter.
Tief schnitten sie in die Haut, hinterließen auf dem Gesicht einen dicken, dunklen Streifen, fetzten die Haut an der Schulter auf, dann kippte die lebende Tote nach hinten, blieb auf dem Rücken liegen und rührte sich nicht mehr.
Erika Meinhardt war endgültig tot!
Suko atmete tief durch - und hörte hinter sich die flüsternde Stimme. »Gut gemacht, mein Freund!«
Van Akkeren war das!
Mehr bekam Suko nicht mit, denn der plötzliche Schlag riss ihn brutal um.
Sekunden später lag er vor van Akkerens Füßen, der ihm entgegennickte und flüsterte: »Du bist der Erste, mein Freund…«
***
Es war zwar noch nicht dunkel, aber auf dem großen Platz vor der weltberühmten Thomaskirche leuchteten die Laternen und Scheinwerfer, die nicht nur die Kirche anstrahlten, denn auch die umliegenden Gebäude waren von einem gewissen Interesse, besonders für zahlreiche Touristen, die den Platz bevölkerten und wie Schattengestalten innerhalb der Blitzlichtgewitter ihrer Fotoapparate standen.
Wir hatten am Rand des Platzes angehalten, kamen uns ziemlich verloren vor, und dem Kommissar fiel mein besorgter Blick auf.
»Was haben Sie, John?«
Ich kniff die Augen zu, weil mich ein Blitz blendete. Die Leute knipsten wie die Verrückten.
»Mischke macht mir schwere Sorgen. Er findet hier genügend Opfer. Außerdem ist mir gerade eingefallen, dass Grete Schulz nicht einmal weit von hier entfernt wohnt.«
»Es sind nur ein paar Ecken.«
Der Kommissar hielt nach seinen Fahndern Ausschau. Sie mussten irgendwo stecken. Mir hatte er erklärt, dass sie als Zivilisten nicht auffielen. Ein Mann im hellen Anzug kam auf uns zu.
»Endlich, Kommissar, endlich.« Der Mann hieß Seguro, wie ich hörte und hatte pechschwarzes Haar, das quer über seinen Schädel gekämmt worden war.
»Haben Sie was
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