0647 - Hexenzauber
hingekämmt, sodass ihre hohe, sonnenbraune Stirn noch deutlicher hervortrat. Die Augenbrauen waren kaum zu sehen, das Lachen strahlend, als sie uns fragte, ob es uns nicht doch zu heiß gewesen wäre.
»Es ließ sich aushalten«, sagte ich.
»Wissen Sie, am Abend ist es viel schöner. Dann weht immer ein leichter Wind über die Heide, und er bringt Düfte mit, die sind einfach wunderbar.«
»Darauf freuen wir uns schon.«
Wir winkten ihr noch einmal zu, bevor wir über die blank gescheuerte Holztreppe in die erste Etage gingen, wo sich unsere Zimmer befanden. Sie lagen sich gegenüber, waren klein, gemütlich und sauber.
In der Gaststube wollten wir uns treffen.
Ich brauchte frische Luft und öffnete das Fenster. Anschließend klemmte ich mich in die winzige Kabine, wo die Dusche und die Toilette untergebracht waren.
Das kalte Wasser war herrlich. Zusammen mit dem Schaum des duftenden Duschgels spülte es mir den Schweiß vom Körper und vertrieb auch meine schlimmen Gedanken. Mit ihnen und den magischen Tatsachen würde ich noch früh genug konfrontiert werden.
Wenig später betrat ich die Gaststube, wo ich der einzige Gast war. Der Wirt stand draußen bei den Frauen und hatte dort etwas serviert. Als er zurückkehrte, sah er mich an der Theke sitzen.
»Ihnen sieht man an, dass Sie Durst haben.«
»Tatsächlich?«
»Und wie.«
»Ein großes Bier dann.« Ich kam mir innerlich tatsächlich ausgetrocknet vor und schaute zu, wie das Bier in den Krug schäumte. Allein das Geräusch intensivierte meinen Durst noch mehr. Das bekam der Wirt mit, sein Lächeln jedenfalls sprach Bände.
Ich nahm wenig später den ersten Schluck. Es war ein Gefühl, als würde mir ein Engelchen aufs Herz pinkeln, einfach super. Das Bier schmeckte herb, aber nicht zu sehr, und als ich den Krug absetzte, stand Suko neben mir.
Aus großen Augen schaute er mich an. Dabei schüttelte er den Kopf.
»Ist was?«
»Nein, was soll sein?« Grinsend wischte ich den Schaum von meinen Lippen.
»Du kannst schlucken.«
»Bestell dir auch eins.«
»Du wirst lachen, das mache ich sogar.«
Herr Petersen hatte es schon gezapft. Er schob es Suko zu und traf keinerlei Anstalten, seinen Platz hinter der Theke zu verlassen, deren Rückseite mit Flaschen aller Art geschmückt war.
Erst als Suko seinen Krug abgesetzt hatte, stellte er die erste Frage: »Gehören Sie auch zu der Gruppe?«
»Nein, wie kommen Sie darauf?«
Er hob die Schultern. »Die Frauen und wenigen Männer kommen von weit her, nur um die Nächte bei den Menhiren verbringen zu können.«
»Was gibt ihnen das?«
Jens Petersen schaute mich an. »Ich weiß es nicht. Ich bin mit den Steinen groß geworden. Sie waren einfach da und fertig. Als Kinder haben wir dort oft genug gespielt, später interessierten sie uns nicht mehr, bis zu dem Augenblick, als plötzlich die Esoterik-Welle das Land überschwemmte und den Steinen zahlreiche Besucher bescherte, von denen wir natürlich profitierten.«
»Gab es denn Schwierigkeiten mit ihnen?«, erkundigte sich Suko und blickte in das erstaunte Gesicht des Wirts.
»Nein - niemals. Die Leute sind harmlos. Sie randalieren nicht, betrinken sich nicht, die machen keinen Terror. Wenn sie Alkohol zu sich nehmen, dann ist es Met, dieser Honigwein. Bessere Gäste kann ich mir nicht vorstellen. Wir haben oft Feste hier. Da sollten Sie mal erleben, was dabei nach Mitternacht los ist.« Er wedelte mit der Hand. »So etwas passiert bei den Leuten nicht.«
»Bleiben sie oft in der Nacht weg?«
»Wissen Sie, Herr Sinclair, das kommt auf das Wetter, an. Ist es klar, warm, dann schon. Bei Regen natürlich nicht.«
»Was geschieht dort?«
»Weiß ich nicht genau. Ich sehe nur, wenn die Feuer lodern. Ist schon ein imposantes Bild. Ich habe mich sogar auf mein Dach gestellt, um es mir anzusehen.«
»Verbrennen die nur Holz?«, fragte Suko und erntete einen überraschten Blick.
»Wie soll ich das denn verstehen?«
Suko machte es spannend, als er sich vorbeugte und seine nächsten Worte flüsterte. »Sie wissen doch selbst, dass man oft genug von Ritualen erfährt, die von gewissen Gruppen durchgezogen werden.«
Petersen drückte sich zurück. »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Nicht bei denen.«
»Aber in der letzten Zeit sind hier drei Männer verschwunden, nicht wahr?«
Petersens Blick trübte sich. »Das stimmt allerdings, und wir alle stehen vor einem Rätsel.«
»Hat die Polizei…?«
Er ließ mich nicht ausreden. »Nein, sie hat
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