0648 - Der Tod, der Ninja und ich
umgeben vom tiefblauen bösen Licht des Dämons, seinem Vorboten.
Ihre Gedanken jedoch glitten in eine andere Welt. Sie suchten den Kontakt zu Amaterasu, der Sonnengöttin…
***
»Ist was, Sinclair?«
Soto Lamar hatte die Frage erst Sekunden nach meiner Berührung der Wand gestellt. Vielleicht hatte er sich auch an meiner Überraschung weiden wollen.
Sie war mittlerweile umgeschlagen in einen ziemlichen Pessimismus, weil ich fest damit gerechnet hatte, in das Bild »einsteigen« zu können. Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen.
Noch einmal berührte ich die Wand, ohne auf die Frage des Mannes einzugehen. Ich strich mit der Handfläche darüber hinweg, probierte andere Stellen und erreichte abermals keinen Erfolg. Das Mauerwerk blieb mir verschlossen.
Und auf oder in dem Bild bewegte sich Suko. Von Shao sah ich nichts mehr. Sie war verschwunden.
Soto Lamar kam näher. Der Duft eines exotischen Rasierwassers strömte in meine Nase. »Enttäuscht, Sinclair?«
Ich schaute nach rechts. Dort stand er. Ob er grinste, konnte ich nicht genau erkennen. Mir jedenfalls kam es so vor. Spielte er etwa doch falsch?
Ich deutete ein Nicken an. »Ja, ich bin ein wenig enttäuscht, denn ich hätte mir etwas anderes vorgestellt.«
»Ihr Pech.«
Ich wartete ab, da ich sowieso nichts tun konnte. Auf dem Bild bewegte sich mein Freund Suko. Er war an eine bestimmte Stelle gegangen, wo er stehen blieb.
Erst jetzt sah ich die Menschen. Wie tot lagen sie auf dem Boden. In der Nähe standen ihre schweren Easy-Rider-Maschinen. Hatte Shimada die Leute auf dem Gewissen?
Nein, einer erhob sich, ohne dass Suko es merkte. Er wurde erst aufmerksam, als der andere ihn angesprochen haben musste, denn selbst gehört hatte ich nichts.
Die nächsten Minuten kamen mir wie ein Albtraum vor. Ich erlebte, wie Suko seine Waffe los wurde und auch die übrigen Schläfer allmählich erwachten.
Lamar atmete immer heftiger. Er konnte sich keinen Reim auf das Geschehen machen. Auch ich hielt mich mit irgendwelchen Erklärungen zurück. Aber ich litt wie ein Hund in der Sonne.
Da stand ich Tausende von Meilen entfernt und sah trotzdem die Szene zum Greifen vor mir, ohne jedoch etwas unternehmen oder eingreifen zu können.
Es war zum Verzweifeln, und Suko musste mit den verfluchten Problemen allein fertig werden.
Auch Shao stand ihm nicht zur Seite. Sie war verschwunden, als hätte sie der Erdboden verschluckt.
Nichts wies darauf hin, dass sie ihrem Freund zu Hilfe kommen würde.
Es wurde diskutiert, das las ich an den Bewegungen der Personen ab. Suko stand gegen alle. Ich an seiner Stelle hätte versucht, die anderen von der Gefahr zu überzeugen, was schwer genug war, denn eine solche war nicht zu erkennen.
»Haben Sie noch immer keine Erklärung?«, fragte Lamar.
»Warten Sie es ab.«
Ich überlegte, ob es Sinn hatte, das Bild mit dem Kreuz zu attackieren. In ihm steckten gewaltige Kräfte, die allerdings nicht gegen Shimada direkt gerichtet waren. Er und seine Magie standen ziemlich außen vor. Das machte ihn so gefährlich. Um ihm an die Karre fahren zu können, mussten andere Waffen eingesetzt werden.
Wie das Schwert der Sonnengöttin, wie die Krone der Ninja oder die beiden Handschuhe.
All diese Dinge befanden sich im Besitz des Yakup Yalcinkaya. Und wo er sich aufhielt, das wusste keiner von uns.
Plötzlich verdichtete sich für Suko die Gefahr. Einer der Kerle - auf mich machte er den Eindruck eines Anführers - sprang auf ihn zu und drückte ihm die Revolvermündung gegen die Hüfte. Es musste sich etwas getan haben, was mir entgangen war.
Diesmal schaute ich sehr genau hin. Ich tastete praktisch jeden Fleck auf dem Gemälde genau ab, und mir fiel es nur bei diesem sehr genauen Hinsehen auf.
Etwas Wolkiges war aus dem Boden gedrungen. Nebelschwaden, die eine blaue Farbe hatten und als dunstiger Schleier die gesamte Umgebung umfingen.
Blauer Schleier, blauer Nebel? Das ließ nur auf eine Tatsache schließen.
Shimada griff an!
Ich fragte Lamar. »Ist Ihnen nichts aufgefallen?«
Nervös strich er über sein Gesicht. »Meinen Sie den blauen Nebel?«
»Ja.«
Er hob die Schultern. »Ich habe Shimada gesehen, ich erkannte seine blauen Augen. Sagt Ihnen das genug?«
»Bestimmt.«
Der blaue Nebel blieb. Er war nicht mit einem normalen Dunst zu vergleichen, denn er stieg immer höher, ohne sich dabei entsprechend auszubreiten. Es schien mir, als wollte er eine Wand bilden, die sich oberhalb der Trümmer zu einer Glocke
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