0648 - Die Stunde des Ghouls
von Mexiko. Bergland in den östlichen Ausläufern der Sierra Madre Occidental. In der Gegend war bisher noch nichts los -behauptet zumindest dieser Schlaumeier.« Sie wies auf den Monitor; einen von dreien am leicht geschwungenen Arbeitstisch in Zamorras großem Arbeitszimmer. Drei Computerplätze gab es hier; die drei Pentium-Rechner, jüngst wieder einmal auf den modernsten Stand der Technik gebracht, konnten parallel geschaltet werden und erhöhten ihre Rechenleistung damit noch einmal. Mittlerweile war nahezu alles, womit Professor Zamorra und seine Gefährten bisher zu tun gehabt hatten, in den elektronischen Speichermedien archiviert und mehrfach gesichert. Das erleichterte die Arbeit oft entscheidend, weil im Vorfeld bereits Informationen abgerufen werden konnten.
»In der Gegend sind wir auch noch nicht gewesen. Weiter südlich und weiter nördlich schon«, brummte Zamorra.
»Laß uns hinfliegen«, schlug Nicole Duval vor. »Ganz egal, ob an der Sache was dran ist oder nicht - in Mexiko ist das Wetter besser als hier.« Sie wies auf das Fenster, hinter dem sich draußen der März von der kühlen Schlechtwetterseite zeigte. »Da muß man nicht gleich ’nen beheizten Taucheranzug anlegen, wenn man nur mal die Nase aus dem Fenster halten will…«
»Dieses Dorf in Mexiko ist aber kaum mehr als sechstausend Kilometer von Surinam entfernt«, schätzte Zamorra. »Und das habe zumindest ich in übler Erinnerung.«
»Himmel, das liegt jetzt einen Monat zurück«, entfuhr es Nicole. »Das entwickelt sich bei dir doch hoffentlich nicht zu einem Trauma?«
»Mir reicht’s, daß wir auf dem amerikanischen Doppelkontinent innerhalb relativ kurzer Zeit zweimal mit einem MÄCHTIGEN zu tun hatten«, sagte Zamorra.
»Gut, der in Surinam war ein gefährlicher Bursche, der es mit Hilfe der unterjochten Asema-Vampire beinahe geschafft hätte, uns umzubringen, aber falls du mit der anderen Nennung den MÄCHTIGEN meinst, mit dem wir es anläßlich Evas Rückkehr in unsere Zeit zu tun hatten - die Begegnung fand in der Vergangenheit statt«, erinnerte Nicole. [1]
»Nicht nur - immerhin hat er Eva und uns beinahe bis in die Zukunft getrieben«, brummte Zamorra und entsann sich eines anderen Rätsels, auf das sie dabei gestoßen waren; Merlins Zauberwald, der von der russischen Hexe Baba Yaga zerstört worden war, existierte im Jahr 2001 noch - oder wieder ?
Pascal Lafitte hob die Brauen. Er unterbrach Zamorras abschweifende Gedanken: »Fürchtest du, schon wieder auf einen MÄCHTIGEN zu treffen, Zamorra?« fragte er. »Die wachsen nicht auf Bäumen, oder? Niemand weiß, ob…«
»Ob ein MÄCHTIGER als eine Horde von Ghouls auftreten kann, die einen Friedhof verwüsten?« Zamorra lachte leise auf. »Die MÄCHTIGEN können in jeder beliebigen Form auftreten. Wir haben sie sogar schon als Weltentor, Dimensionsblase und Steinklumpen erlebt. Harmloser werden sie dadurch allerdings nicht.«
»Ich überlege immer noch«, murmelte Zamorra, »ob der MÄCHTIGE von Surinam vielleicht identisch mit dem war, der über Eva als Mittlerin Zugang zu Merlins Zauberwald erlangen wollte…«
»Wohl kaum«, meinte Nicole Duval, Zamorras Lebensgefährtin, Kampfpartnerin und Sekretärin. »Daß wir so relativ kurz hintereinander mit MÄCHTIGEN zu tun bekamen, ist eher eine Frage des Zeit-Verlaufs und möglicherweise Zufall. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß in El Palmito ein MÄCHTIGER tobt und sich dabei als Ghoul tarnt?«
»Sag niemals nie«, murmelte Zamorra.
»Ich sage, daß ich Lust habe, Mexiko unsicher zu machen«, verkündete Nicole. »Wenn wir dabei einem mächtigen Ghoul kräftig in den Hintern treten können, soll's mir recht sein.«
»Du wirst danach deine Stiefel wegwerfen müssen; Putzen hilft nicht, den Schleimgestank wieder loszuwerden«, warnte Zamorra.
Nicole hob die Brauen. »Ach? Na gut, dann kaufe ich danach eben neue Stiefel. Überhaupt, Chef, ich habe nichts anzuziehen.«
Was immerhin Pascal Lafitte bereits sehr wohlwollend vermerkt hatte; draußen war's zwar kaltes Schmuddelwetter, im Innern von Château Montagne aber gut geheizt, und Nicole kam deshalb auch wieder mal mit einem extremen Minimum an Kleidung zurecht, das sich heute auf einen String-Tanga, eine blonde Perücke und etwas Schmuck beschränkte.
Neben der Plauderei mit Freunden ein weiterer Grund, persönlich im Château aufzutauchen, statt den Zeitungsartikel per Datenfernübertragung in Zamorras Computer zu senden.
Nur gut, daß Pascals bessere
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